631 - Hofer bei Stadler
sein wollen, dö müessn für Gott, Koaser und Våterlånd åls tapfre, rödle und brave Tiroler streiten. Dö åber dös nit tien wölln, dö solln hoamziechn. Dö meine Wåffenbrüeder wearn wölln, solln mi nit verlåssn, i wear enk a nit verlåssn, so wåhr i Andre Hofer hoass. Gsågt hab i enks, gsöchn håbts mi, pfiat enk Gott!" 1) Damit zog er sich vom Fenster zurück und verließ das Haus. Er war an diesem Mittag mit dem Kapuzinerguardian Gast bei Stadler.
Alle Zeitgenossen sind einig in der Versicherung, dass schon mit Hofers Erscheinen in Innsbruck die unsauberen Wogen der Pöbelherrschaft sogleich wie abgekehrt waren. Vereinzelt machte sie sich während des ganzen Tages da und dort bemerkbar. Gerade als Hofer bei Stadler speiste, erhielt er von diesem Treiben einen ihm peinlichen Beweis. Ein johlender Haufe hatte sich des Finanzdirektors Senger bemächtigt und schleppte ihn durch die Neustadt. 2) Totenbleichen Antlitzes flehte der Mann, man möge ihn wenigstens zum Sandwirt führen. Das bewilligten sie ihm. Doch nicht Senger allein betrat das Haus Stadlers, sondern die ganze Meute wollte ihm nach. Dies bemerkend, sprang Hofer sogleich zum Fenster und wies die Menge zurück mit den Worten: „Aber wås ist denn dös? Hoasst dös 's Lånd verteidigen? Geat ausanånd! Wöllts nit folgen? Muess i enk's denn no amål sagn? Geat, geat, verfolgts derfür in Feind, ist gscheider." 3) Die Leute gehorchten, wenngleich die Anrede nicht nach eines jeden Geschmack war. 4) Diese Szene brachte das Gespräch der Tischgesellschaft auf die öffentliche Sicherheit und die ganz abnormen Verhältnisse, die nun eingetreten waren. Alle Anwesenden, die Familie Stadler und der Guardian, drangen in Hofer, er möge in Innsbruck bleiben und sich an die Spitze der Regierung stellen. Solcher Wunsch klang dem Sandwirt sehr fremd, er wollte nichts davon wissen. Während darüber Wechselreden gepflogen wurden, trat plötzlich der Gubernialbeamte Pusch in das Zimmer und rief des Sandwirts Hilfe an zur Rettung der Hofburg, in die schon wieder ein Pöbelhaufe eingedrungen sei. Gemeinsam mit den andern bestürmte er Hofer, Stadt und Land nicht der Anarchie
1) Rapp erklärt diese Rede für unecht. Dem Wesen Hofers entspricht sie jedenfalls, schon gleichzeitige Einzeldrucke verbreiteten sie. Pusch bringt die Rede mit einem „soll gehalten worden sein".
2) Starkes Misstrauen gegen die Stadtherren war laut geworden. Knoflach notiert: „Ich sprach einige bekannte Bauern, aber sogleich warfen sie mir vor, ich und Rapp seien nicht gut tirolisch. Die meisten sind benebelt." Er hebt dann hervor, dass wenig Unfug getrieben würde: „Ich hätte unsere Bauern nicht für so brav gehalten." Dipauli schreibt: „Nichts, was man fürchtete, geschah. Und das dankte man nur dem Hofer und seinen Passeirern, einem sonst rohen Menschenschlag, aber von ordentlichem Betragen."
3) Ich folge hier den Aufzeichnungen Knoflachs, die mit jenen von Pusch und Stettner gut in Einklang zu bringen sind.
4) Ein Bauer brummte: „Dös hearische Gröd steat in Sandwirt woll gar nit un."
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.