584 - Lefebres Rückkehr nach Sterzing


Engpass zu sehen bekam, mag einer seiner Offiziere schildern: „Unsere Truppen sollten den Versuch der Sachsen wieder aufnehmen. Allein jetzt war kein Defilee mehr vorhanden, die Strasse war durch übereinander gehäufte Steine gesperrt, von welchen manche 6 — 8 Schuh Durchmesser hatten. Zwei bayrische Soldaten, die früher gefangen worden und gezwungen wurden, Dienste zu nehmen, aber bei dieser Gelegenheit zu uns entkommen sind, sagen aus, dass nicht die Eingänge allein, sondern die ganze Strasse auf eine halbe Stunde lang so gesperrt sei. Ohne die Felsenstücke mit Pulver zu sprengen, ist kein Durchgang mehr möglich, und alle Frontangriffe haben ein Ende. Wegen des weit ausgedehnten Zusammenhanges dieser höchst steilen Höhen sind auch Umgehungen in der Nähe nicht ausführbar. Weitere Operationen können also nur durch entferntere Versuche stattfinden. Nur dem General Beaumont und den Abteilungen, welche von Innsbruck nach Oberinntal abgingen, kann es gelingen, über Landeck hinaus eine günstige Wendung herbeizuführen, aber unter welchen Schwierigkeiten und Zeitverlust! Und nur wenn sie besonders glücklich sind in der Wahl der Wegrichtungen. Denn der Feind kennt alle Schlupfwinkel und versteht es, die einzelnen Detachements abzuschneiden. Ich fürchte, die Tiroler werden nicht nachgeben. Aber ich glaube, ein solches Unglück wäre nicht eingetreten, wenn unsere Operation durch Truppen aus Italien und Steiermark her unterstützt worden wäre". 1)

Das also war die kyklopische Arbeit von Haspingers Scharen. Nicht müßig ließen sie nebenbei den Feind ihr Werk betrachten. In den die Strasse zur Linken begleitenden Gehängen bargen sich Hunderte von behenden Schützen, welche die sich stauende Soldatenmenge aus sicherem Versteck bequem aufs Korn nehmen konnten. Der Marschall durfte von Glück sagen, dass er dem niedersausenden Kugel- und Steinhagel mit unversehrter Haut entging. Von seinem rechten Flügel am jenseitigen Eisackufer hatte er sich keinerlei Unterstützung zu getrösten, da alle Brücken und Stege über den reißenden Bergstrom beseitigt waren. Vor sich eine hemmende Mauer, zur Seite den belästigenden Gegner: da blieb keine Wahl außer Umkehr. Auch dem linken Flügel war eine nicht zu bewältigende Aufgabe gestellt worden. Schweißtriefend unter der sengenden Augustsonne hatte die Kolonne die Höhe des Weilers Niederflans erklommen. Aber schon waren Kemenater 2) und Hatzl mit ihren Kompagnien zur Stelle. Die Häuser des Bergortes brannten die Soldaten nieder, ihren Umgehungsmarsch mussten sie jedoch einstellen und vor

1) Oberst Epplen an den König, 9. Aug. Dieser Brief scheint auch Völderndorff p. 296 vorgelegen zu sein.
2) „Der Wirt von Schabs" wird von Gruber als derjenige bezeichnet, welcher den Übergang über das Valserjöchl verlegt hat.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 584

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.