588 - Verhandlung bei Gasteig
Hauptleute, ob sich dieselben halten könnten. Indessen ging der Kampf weiter. Unter dem Feuer von der Gegenseite stellten die Bayern die Gasteiger Brücke her und eröffneten eben den Sturm auf das jenseitige Ufer, als ein Trompeter vorritt und das Verlangen des Marschalls verkündete, mit Hofer zu sprechen. 1) Der war eine Stunde entfernt, oben am Kalch. Er sei nicht da, bedeuteten die Bauern. 2) Dann möge ein anderer Befehlshaber zum General kommen, sagte der Trompeter. Nun berieten sich die in der Nähe aufgestellten Hauptleute, die Tätlichkeiten scheinen noch nicht eingestellt worden zu sein. 3) Unter den Bauern herrschte wenig Lust, desto mehr Misstrauen gegen die Einladung. Endlich erklärten sich ihrer drei bereit: der Meraner Hauptmann Aukenthaler, der Passeirer Gerichtskassier und Hauptmann Johann Hofer und noch ein dritter. 4) Den ersten hielten die Kameraden für besonders qualifiziert: er trug eine komplette österreichische Offiziersuniform 5) und sprach französisch. Letzteres aber glaubte Aukenthaler vor dem Feind verbergen zu sollen. So traten denn die drei vor den General, der sie mit der Lüge einzuschüchtern suchte, die Franzosen seien schon von Trient nach Meran vorgedrungen, es sei also höchste Zeit, zur Ruhe zurückzukehren. Aukenthaler machte den Sprecher. Auf das, was er eben gehört, ging er nicht ein, sondern erhob Vorwürfe über die Grausamkeit der Franzosen, welche in Sterzing mehrere Bauern getötet hätten. Lefebre fuhr auf: das sei nicht wahr, sie sollten selbst in der Stadt sich überzeugen, er gebe sein Ehrenwort. Von diesem Angebot machte nur Aukenthaler Gebrauch. Nachdem für den Rest des Tages Waffenruhe versprochen war, 6) ging er nach Sterzing. Seine erste Frage galt den gefangenen Landsleuten. Er erfuhr, dass sie
1) Erste Quelle für diese Episode ist: „Erlebnisse des Josef Aukenthaler" (H. M.). Aukenthaler war als Fennerjäger 1789 in den Niederlanden und hat sich dort wohl schon die Kenntnis des Französischen angeeignet. Später trat er als Kommis in die Meraner Handlung Verdross. Die Maischlachten am Isel machte er mit als Adjutant Tschölls. Im August kommandierte er als Hauptmann die erste Meraner Kompagnie.
2) Nach einem Briefe des Adjutanten Josef Garber an den Passeirer Anwalt war Hofer auf Rekognoszierung abwesend: „Indem er noch nicht ist angekommen, so könnte ich auch wegen den Waffenstillstand weder ja noch nein sagen." (Cop. in A. A.)
3) Völderndorff bringt (p. 300) eine Reihe von Tätlichkeiten, welche sich die Bauern noch während der Verhandlungen erlaubt haben. Man wird aber diese Dinge bei der bäuerlichen Kampfesart nicht auf der Wage des strengen Völkerrechtes messen dürfen. Rapp (p. 518) bezweifelt alle Angaben Völderndorffs. Über den 9. Aug. sind beide nicht genau unterrichtet. Der an diesem Tage gefangene Major Hausmann kam in das Haus Giovanelli.
4) Joh. Hofer, derselbe, welcher die wiederholt zit. „Meine Tagesgeschichten" geschrieben hat. Diese nebst Danei bilden die beste Ergänzung zu Aukenthaler.
5) Diese hat sich Aukenthaler, da er im August Hauptmann wurde, machen lassen.
6) Von einer Waffenruhe berichtet nur Johann Hofer, er scheint mir darin glaubwürdig zu sein. Seine Erzählung lautet: „Wir machten den Waffenstillstand bis 6 Uhr ab, wo wir eins wurden, dass wir uns gegenseitig Geiseln geben. Als aber Lefebre unsere Geiseln hatte, hat er uns keine gegeben. Den Hauptmann Aukenthaler haben sie nach Sterzing hingenarrt und nicht mehr zurückgelassen. Als der Waffenstillstand geschlossen war, habe ich gleich die Kompagnie des Georg Laner eingerufen. Sie stand am Penser (geschr. Pesener) Joch. Ich rief den Laner nach Gasteig bis 6 Uhr ab, wo der Waffenstillstand ausging. Ich ging sogleich zum Sandwirt und habe ihm dies hinterbracht. Dann ging ich wieder nach Gasteig. Da war Laner schon angekommen. Wir stellten uns um 6 Uhr in die Ordnung. Lefebre ersuchte um Stillstand bis zum nächsten Tag um 8 Uhr morg. Er wurde ihm zugestanden." Hier scheint mir nur die Erzählung von den Geiseln nicht ganz zutreffend.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.