625 - Entschluss zum Abzug
zeugt der Bayer Weinbach, welcher beim Ausgang der Berg Isel-Schlacht schreibt: „Unsere Leute werden, so brav sie sein mögen, bald den Mut verlieren, da sie die Natur zum größten Feinde haben" und dann wieder: „Unsere Lage wird hier täglich schlimmer, der Feind nähert sich immer mehr den Stellen, die wir zu passieren haben; der Rückzug, zu dem wir jedenfalls in einigen Tagen gezwungen sein werden, wird noch manches Leben kosten." 1) „Lefebre und Drouet, welche beide wohl einsahen, dass sie kein glückliches Resultat mehr zu erwarten hatten, und wussten, dass die Infanterie, die im Gebirge den Tirolern nicht gewachsen ist, die Lust zum Kampf verloren hatte, suchten nur noch die Ehre der Armee zu retten." 2) Und Deroy selbst hat unter dem Eindruck des Erlebten vor dem bayrischen König das Geständnis gemacht: „Tirol wird wohl schwerlich durch die Gewalt der Waffen unterworfen werden." 3) Rechberg will auch den Munitionsmangel nicht zugeben; die Patrontaschen, sagt er, waren voll, also hinlänglich, um Reserve-Munition zu erwarten. Demgegenüber zeigt eine dienstliche Meldung vom 14. an, „dass bei der Division die Infanterie-Reserve-Munition bis auf einen Karren per Bataillon aufgebraucht ist". Erinnert man sich an das Schicksal des Miesbacher Transportes, 4) so wird man die Hoffnungen auf Nachsendungen aus Bayern nicht hoch einschätzen können. Rechberg war wie die andern bayrischen Offiziere erbittert über den Marschall und war geneigt, ihn auch für Dinge verantwortlich zu machen, für die ihn wenigstens die unmittelbare Schuld nicht allein traf. 5)
Die Bauern verhielten sich also zuwartend, Lefebre bereitete den Abmarsch vor. Grosse Züge von Verwundeten und Marschunfähigen gingen schon am Vormittag nach Hall ab. Zu größeren Zusammenstössen
1) Weinbach an Hompesch, 14. Aug.
2) Ebend.
3) Deroy an den König 19. Aug. M. St.
4) Dieser Transport war nicht der einzige Verlust, bei Volders nahmen die Bauern einen Trieb von 43 Ochsen fort. Unter dem Eindruck dieser Verluste schreibt Weinbach: „Ich gestehe offen, dass mir die Lust, einer Armee als Zivilkommissär zugeteilt zu werden, genommen ist."
5) Wie sehr Rechberg bei seinen Anklagen gegen Lefebre über das Ziel schoss, mag noch ein Vorwurf beleuchten: L. habe versäumt „die moralische Seite des Volkes durch den Adel und die Geistlichkeit, die größtenteils in unsern Händen und leicht zu gewinnen waren, zu bearbeiten, obgleich das französische Kommando einfach und unausgesetzt gestand, dass dieses das einzige Mittel wäre, auf die Tiroler zu wirken". Wirkliche Unterlassungen des Marschalls, wie die versäumte Heranziehung seiner starken Reserve, der Division Kronprinz, die während des ganzen 13. August fast unbeschäftigt im Lager am Saggenfelde stand, sind in den bayrischen Rekriminationen nicht erwähnt. Vgl. Maretich II, 266. Auch Drouet suchte sich reinzuwaschen. Er schreibt in seinen Memoiren (Maretich II, 351): „Die bayrischen Generäle, welche die Lage der Armee für bloßgestellt und kritisch ansahen, drangen in der Besorgnis einer Katastrophe beim Marschall darauf, das Land zu verlassen. Ich war anderer Meinung."
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.