614 - Vor der Schlacht


Kampftage wählen würden. Die Rapporte in den ersten Morgenstunden schienen diese Annahme zu bekräftigen. In der Nacht war nichts vorgefallen, die Vorposten, welche auf der untersten südlichen Staffel, namentlich bei den im Walde zerstreuten Vogelhütten und Einzelgehöften standen, 1) meldeten nichts Besonderes. Dem Korps schien noch ein zweiter Rasttag beschert. Für halb 8 Uhr war der dienstfreien Garnison sonntägiger Gottesdienst in der Wiltener Pfarrkirche angesagt Mannschaft und Offiziere waren dort bereits zur Messe versammelt, als Berichte einlangten, dass ein mächtiger Schwall von Bauern auf der Brennerstrasse sich nähere. Bald vernahm man den Knall gewechselter Schüsse von der Linie der Vorposten her.

Auf dem kleinen Raum zwischen dem Matreierwald und den Feldern von Mutters hatten sich bis gegen Mitternacht all die Kompagnien aus den verschiedenen Landesgauen eingefunden. Haspinger, Peter Mayr und Firler trennten sich vom Oberkommandanten und eilten auf ihre Posten. Dem Mahrwirt galten noch die Worte, anspielend auf die Sachsenklemme: „Ös håbts den Kåmpf ångfångt, jetzt bringts'n a z'End." Um 2 Uhr morgens las der Rotbart in Mutters seine Messe. So taten auch die andern Feldgeistlichen und gaben die Absolution. Hofer verrichtete das Gebet in der Kirche zu Schönberg und wanderte, nachdem er sich noch mit einem kräftigen Trunk gestärkt, hinab gegen Unterberg. „Seids beinånd Tiroler? Nåcher gehn mers ån. Die Möss håbts gheart, enkern Schnåps håbts trunken, also au in Gotts Nåm", mit diesen Worten gab er das Zeichen zum Abmarsch. 2) Der feurig aufsteigende Sonnenball versprach einen heißen Tag, das nächtliche Gewitter hatte keine Kühlung gebracht. Peter Mayr führte seine Kolonne auf der Reichsstrasse, jene Haspingers entwickelte sich von Mutters aus in weitem Bogen um Natters gegen den Eichhof.

Mayrs Avantgarde, Velthurnser, Brixener, Albeinser, Schabser und Sterzinger trafen bei den Ruinen des Reisachhofes auf die ersten Feinde. Sie warfen die Piketts zurück und erreichten das Plateau zwischen dem Isel- und Klosterberg, in deren Wäldern sie sich ausbreiteten. Durch den dazwischen gelegenen Hohlweg sollte stürmend auf die am Fuss gelegenen, von den Bayern besetzten Höfe (Sarnthein, Reseler und Linsing) vorgebrochen werden. Aber schon wälzten sich aus der Stadt die feindlichen Kohorten und eilten den hart bedrängten Kameraden am Isel entgegen. Alarmschüsse der Kanonen riefen das ganze Korps Lefebres

1) Äußerster Punkt die Blumeshöfe.
2) Befehle Hofers für den linken Flügel, ausgefertigt in den Morgenstunden des 13. August auf dem Schönberg (Cop. in A. A.), enthalten manche Sonderbarkeit. So wird in einem der Mahrwirt als an der Seite Speckbachers stehend bezeichnet; als Beginn der Schlacht wird die Zeit von 10 — 12 Uhr Mittag, wo mit drei Musketenschüssen das Zeichen erfolgen soll, angegeben.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 614

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.