603 - Lefebre zurück über den Brenner


den plötzlichen Stillstand war, dass Bucher das Nahen Lefebres auf der Brennerstrasse erfahren hatte. Ihm wandte sich sogleich das Augenmerk der Bauern zu, die mit dem bisherigen Halbtagsgefecht Deroy abgehalten hatten, dem notleidenden Marschall für die letzte Strecke seines Marsches befreiende Unterstützung zu gewähren.

Lefebre ist von Sterzing am 10. vor Mitternacht aufgebrochen. Arco verließ zur selben Zeit den Brenner. In den Stunden der Nacht wurde der lange Zug von den Landleuten wenig beachtet, also auch nicht bedrängt. Als es zu tagen begann, wurde es anders. Vom Brenner abwärts traf die Vorhut in der Straßenenge am Walenstein auf einen Pallisadenbau, welchen Steinbatterien flankierten. Wahrscheinlich waren die Bauern mit ihren Arbeiten noch nicht zu Ende, denn eine Schädigung der Truppe an dieser Stelle wird nicht verzeichnet. Aber die Entdeckung solcher Willkommzeichen gemahnte deutlich an die tirolische Kampfesweise der letzten Tage und steigerte die üble Laune des Marschalls. Er ließ das weitläufige Zollgebäude und das Ballhaus am Lueg niederbrennen, nur das alte Kirchlein blieb verschont. 1) Zu einem ernsten Gefecht kam es in Matrei. Da hatten sich die Bauern aus dem ins Wipptal einmündenden Seitentälern eingefunden. Schloss Trautson und die Hügel an der Straße waren dicht besetzt. Arco musste vom Nordende des Marktes, das er schon erreicht hatte, zurückweichen, hinter ihm warfen sich die Bauern in die Häuser. Erst als Lefebres Avantgarde nachgerückt kam, nahm diese im Verein mit Arcos Kompagnien den Ort mit Sturm. Es muss dabei heiß genug hergegangen sein, denn der Marschall sah sich veranlasst, frische Truppen von der Division Kronprinz an die Spitze der Marschkolonne zu berufen und durch Arco den Nachtrab bilden zu lassen. Die Sachsen Rouyers hatten den Weg über die Ellbögenerstraße nach Hall fortzusetzen.

Aus Matrei versprengt, sammelten sich die Bauern in dem eine halbe Stunde vorwärts gelegenen Walde wieder. Hoch über der Sill zieht sich die

1) Chronik in der Pfarre Vinaders mit den Angaben des gleichzeitigen Kuraten Amort.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 603

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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