602 - Gefecht um Innsbruck am 11. August


suchen. Jene, geführt von den Hauptleuten Peter Baumann von Umhausen und Michael Staudacher von Mieming, mussten sich gegen die Höttinger Höhen wenden, deren wichtigste Punkte nur schwach besetzt waren. Mit der siebten Morgenstunde begann auf allen Seiten ein lebhaftes Schiessen. 1) Gegen Reiterei und Kanonenfeuer gedeckt, näherten sich die Stürmer im Walde ob Allerheiligen dem Planetzenhofe (Dallatorre-Hof) und vertrieben das dort postierte Pikett. Die Bayern zogen sich bis gegen die Höttinger Kirche zurück. Aber von hier aus wurde mit verstärkter Kraft die Rückgewinnung des dominierenden Punktes eingeleitet. Der bäuerlichen Nachschübe waren zu wenig, den beim ersten Anlaufe siegreichen Eroberern des Hofes ging die Munition aus, nach zwei Stunden war der Hof wieder in bayrischer Gewalt. Seine Einäscherung, welche wertvolle Habe vernichtete, war weit mehr ein Akt blinder Rache als der Überlegung. Der unzerstörte Hof hätte für die Besatzung Innsbrucks ein wichtiges Bollwerk bilden können. Auf Befestigungsarbeiten hat die bayrisch-französische Kriegskunst merkwürdigerweise bei diesen Kämpfen völlig verzichtet.

Bucher hatte gleichzeitig mit Firler den Angriff auf die bayrische Vorpostenkette eröffnet, welche auf der ersten Waldstaffel im Süden Innsbrucks verteilt war. An mehr als einem Punkte konnten die schwachen feindlichen Abteilungen nicht standhalten. Namentlich der Husslhof wurde von den Bauern stark besetzt. Deroy dirigierte nach allen bedrohten Stellungen frische Mannschaft, welche, mit gefälltem Bajonett vorgehend, das verlorene Terrain zurückgewann, aber auch nicht mehr. In kleinen Abständen hielten sich die bäuerlichen Schützen und deckten die rückwärts gelegenen Orte Natters und Mutters. Sie stellten bald nach Mittag ihr Feuer ein, die Bayern taten desgleichen. 2) Der Beweggrund aber für

1) Knoflach notiert an diesem Tage stündlich seine Wahrnehmungen: „Halb neun Uhr früh, ringsum ist alles im Feuer, von allen Seiten wird stark geschossen. Von Planetzen wurde das bayrische Pikett vertrieben. Vor einer halben Stunde begann der Angriff der Bauern auf allen Seiten zugleich. Zehn Uhr, es wird fortwährend gefeuert, die Bayern behaupten ihre Stellungen noch. Beim Husslhof ist es am heftigsten. Auf der Brücke stehen zwei Geschütze. Elf Uhr, die Hitze ist sehr groß, aber es wird noch immer geschossen. Halb ein Uhr, es ist fürchterlich, der Dallatorre-Hof brennt lichterloh, turmhoch steigen die Flammen auf, zum Glück kein Wind. Viertel nach ein Uhr, der Hof liegt schon in Asche, auch der nahe Wald begann zu brennen. Jetzt fällt kein Schuss mehr."
2) Die ausführlichen Details bei Maretich II, 34 ff. Von den bisher bekannten Quellen erwähnt keine, dass die Bauern an diesem Tage vom Husslhof aus bis in die Stadt gedrungen seien. In A. G. liegt ein Brief des Vikars Ferdinand Delama in Vigaun (7. Dez. 1857, also freilich späten Datums), worin er die Erlebnisse seines Vaters Matthias erzählt. Darin schreibt er: „Als Ende Juli Lefebre in Innsbruck erschien, erhielt mein Vater, welcher sich mit seiner Familie im Widum des Pfarrers Ambros Denk in Griess in Sellrain aufhielt, den strengen Befehl, sogleich zurückzukehren und sich vor dem Kriegsgericht zu stellen, wenn er nicht Haus, Vermögen und Leben verlieren wolle. Wie Straub, so leistete auch mein Vater diesem Gehorsam. Straub kam zum Niederkircher, mein Vater wurde im eigenen Haus (jetzt Bierwastl am Innrain) wie ein Verbrecher bewacht. Auf seinem Heimweg besuchte er seine treuen Axamser, seine tapfern Götzenser und seine ihm ergebenen Völser. Sie versprachen ihm alle, nach Kräften zu seiner Rettung beizutragen. Es kam der 11. August. Die Axamser etc. rüsteten sich und 11. VIII. war ein sehr hitziges Gefecht bei der Gallwiese. Ich weiß nur, dass die Axamser und Völser siegten und den Feind bis in den Innrain verfolgten. Sie verjagten die Wachen beim Hause meines Vaters und befreiten so ihren geliebten Kommandanten, den sie jubelnd zur Gallwiese zurückführten. Näheres können Sie vom Hauptmann Nagele erfahren." Ich wage nicht, den hier niedergelegten Angaben zu folgen. Stark übertreibend sind auch die Worte Firlers: „Wir erfochten gegen 3 Uhr nachmittags einen großen Sieg. Es war auf beiden Seiten kein anderer Kommandant als Firler."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 602

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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