491 – Hormayr


Zahlreiche Getreidefuhren gingen nach Unterinntal ab. Hochbefriedigt von dem Erfolg des Sammelgeschäftes in Innsbruck notiert ein Bürger in seinen Aufzeichnungen: „Gewiss, in meinem Vaterland herrscht noch Menschenliebe, aber auch fürchterliches Elend."

Nach dem Abzug der Bayern brauchte das Land eine neue Regierung. Wer anders sollte sie in die Hand nehmen als der Intendant, der noch innerhalb der Grenzen weilte? Während der Kämpfe am Iselberg war Landeck sein Aufenthalt, wo er, wie er versichert, einige Tage ans Krankenbett gebunden war. Unterdessen rief Teimer den dortigen Landsturm auf. Dem dabei bewiesenen „kühnen Unternehmungsgeiste" hat der doppelzüngige Freiherr später höchstes Lob gespendet, den Vorstoß nach Innsbruck und den Auszug in die Scharnitz will er mit Teimer verabredet haben. Ein noch erhaltener Brief aus dieser Zeit zeigt jedoch Hormayr in anderem Lichte. Er erteilt darin Teimer den dringenden Rat, sich „die Unternehmung ja nicht zu leicht vorzustellen und auf keinen Fall sich in irgend etwas Gewagtes einzulassen". „Überhaupt ist dermalen unsere Sache, zu verteidigen und zu erhalten, nicht aber durch Neckerei, Wagstücke und im ganzen doch nicht entscheidende Angriffe den Feind noch mehr auf uns zu ziehen, wie solches leider wirklich schon der Fall gewesen." 1) Es entspräche ganz der in diesen Zeilen niedergelegten kleinmütigen Stimmung, wenn man den Intendanten an dem Tage, da er dies schreibt, nicht gegen Innsbruck, sondern weiter aufwärts, der Schweizer Grenze zu, reisen sähe. Er selbst berichtet in seinen Schriften, dass er an diesem Tage nach Imst, am folgenden nach Innsbruck gegangen sei. In Wirklichkeit hat er am 31. Mai die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen und dürfte sehr nahe an die Landesmark gekommen sein. 2) Erst die Nachricht von Deroys Abzug ließ ihn seine Schritte

1) Abgedr. bei Maretich I, 181, dat. Landeck, 29. Mai. Danach ist auch Krones, Aus Österreichs stillen und bewegten Tagen p. 202 zu berichtigen.
2) Hiefür liegt ein Beleg vor, der für unsere Frage volle Glaubwürdigkeit verdient. Es ist ein Bericht des bayrischen Postrevisors Jos. Andry (M. K.) über seine Erlebnisse im Jahre 1809. Darin kommt folgende Stelle vor: „28. Mai kam ich von Innsbruck nach Landeck, wo gerade der von Vintschgau gekommene Teimer neue Anstalten traf und die Gerichte Imst und Silz zu neuen Angriffen aufreizte. Das bewog mich, einstweilen in Landeck zu bleiben. 31. Mai bekam ich Spuren, dass ich wegen einer Unterredung mit gefangenen bayrischen Offizieren bei den Bauern verdächtig sei. Ich fühlte mich also nicht mehr sicher und beschloss über Vintschgau nach Bozen zu fliehen. 1. Juni brach ich auf. Ein Stück Weg außer Pfunds begegnete mir Hormayr und beauftragte mich, ihm nach Landeck zu folgen. Nach einigen Stunden Aufenthalts reisten wir von Landeck nach Imst." Diese ganz unverdächtige Itinerarangabe zeigt deutlich, dass Hormayr am 31. Mai weder in Imst noch in Innsbruck, sondern eine Strecke westwärts von Pfunds weilte, von wo er am Morgen des 1. Juni die Reise nach Innsbruck antrat Danach ist auch die Chronologie bei Egger III, 632 zu verbessern. Mit Andrys Aussage steht in unvereinbarem Widerspruch Hormayrs Angabe in seinem Reisejournal: „30. Mai von Nauders nach Imst mit Fischer, in der Nacht nach Nassereit und Lermoos wegen Bedrohung der Grenze von Reutte durch Beaumont, dann wieder nach Imst und von da am 31. Mai nach Innsbruck."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 491

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.