610 - Hofers Werbungen


zurückgelegt als das Korps auf der gegenüberliegenden Talseite. Die Dörfer trafen sie entvölkert, die meisten Männer waren dem Georg Bucher zugeeilt. Aber an manchen Stellen war die Straße ruiniert, und an dem waldumsäumten Straßenstück, das unter Heiligwasser 1) vorbeiführt, wurden Schüsse gewechselt. Mit der freilich stark gelichteten Sachsendivision und den ostwärts stehenden kleinen Abteilungen Montmaries hielt Lefebre die Unterinntaler Strasse noch nicht für genug gesichert. Im bayrischen Hauptquartier traute man dem Sandwirt die Absicht zu, einen starken Bauerntrupp über das Duxerjoch gehen zu lassen und damit bei der Mündung des Zillertales die Rückzugslinie zu verlegen. Zur Deckung „dieses gefährlichsten Postens" 2) bekam Arco Marschbefehl. Ein Teil der Verwundeten wurde nach Hall geschafft, um sie zu Schiffe nach Bayern zu bringen.

Ganz ohne feindliche Begegnungen verstrich auch dieser Tag nicht. Die bayrischen Vorposten hatten mehrfach hierüber zu melden. Bei Aldrans wurde eine Streifpatrouille von Speckbacher zurückgetrieben, 3) auf der andern Seite bei Natters widerfuhr bayrischen Abteilungen von Bucher dasselbe. Recht sinnfällig aber zeigten die Bauern bei einbrechender Nacht ihre Nähe oder, was dasselbe, ihre kampflustige Absicht. Während ein Gewitter losbrach und zahlreiche Blitze herniederfuhren, leuchtete ein Kranz von 300 Wachtfeuern in die Stadt. 4)

Als am 11. die Verfolgung Lefebres eingestellt wurde, begann unter den bäuerlichen Massen ein starkes Verlaufen. Haspinger sah keine tausend Mann mehr um sich. Die Leute hatten das Gefühl, ein tüchtiges Stück Arbeit vollbracht zu haben, und wandten sich — eine häufige Erscheinung im Volkskrieg — ebenso schnell der Heimat zu, als sie dieselbe verlassen. So manchem war auch die Munition ebenso ausgegangen wie der mitgetragene Mundvorrat. Hofer hat an diesem Tage noch Matrei erreicht. Hier besprach er sich mit Speckbacher und Haspinger. Der Vorsatz „keinen hinauszulassen" bestand noch immer. Was jenseits des Brenner nicht gelungen war, sollte auf dem erprobten Kampfboden des Iselberges versucht werden. Der Feind sollte sich nicht lange erfrischen dürfen. Am 13. wollte man losgehen. Aber eins war dringend not: Mannschaft.

1) Dieser Wallfahrtsort wird in einer bayrischen Militärrelation als eine „auf dem höchsten Gebirgsgipfel erbaute Kapelle" geschildert. Maretich II, 103.
2) Weinbach a. a. O. Maretich II, 137, 141.
3) Speckbacher notiert: „12. August zwischen Rinn und Aldrans mit einer grossen Patrol ein starkes Gefecht."
4) So viele zählte Knoflach: „Die ganze Atmosphäre um Innsbruck ist beleuchtet, ein herrlicher Anblick. Es donnert und regnet sehr, soeben schlägt es in der Nähe ein." Das Feuer „selbst auf der Waldrast-Spitze" (Mayr, Der Mann von Rinn) ist natürlich Phantasiebild.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 610

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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