429 - Die Schutzdeputation
Patrouillen über Steinach hinaus streiften, so überzeugte ihn die rasch fortgesetzte Reise von der Grundlosigkeit; Vejder und Teimer fanden die Straße leer, niemand begegnete ihnen bis Tagesanbruch. Aber etwas setzte sie in Erstaunen: die in den letzten Tagen so emsig angelegten Palissadierungen am Brenner und in Lueg, von Buols eigener Arrieregarde angezündet, standen in Flammen.
Bevor wir die beiden Männner weiter begleiten, haben wir noch den Vorgängen im Inntal während Teimers Abwesenheit zu folgen. In den Bauernlagern herrschte kriegerische zuversichtliche Stimmung. An Teimers Abgang nach dem Brenner knüpften sie die Hoffnung, es werde am nächsten Tage das Korps Chastelers, der Landsturm des Wipptales und von Passeier zu ihnen stoßen. 4 Uhr morgens, so lautete eine bei Volders ausgegebene Parole, sei abzukochen; darauf werde ein siegreicher Kampf beginnen. 1) Anders in Innsbruck. Da kreuzten sich die verschiedensten Meinungen. „Menschen mit schwachen Nerven konnten den Zustand nicht mehr lange aushalten." 2) Ein getreues Konterfei der auf- und abwogenden Gesinnungen bietet die Haltung der bereits zu einem Rumpf gewordenen Schutzdeputation. Gleich nach dem Abschluss des Teimerschen Vertrages sahen wir sie in voller Gluthitze. Ihr Schreiben an Hormayr, wenige Stunden jünger, zeigt schon ein merkliches Abflauen. Als die Herren am 18. zur Ratssitzung zusammentraten, erschraken sie zunächst über die Lücken, welche die Flucht mancher Mitglieder in ihrem Schoss verursacht hatte. Als Gegenstand der Behandlung wurde daher die Frage gestellt: „Kann noch eine bloß landschaftliche Schutzdeputation bestehen und handeln, da sie verfassungsmäßig landesfürstlich und landschaftlich zugleich sein soll?" Hormayr habe sich entfernt, ebenso Peer; der Prälatenstand sei mit der Ausscheidung des Prälaten von Wilten gar nicht mehr vertreten, auch der kaiserliche Kommissär Lichtenthurn sei abgereist. Man resolvierte: Obwohl ohne landesfürstlichen Vertreter und bei Abwesenheit des ersten Standes wollen die übrigen drei Stände in der Deputation beisammen bleiben, damit die Leute noch jemanden haben, an den sie sich wenden können. Darauf erhob sich ein Mitglied vom bäuerlichen Stande zu einer zweiten Frage: „Was hat man zu tun, wenn der Feind nach Ablauf der 36 Stunden die Ergebung fordert? Soll man verzweifeln, da wir keine Hilfe in Aussicht haben, während doch Hoffnung vorhanden ist, dass die gegenwärtig im Lande stehenden rheinischen Bundestruppen
1) Major Kapferer an Hauptmann Seeger in Scharnitz, Hall 18. Mai (Cop. L. A.). Der Brief schließt: „Teimer wird noch heute nachts am Vomperbach eintreffen, auf dem Wege nach Volders wird ein eigener Kommandant ernannt werden. Die Unterinntaler sind schon avisiert. Wir hoffen auf einen glänzenden Sieg."
2) So Dipauli an s. Sohn, 17. Mai. Er für seinen Teil versichert: „Ich bin ganz wohl und verdanke desfalls viel dem Missianer." A. D.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.