489 – Festlichkeiten


mannslehenbaren Besitz des Grafen als Kunkellehen. 1) Prozessionen wurden gehalten in einer Anzahl und mit einem Prachtaufwand, als wollte man nachholen, was unter Bayern verpönt gewesen. In Innsbruck wurde das Gnadenbild der Pfarrkirche umgetragen unter einem Zusammenlauf, wie man bei solchen Anlässen nie gesehen. Hormayr wollte auch daran wieder Theater paré und Volksredoute geknüpft sehen. Diese Zutaten mussten aber diesmal unterbleiben wegen des Protestes der Bauern. 2) Das höchste in diesem Genre wurde in Hall aufgeboten, die Hauptstadt von der Salinenstadt völlig in Schatten gestellt. Dort lebte noch die Erinnerung an jenen einstigen Monstrezug, den Ritter Waldauf vor 300 Jahren von seinem Burgsitz Rettenberg aus in Szene gesetzt hatte. Unter einem Sammetbaldachin wurde das Marienbild der Waldaufschen Kapelle auf einem reich verzierten Wagen, den sechs Braune zogen, durch die Stadt gefahren. In buntem Wechsel schritten voran gepanzerte Ritter mit Standarten und Lanzen, Engelchöre und Schäferpaare, die Schulkinder und zwölf Zünfte mit ihren Fahnen, Trompeter zu Pferd in altspanischem Kleid, berittene Bauernbanderien, Bruderschaften, römische, spanische und türkische Reiter. Hinter dem Wagen ging ein Mann mit langem Knebelbart als Ritter Waldauf, dem ein Knappe das Streitross nachführte, dann Gestalten in alten Trachten, Trompeter und Paukenschläger, Straub mit seiner Schützenkompagnie in hechtgrauer Uniform, der Klerus mit der Monstranze, begleitet von den Füsilieren der Stadtmiliz, Stadtrat und Beamtenschaft in Gala, Bauern, bewaffnet mit Hellebarden oder mit Stutzen, eine endlose Kette von Kranzljungfrauen und andern Prozessionsteilnehmern. 3) Auch die Dörfer in der Nähe Innsbrucks wollten nicht zurückbleiben. Die Höttinger trugen das in ihrer Pfarrkirche verwahrte Madonnenbild (Höttingerbild) in möglichst glänzender Ausstattung durch den Ort; 4) Ambras desgleichen, wo man, Hall nachahmend, auch einen sechsspännigen Festwagen gebrauchte und in Ermanglung der gewünschten Trachtenstücke die Innsbrucker Theatergarderobe heranzog. 5)

So schien alles ergriffen von einem Taumel des Jubels. Und doch war es nicht mehr jene ursprüngliche, ungemischte Freude am ungeahnten großen Erfolg, welche, wenn auch nicht so laut und schauspielartig, im April dem ganzen Volke entquollen war. Barg die nächste Vergangenheit

1) Nicht, wie Maretich I, 57 meint, auf Hofers Antrag. Hormayr mochte sich um so mehr aufgefordert fühlen, für Stachelburgs Töchter zu sorgen, als er es war, der den Grafen zum Auszug beredet hatte.
2) Knoflach zum 18. Juni.
3) Beschrieben von Danei a. a. O. Der Umzug fand statt acht Tage nach jenem in Innsbruck.
4) Chronik von Pusch zum 2. Juli; auch Probst, Gesch. d. Univ. Innsbruck p. 282.
5) Bericht des Schauspielers Jungheim, 6. Juli 1809. M. St.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 489

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.