435 - Die Lage in Scharnitz


dass es ihm ohne Vermittlung eines dritten gelungen, das Volk zu besserer Einsicht zu bringen, wofür seine mit den Bauern abgeschlossene Kapitulation zeuge. Würde noch ein Widerstand versucht, so werde er die Deputation über die Klinge springen, die Städte Hall und Innsbruck das Schicksal von Schwaz teilen lassen. Vejder wollte wenigstens sein Beglaubigungsschreiben überreichen, es ward nicht angenommen. Kaum eine Viertelstunde hatte die Unterredung gewährt. Die beiden Unterhändler zogen des Weges zurück, auf dem sie gekommen. Als sie Volders erreichten, zeigten sich Lefebres Reiter schon unweit vom Dorfe. Noch gärte es unter den versammelten Stürmern, sie brachen schnell die Brücke ab. Da ihnen aber Vejder und Teimer kein ermutigendes Wort mehr sagen konnten, so verzichteten sie auf weitere Gegenwehr. Auf die Frage des aus Hörtenbergern, Petersbergern, Stubaiern und Wipptalern gemischten Haufens, ob sie sich weiter aufwärts sammeln sollten, erhielten sie von den zwei Sendungen die rasch durch die Verlegenheit diktierte Antwort, sie möchten sich am Brenner und am Zirlerberg aufstellen. So schnell sie konnten, entzogen sich dieselben zwei den unbequemen Fragern. In Innsbruck konnten Teimer und Vejder nur kurze Rast gemessen, sie mussten schon am Nachmittag auf der Brennerstrasse enteilen, wollten sie nicht von feindlichen Reitern eingeholt werden.

Am Vormittag des 19. trifft man die Deputation wieder auf dem Landhause versammelt. Mit den unterinntalischen Streitkräften brauchte sie sich nach den Beschlüssen der letzten Nacht nicht mehr zu befassen, dagegen harrten die Verteidiger an den nördlichen Pässen ihrer Befehle. Seitdem Buol und mit demselben auch Taxis abberufen, auch Teimer ins Inntal gekommen war, hatten die zahlreichen Schützen und Stürmer ihre Ausfallspraxis eingestellt. Besonders der schnelle Rückzug Buols nach Innsbruck wirkte niederschlagend. Wir Grenzler von Scharnitz, so klagte man der Deputation, müssen uns ganz verlassen sehen. „Sollen wir denn ganz ins Elend gestoßen werden? Um Gottes willen, warum denn das Militär hinein, und so in der Still?" 1) An diesen Pässen drohten sich alsbald die Rollen zu vertauschen. Es verbreitete sich, dass auch hier die Bayern einbrechen wollten. Der König hatte unter dem Obersten Graf Max Arco zwei Korps aus einheimischen Schützen und aus den Förstern und Jägern der ärarischen Wälder bilden lassen, denen sich auch eine kleine reguläre Truppe anzuschließen hatte. Sie sollten vor allem bayrische Orte, die noch von Tirolern besetzt wären, säubern. Ein solcher Punkt war Mittenwald, gegen das Arco von Benediktbeuren aus vorging. Er traf die Schützen nicht unvorbereitet. Dieselben hatten die im Rücken Mittenwalds liegenden Schanzen von Leutasch und Scharnitz stark besetzt

1) Gerichtskassier Michael Mader an die Deputation, Pettnau, 14. Mai. L. A.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 435

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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