528 - Speckbacher, Sieberer


Thomas Reischer, Johann Schlechter, Josef Rainer), brachte er zusammen. Mit dem 12. Juni begann die Umzingelung, Roschmann lieferte ein paar Geschütze nach, für welche Speckbacher auf der Hochwacht Batterien errichten ließ. Bald traf auch Sieberer, von seiner Reise zum Erzherzog zurückgekehrt, ein und teilte sich mit Speckbacher in die Leitung der Belagerungsarbeiten. An diese zweite Blockierung Kufsteins knüpfen sich die meisten Geschichten und Anekdoten von Speckbachers Schlauheit und verwegenem Wagemut: wie er Kufsteins Mühlwerke zerstört, damit sich die Besatzung nicht mehr mit Mehl versehen könne, wie er einmal unter nächtlichem Dunkel sich in die Stadt schleicht und die Feuerspritzen unbrauchbar macht, damit der in der Stadt gelegte Brand sich ungehindert ausbreite und auch die Festungswerke erfasse, oder wie er sich ein anderes Mal an die unter der Festung vor Anker liegenden bayrischen Proviantschiffe heranstiehlt und sie nach Durchschneidung der Taue den Fluss hinuntertreiben lässt. 1) Weitum ließ er alle Strassen und Steige abgraben, Verhaue und Schanzen anlegen. Tief nach Bayern hinein erstreckten sich seine Beutezüge, um der Belagerungsmannschaft die nötige Fourage zu verschaffen. 2) In der Belagerung selbst gelangte man jedoch nicht weiter. Zweimal mussten es d'Esquille und die Tiroler geschehen lassen, dass Deroy die Festung versah: am 18. Juni von Brannenburg aus, da er unter einem gleichzeitigen Ausfall Aichers 88 Wagen mit Vorräten den Eingeschlossenen zuführte; das zweite Mal am 5. Juli von der rechten Innseite, wobei nicht bloß die Munition ergänzt, sondern auch frische Mannschaft in das Schloss gelegt wurde. Ganz vergeblich suchten die Bauern die überlegenen Kräfte Deroys aufzuhalten, jedes Mal mussten sie aus ihren Verhauen entweichen. 3) Sieberer konnte mit 300 Mann, über

1) Von Speckbacher selbst in seinen Aufzeichnungen erzählt zum 28. Juni, 13. und 16. Juli. Tir. Bote 1881 Nr. 218. Nicht diese Episoden (wie Schlagintweit a. a. O. p. 35 meint), aber wahrscheinlich die Erzählung vom verkleideten Besuch der Festung sind spätere Erdichtung.
2) Meldung aus Rosenheim v. 10. Juli: „Vor ein paar Tagen raubten 50 Mann über Kiefersfelden in Oberaudorf den ganzen Viehstand, 100 Stück, und machten die Leute zu Bettlern." M. St. Dem Speckbacher und seinen Abenteuern widmete Bettina die Worte: „Gefahr ist ihm gleich Aufgang der Sonne, er richtet alles durch sich allein aus, die Befehle der Kommandanten und seine eigenen wohl berechneten Pläne und auch noch, was der Augenblick erheischt."
3) Deroy berichtet von seinem zweiten Aufenthalt in Kufstein am 6. Juli (M. St.): „Jüngst nahm Major Aicher einen Tiroler mit zwei leichten Kopfwunden gefangen, ließ ihn ins Spital bringen und von einer Schildwache bewachen. Der Mann benahm sich sehr unartig. Aicher ging selbst zu ihm, um ihn zu beruhigen, dass er sich in sein Schicksal füge, da man ihn ja gut behandle. Auf einmal speit ihm der Kerl ins Gesicht und will der Wache das Gewehr entreißen. Dabei bog er das Bajonett ganz krumm, und es gelang ihm, den Ladstock herauszureißen, womit er auf Aicher losging. Dieser aber bemächtigte sich des Gewehres der Wache und erschoss den Tiroler auf der Stelle. Als die Tiroler dies erfuhren, drohte deren Hauptmann mit Repressalien. Ich habe Aicher, der zuerst keine Antwort geben wollte, geraten, die Sache zu erzählen, wie sie war, und so einige Unschuldige von uns zu retten."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 528

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.