474 - Der rechte Flügel der Tiroler
Die anderen drei Kolonnen dieses Flügels (Gasteiger, Wolfgang Natterer und Alois Stufer) breiteten sich am Morgen, von Patsch aus vorrückend, über das Mittelgebirge bis Judenstein hin aus. Gasteiger übernahm die ihm schon vom 25. her wohl bekannte Strecke. Die bayrischen Vorposten verjagend stiegen seine Klausener Kompagnien durch den Paschberg und über die Lanserköpfe nieder, um sich des Lemmenhofes zu bemächtigen. Der erste Anlauf machte sie zu Herren des Gehöftes, und ohne Bedenken stürmten sie hinab durch den letzten Waldgürtel, um über den Sillfluss die Vereinigung mit den Brüdern des Zentrums anzustreben. Aber an der Brücke sahen sie sich aufgehalten. Hinter Gartenmauern und aus der langen Fensterfront des Klosters Wilten blitzten Hunderte von feindlichen Gewehren ihnen entgegen, ein Geschütz beim Bartholomäuskirchlein donnerte ein Halt: die Bauern wichen zurück, auch der Lemmenhof wurde preisgegeben. Die Bayern folgten ihnen durch den Wald bis zu dessen obersten Rande. In wirrem Durcheinander erreichten die Bauern das Mittelgebirge. Bei Lans aber stand, wie Reissenfels 1) es angeordnet, eine starke Reserve: die ganze Kolonne Stufer mit zwei Kompagnien Devaux unter Hauptmann Daubrawa. Von ihr aufgenommen sammelte Gasteiger seine außer Ordnung gebrachte Mannschaft wieder, und beide Kolonnen vereint warfen sich auf den Gegner. Die Bayern, ohne Sukkurs gelassen, können sich weder am Paschberg noch im Lemmenhof halten, sie sind bald wieder bis zur Sill gedrängt. Und nun gilt es neuerdings, über den Fluss zu kommen. Ein Teil der Bauern wendet sich in die Sillschlucht und übersetzt watend das wilde Bergwasser. Von dort klimmen sie an der steilen Felswand des Isel vorwärts, und während Daubrawa seine Infanteristen gegen die Brücke stürmen lässt, eröffnen sie das Feuer auf den Rücken der die Brücke verteidigenden Bayern. Diese sehen sich bald zum Rückzug auf das Kloster gezwungen, die Tiroler sind im Besitz der heiß umstrittenen Brücke und nisten sich in den angrenzenden Häusern ein. Es war gegen die Mittagsstunde. Vom Kloster her unterhielten die Bayern noch den ganzen Nachmittag eine lebhafte Kanonade und unausgesetztes Gewehrfeuer gegen diese von den Tirolern gewonnene Stellung, ohne sie daraus verdrängen zu können. Ja so sicher fühlten sich die Bauern bereits in derselben, dass ein Teil von ihnen unter Gasteiger aufbrach, um einer andern Kolonne ihres Flügels Unterstützung zu bringen. Es war die des Hauptmanns Welling. Dieser Kolonne war als Verbindungsglied zwischen Gasteiger und der östlich, bei Ampass stehenden Abteilung Leis der Vorbruch von den Aldranser Feldern und die Besetzung des Schlosses Ambras zugewiesen worden. Beidem konnte Welling mit
1) Welden, der Krieg von 1809 lässt p. 250 Reissenfels ganz richtig den rechten Flügel führen. Auf der folgenden Seite führt Reissenfels die Tiroler über Natters gegen den Berg Isel.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.