597 - Aufregung in Innsbruck
des Obersten Delamotte. Vielleicht ahnend, dass das Korps Burscheid unzureichend sein möchte, hatte Deroy am 8. auch noch dieses Regiment nach Oberinntal abgehen lassen. Bis Heimingen gelangt, erfuhr Delamotte den Rückzug der andern, von denen ihn der Inn und das mächtige Massiv des Tschirgant trennte. Im Vorgefühl, dass die Kameraden seine Unterstützung nötig hätten, versuchte der Oberst in Mötz und dann wieder in Telfs 1) — hier allerdings erst, nachdem Büllingen schon passiert war, — den Fluss zu übersetzen. Es ging ihm nicht besser wie Burscheid vor Prutz. Die Brücken waren abgerissen, und das Feuer vom andern Ufer vereitelte die Wiederherstellung. Auf dem Vizinalweg über Flaurling erreichte er, auch in einemfort attackiert, in später Stunde die Brücke bei Zirl.
In Innsbruck wurde am 9. ein gedrucktes Bulletin ausgegeben, welches die Ankunft Beaumonts in Bregenz verkündete, er habe „sich zum Meister vom ganzen Lande gemacht, alle Gerichte haben sich unterworfen, Geiseln gestellt und die Waffen niedergelegt". Und von derselben Strecke, welche der General jüngst anstandslos zurückgelegt, kamen noch am nämlichen Tage die fatalsten Nachrichten. Sie waren von der Art, dass Deroy selbst nach Zirl ritt. Bei Drouet wurde alsbald gepackt. Als Dipauli am Morgen des 10. den Generalkommissär Rechberg besuchte, trat ihm dieser mit den Worten entgegen „Hannibal ante portas" und erzählte das Unglück von Pontlatz. Man tröstete sich damit, dass noch 3000 Mann in der Stadt lagen. Dabei wusste man jedoch, dass ihre Erhaltung wegen mangelnder Zufuhr bald unmöglich sein werde. 2) Sehnsüchtig harrte man der Botschaften Lefebres, sie blieben noch immer aus. Rechberg drang in Drouet, er möge ihm offen den Stand der Dinge anvertrauen, damit nicht die ganze Regierungskommission in Gefahr komme. 3) Der General suchte zu beschwichtigen, es sei kein Grund zur Besorgnis, Lebensmittel habe man noch für drei Tage, und wenn der Marschall bis dahin nicht erscheine, so werde er ihm nach Sterzing nachziehen und mit ihm „einen verheerenden Spaziergang durch das Land machen", die Beamten sollten nur ohne Kummer bleiben. Den Generalkommissär befriedigte das alles nicht. Er müsse, so fuhr er fort, auf sein Personal sehen, dessen seien mindestens drei Wagen voll. Darauf meinte Drouet, das sei allerdings „gravierend", es dürfte gut sein, die Herren der Kommission gehen zu lassen. Rechberg erklärte, für seinen
1) In Telfs unterhielten die Bauern besonders aus dem in der Nähe des Flusses stehenden Schiesstand ein wirksames Feuer.
2) Dies alles nach Dipauli a. a. O.
3) Salzfertiger Jos. v. Wallpach schreibt an diesem Tage (10.) an Utzschneider aus Hall: „Ich bitte, mich möglichst bald aus dem nun zur Mördergrube gewordenen Tirol in irgend einen entfernten Winkel zu versetzen, wo ich meine alten Tage verbringen kann." M. St.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.