608 - Stimmung der bayrischen Offiziere
Überfluss bestätigen es die Stimmen aus dem bayrischen Lager; das Spiel ist schon gänzlich verloren gegeben. Kommissär Weinbach entdeckt seinem Minister rückhaltslos die verzweifelte Lage: „Unser Korps wird jetzt nichts mehr ausrichten, die ungeheuren Hindernisse vermindern den Mut der Soldaten in demselben Grade, wie die erreichten Vorteile den Mut der Aufständischen heben. Täglich erhalten wir Beweise, dass Tirol ruhig sein würde, wenn es nur nicht Bayern unterworfen sein müsste. So schrieb auch Hofer dem Lefebre, und seine Leute rufen es täglich von den Höhen herab. Drouet sagte mir gestern, an der Stelle des bayrischen Königs würde er den Kaiser um Austauschung dieses Landes ersuchen; und ein solches Angebot, setzte er bei, würde dem Kaiser angenehm sein, und ich glaube, Tirol würde ruhig werden, wenn es hört, dass es nur französisch zu sein braucht. Nach meiner Meinung braucht man 80 000 Mann, um dieses Land zu unterwerfen, denn man müsste alle Zugänge zugleich angreifen. Und selbst dann würde man nur die Trümmer des Landes behaupten, wenn die Ruhe dauernd sein soll." 1) Auch Deroys Stimmung war nicht rosiger. Gestern und heute, so klagte er seiner Frau in einem Briefe, lavierten wir uns so durch. „Was es jetzt gibt, ist nicht bekannt, vielleicht auch nicht dezidiert; vorderhand ist Ruhe und Erholung nötig. Die erste Division sah heute entsetzlich aus, und wir sind nicht viel besser auf den Beinen. Das Bergauf- und Bergabsteigen, die Hitze und nicht immer volle Portionen haben die Röcke schon wieder etwas weiter gemacht." Lefebre selbst verwünschte sein Schicksal, das ihn wieder in dieses Land geführt. Über Deroy und dessen Bayern hatte er sich einst lustig gemacht, dass sie vor den bäuerlichen Briganten im Mai das Land geräumt hatten, jetzt wünschte er sich selbst über alle Berge. Ihm, dem Grossprecher, der sich nie recht zu den deutschen Offizieren zu stellen wusste, vergönnten diese insgeheim die Demütigung. Von einem bayrischen Hauptmann, der in Knoflachs Hause einquartiert war, notiert derselbe: „Ein ehrwürdiger Greis, der mir sehr gefällt, ist auf Lefebre nicht gut zu sprechen und freut sich, dass es ihm schlecht ergangen ist; besonders ärgert es ihn, dass über jedes bayrische Bataillon ein französischer Offizier kommandiert." 2) Und nicht anders dachte Deroy, da er schreibt: „Seine herzogliche Exzellenz kommt zurück, ohne in seinem Unternehmen auf Brixen Erfolg gehabt zu haben, worüber ich, unter uns gesagt, durchaus nicht böse bin. Der Marschall ist über Tirol höchst aufgebracht und will darin durchaus nicht mehr bleiben, und ich bin begierig, was in der Folge hierüber entschieden wird." 3) Allerdings,
1) Weinbach an Hompesch, Innsbruck, 13. August, M. St.
2) An einer anderen Stelle bemerkt Knoflach: Jetzt schämt sich Lefebre die bayrischen Offiziere lachen dazu."
3) Maretich II, 86.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.