394 - Die akademische Legion
beurteilte diese Teimerschen Ausfälle nicht anders wie die früheren; es sei, schrieb sie an ihn, nicht notwendig, sich das bayrische Volk zum Feinde zu machen. 1)
Für eine ebenso reichliche Besetzung wie für Reutte war von Anfang an auch für den Scharnitzpass gesorgt worden, von dem aus Taxis die Ausfälle begonnen hatte. Oberinntal und Innsbrucks Umgebung stellten dahin die Schützenkompagnien. Auch eine akademische Legion trat ins Leben. Der Waffeneifer, welcher alles beseelte, konnte doch auch die Studierenden nicht unberührt lassen. Wenn nötig, haben wohl Hormayr und Roschmann das Feuer noch geschürt. Mehr als 200 Akademiker vereinigten sich zu einer Kompagnie und verlangten stürmisch Professor v. Mersi zum Hauptmann. Zögernd nahm derselbe an und führte nun die Schar am 29. April gegen Scharnitz. Alte, rostbedeckte, schwere Musketen waren ihre Bewaffnung, sonst erinnerte kein Abzeichen an ihre kriegerische Mission. Schon der erste Tag des Ausmarsches machte sie mit unangenehmen Strapazen bekannt, kaltes Schneewetter begleitete sie, ihre städtische Kleidung war zu leicht. Bis sie nach Zirl kamen, waren schon 20 Mann zurückgeblieben. Aber die andern 194 harrten aus. Über Seefeld und Scharnitz gelangten sie bei andauerndem Unwetter bis Mittenwald. Der Plan, sie zu Streifzügen auf der Straße gegen München zu verwenden, soll nicht das Gefallen der Studenten gefunden haben. 2) Sie brauchten sich jedoch nicht mehr lange zu sorgen. Die Professoren lagen Hormayr an, er möge doch die Fortsetzung des Unterrichtsbetriebes an der Hochschule gestatten und deshalb die Kompagnie zurückrufen. Die Bitte wurde erhört, und nach neuntägiger Abwesenheit marschierte sie wieder in die Landeshauptstadt ein. Hormayr beschied sie zu feierlicher Verabschiedung in den Redoutensaal, ließ ihnen unter Trompeten- und Paukenschall das Zeugnis ihres Wohlverhaltens verkünden und spendete ihnen eine Rede voll Phrasen und Bombast. Der jetzige Kampf sei nicht bloß ein Nationalkrieg eines jeden Tirolers, sondern Sache eines jeden freien Mannes, besonders der Gelehrten. Denn mit dem Sieg der Universalmonarchie und des Militärdespotismus müssten die Zeiten der Barbarei wiederkehren, die Zeiten eines Timur und Mohammed,
1) Die Deputation in Reutte meldet noch am 16. Mai nach Innsbruck: „Die Landgerichte Immenstadt und Sonthofen haben sich bereit erklärt, gemeinsam mit uns die Waffen zu ergreifen, und haben um Munition ersucht. Wir haben bereits 300 Pfund Blei und 130 Pfund Pulver an sie abgegeben, so dass unser Vorrat erschöpft ist. Wir brauchen 12 Z. Pulver und Patronen." L. A.
2) So berichtet Eberhöfer, welcher selbst dabei war. Derselbe erzählt (Schatz a. a. O. p. 83 ff) lebendig über den Auszug, setzt aber die meisten Daten um einige Tage zu spät an. Nach Jordan a. a. O. waren es zwei Kompagnien, die zweite unter Rubatscher. In Mittenwald waren die Studenten in der Geigergasse ausquartiert. Die Vorarlberger Studenten (unter Hauptmann Brill und Leutnant Drexel) wurden in ihre Heimat entsendet.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.