473 - Beginn der Schlacht bei Hall


bis zu der dahinter gelegenen Sonnenburger Ruine besetzt. Als rechter Flügel dehnten sich vorgeschobene Detachements über die Linie Natters-Husslhof-Gallwiese aus, den linken bildeten die bei Ambras und am Paschberg ausgesetzten Vortruppen.

Zeitlich am Tage setzten sich Flügel und Zentrum der Tiroler in Bewegung. Abermals wählte sich Hofer die Schupfen zum Standort, eine halbe Stunde auf der Strasse vorwärts beim Gärberbach nahm Ertel seine Stellung. Zuerst aber traf, wie am 25., der rechte Flügel, und zwar seine am weitesten nach Osten geschobene Kolonne auf den Feind. Der bäuerliche Kriegsrat am Schönberg hatte es nicht unterlassen, der wichtigen Flussübergänge unterhalb Innsbruck zu gedenken. Speckbacher und Straub waren damit betraut, sich derselben zu bemächtigen. Schon in der Nacht hatten sie die notwendige Mannschaft an sich gezogen. Von dem Kloster in Volders eröffneten sie gegen das an der Brücke stehende Pikett das Feuer, liefen es im Sturm an und zwangen den Feind auf das jenseitige Ufer. Die Brücke wurde abgerissen; hinter den schnell aufgeworfenen Schanzen wachten Straub und Angerer gegen feindliche Versuche, den Fluss zu übersetzen. Speckbacher eilte zur Haller Brücke, welche der königliche Oberstleutnant v. Waldschmidt mit zwei Kompagnien und zwei Geschützen deckte. Bei seinem Erscheinen traf er die von dem bewaldeten Nordabhang hervorbrechenden Pustertaler Schützen schon in heftigem Gefechte mit dem Feinde, der sich aus den rechtsseitigen, die Brücke beherrschenden Häusern nicht verdrängen ließ. Mörderisches Kartätschenfeuer wies die anstürmenden Bauern jedesmal zurück. Immer wieder sammelte Speckbacher die Seinigen zu neuem Anlauf, bis es gelang, den Feind über die Brücke zu werfen, die der dann selbst abtrug. Das Gefecht währte bis zum Abend. Speckbachers Bravour war seit dieser Affäre in aller Munde. Nicht der dichteste Kugelregen hatte den Haudegen einen Augenblick zittern lassen, aber gewaltiger Schreck durchzuckte sein Vaterherz, als er im wilden Kampfgemenge plötzlich seinen kleinen Anderl neben sich erblickte, welchen das Waffengetös aus dem nahen Heimatsgut am Judenstein an die Seite des Vaters gelockt hatte. Vom geängstigten Vater aus dem Gefechtsbereiche gebracht, suchte sich der kecke Knabe noch dadurch verdienstlich zu machen, dass er feindliche Kugeln aus dem Erdboden grub. Speckbacher hat mit dieser ausdauernden Abwehr den rechten Flügel der Tiroler vor jeder feindlichen Beirrung vom Osten her sicher gestellt. 1)

1) In den Darstellungen dieser Schlacht wird neben Speckbacher namentlich Oberleutnant Leis der Erfolg bei Hall zugesprochen. In seinem erwähnten Bericht gedenkt Leis seiner direkten Teilnahme an dieser Seite gar nicht, er bemerkt nur, dass er 1200 Mann an Speckbacher abgegeben habe. Von sich selbst hebt er die Beteiligung am Kampf um den Lemmenhof hervor.

Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 473

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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