441 - Versuche zur Beruhigung


nahezu vollständig verschwunden. Das Geld hatte die Intendantschaft zu Verteidigungszwecken gebraucht. 1) Aber diese trostlose Entdeckung machte in den nächsten Stunden schon einer angenehmeren Platz. Im Landhause fanden sich noch 20 000 Gulden, welche Wrede sogleich der notleidenden Kreiskasse überwies, 2) und dem folgte ein noch reichlicherer Fund. Einen Teil jener Dukaten, welche Straub und Hüter unter so vielen Schwierigkeiten ins Land gebracht hatten, hatte man bei Innsbrucker Kaufleuten angelegt, um beim Bedarfsfall kleinere Beträge in Silber und Scheidemünze erheben zu können. Den Bayern blieb dies nicht lange verborgen und sie machten sich an die Eintreibung. Dadurch gerieten nicht weniger als 84 000 Gulden in ihre Gewalt. 3) Dazu kamen noch 192 Mark Blicksilber, das aus der Haller Münze nach Innsbruck geflüchtet worden war. Und so konnte Senger triumphierend nach München melden, der Verlust des bayrischen Ärariums sei durch solch glückliche Zufälle doch einigermaßen gutgemacht. Die Bayern haben dann beizeiten in den letzten Maitagen diese Vorräte zusammengerafft und über die Grenze gerettet. Dadurch, dass hinterdrein einer dem andern die Schuld beimaß, ist dem Lande der durch Kopflosigkeit verursachte Verlust natürlich nicht ersetzt worden. 4)

Auch für den Eisackkreis hat Lefebre bereits einen Generalkommissär in der Person des Herrn v. Teng in Aussicht genommen, im Etschkreise sollten die noch anwesenden Beamten die Geschäfte vorläufig besorgen. Unter Androhung von Todesstrafe forderte er für die von ihm bestellten Chefs unbedingten Gehorsam. Mit diesem gedruckten Mandat ließ der Marschall jene schon Ende April ausgegebene Ermahnungsschrift Hörmanns überallhin verbreiten. Ganz im Sinne dieses Aufrufes wirkte Geheimrat Utzschneider, ein wohlwollender Optimist, welcher schon am 20. Mai wieder die Haller Saline visitierte, dabei mit dem Volke freundlich verkehrte und dasselbe aushorchte. Leichten Glaubens ließ er sich vorreden, schon kehre das alte Zutrauen und die ehemalige Zufriedenheit zurück. Und doch war er im gleichen Augenblick in der Lage zu vernehmen, ja

1) Senger an den König, 20. Mai. M. K. und 26. Mai J. St.
2) Hormayr beschuldigt die Kassenbeamten Kart und Gugler, dass sie den Bayern den Geldvorrat ausgeliefert hätten. (An Graf Zichy.)
3) Kurz vorher hatte Tannenberg von diesem kaiserlichen Hilfsgeld 25 000 Gulden nach Brixen geschickt, wo Hormayr es dem General Marschall zur Bezahlung der Truppen anwies, als die zusammenströmenden Landstürmer unter Drohungen für sich Vorschüsse forderten.
4) Hormayr schreibt: Trotz meiner dreimaligen Warnung geriet das Geld durch den Eigensinn und die Betäubung der Schutzdeputation und durch fremde Wohldienerei in die Hand Wredes. Danei sagt: Das Unglück von Wörgl hat Hormayr so sehr den Kopf verrückt, dass er nicht einmal mehr daran dachte, die Dukaten mitzunehmen, die der Kaiser nach Tirol geschickt hatte. — Auch in Wien fiel Napoleon bei seinem Einzuge die Kriegskasse mit mehreren Millionen zur Beute.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 441

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.