386 - Man erwartet des Erzherzogs Ankunft
verwirklichen. 1) Die Kunde hievon erzeugte im Lande helle Freude. 2) Chasteler ließ, um dem Erzherzog Platz zu machen, den größten Teil seiner unter Marschall in Trient zurückgelassenen Truppen nach Brixen abrücken; Hormayr traf umfassende Vorbereitungen, um für Johanns Heereskräfte Proviant ins Land zu bringen. Aber im nächsten Augenblick änderte der Erzherzog seinen Plan. Indem er sich mit dem Gros seiner Armee von der Brenta Innerösterreich zuwandte, bestimmte er nur seine Avantgarde unter General Schmidt zum Vorrücken durch die Valsugana nach Tirol. Dieser zögerte und, durch übertriebene Nachrichten von der Annäherung des Feindes auf der ihm vorgezeichneten Route bewogen, zog er nach Belluno. So erschien weder der freudig erwartete Prinz, noch auch nur ein Teil seiner Truppen. Dafür brach der Feind durch das Etschtal ins Land. Während Beauharnais dem Erzherzog folgte, überschritt die Division Rusca die Landesgrenze bei Ala (2. Mai), drängte den Oberstleutnant Leiningen, welcher sich ihr, mit geringer Mannschaft die einzige militärische Besetzung Welschtirols bildend, mutvoll in mehreren Gefechten entgegenwarf, bis Lavis zurück und stand am 4. Mai bereits in Trient.
Man glaubte nicht anders, als dass es auf eine Wiederunterwerfung des Landes vom Süden her abgesehen sei. Während man über Leiningens Tapferkeit des Lobes voll war, machte man unmutsvoll Chasteler für die
1) Johann in s. Denkwürd.: „Niemals wäre Tirol in Feindeshand gekommen, wenn dasselbe durch einen Mann seines Vertrauens, Soldat und von Ansehen, geführt von einem Kern von Truppen unterstützt worden wäre. Ja, ich wäre stolz gewesen, eine solche Aufgabe zu lösen, wäre es mir nur gegeben gewesen, von Vicenza aus nach Tirol zu gelangen."
2) Die Kunde brachte aus dem erzherzoglichen Quartier in St. Bonifacio Major Vejder. Plakate verbreiteten sie überall (Mém. de Mais). Kommt der Erzherzog mit seiner halben Macht, so schreibt Matthias v. Lama an seine Frau (A. G.), dann schlagen wir uns mit unseren braven Bauern gegen jeden. — Um diese Zeit (4. Mai), behauptet Hormayr, hätte er in Innsbruck schon Schills Erhebung (28. Apr.) erfahren (a. a. O. II, 299). Mit Hilfe des Dr. Schneider, so berichtet Hormayr an Graf Zichy, habe er einen Boten mit einem in den Kragen eingenähten Zettel an Schill geschickt, um ihn nach Tirol zu rufen; dieser Kurier habe jedoch schon auf der Reise den Fall des Majors erfahren. Schills Tod wurde nach Knoflachs Tagebuch in Innsbruck erst Mitte Juli bekannt. Auch E. Johann sandte noch im Juni Kuriere an Schill. Über die Sendungen zu Schill äußert sich Hormayr in seiner Species facti a. a. O. genauer. Schill sollte zu einem Eilmarsch nach Süddeutschland beredet werden. „Der Rittmeister Tschiffelli, Kommandant des nach Voralberg abgeschickten Detachements, erhielt den Auftrag, mit seinen zahlreichen Konnexionen in der nahen Schweiz zwei ganz vertraute und kühne Handelskommis auszuwählen und Tag und Nacht durch die Post in die Gegend von Wittenberg zu senden, um Schill unsere Anträge zu bringen, worin unsere Haltung und die Rolle, die er bei uns spielen könnte, sehr glänzend geschildert und er zugleich aufmerksam gemacht wurde auf die Gefahr seiner damaligen Lage und dass im nördlichen Deutschland wenigstens für den Augenblick nichts mehr zu tun sei. Als mir Tschiffelli, wie befohlen, durch Estafetten in wenig Tagen nacheinander meldete, er habe zwei solche vollkommen geeignete Leute gefunden, sandte ich ihm von Innsbruck am 11. Mai und von Sterzing am 19. Mai die Instruktion, die er ihnen mündlich mitzuteilen habe, und einen in solchen Fällen gewöhnlichen, in einer Siegellackkugel verborgenen Zettel für den Zweck ihrer Bestimmung. Beiden wurde für den Fall eine reichliche Belohnung zugesagt, wenn sie dem Zweck ihrer Sendung entsprechen würden, dem einen ein Vorschuss von 700, dem andern von 900 G. mitgegeben, weil dieser wegen desto gründlicherer Nachrichten und zur Erforschung des Standes der Sachen in Hessen den Umweg über Frankfurt zu machen beauftragt war. Als ich über den Erfolg dieser Sendung allzulang in Ungewissheit blieb, befahl ich dem neu gewählten Generalkommissär Schneider, einen dritten Versuch zu machen, Schill aufzusuchen, was dieser auch tat. Trügt mich mein Gedächtnis nicht, so gebrauchte er dazu den Kaufmann Peter Delisle von St. Gallen unter dem Namen Paul Vincenz."
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.