659 - Die Universität
schreiben. 1) Nun war das Lehrsystem Oberrauchs, des Vaters der Herkulaner, keineswegs unangefochten geblieben, namentlich die Gesellschaft Jesu hatte daran Ausstellungen zu machen. Und so eilt denn der Exjesuit Tschiderer in die Hofburg und voll der Leidenschaft gegen die Theologenschule, die plötzlich an der Landesuniversität die Herrschaft ergreifen wollte, fällt er beim Eintritt den Sandwirt mit den Worten an: „Um Gottes willen, was haben Sie, Herr Oberkommandant, gemacht? Die Professoren, welche Sie ernannt haben, sind ja lauter Herkulaner!" Was wusste der Angesprochene von Herkulanern? Diese Rede verstand er nicht. Aber aus Ton und Geste entnahm er, dass da irgend ein Fehl sei, wogegen sich sein priesterlicher Gast ereifere. So dunkel seine ersten entgegnenden Worte waren, 2) um so deutlicher und für Tschiderer willkommener war der daran geknüpfte Befehl an den nebenstehenden Adjutanten: derselbe soll sich zum Schulreferenten Anderlan verfügen und ihm melden, mit den „Profissoris" sei es nichts, es sei darüber nicht zu referieren. Der alsbald erfolgende Einmarsch der Bayern befreite Hofer aus der Klemme, sich von rivalisierenden Schulrichtungen hin und her zerren zu lassen. Ein Giovanelli aber betrachtete mit Widerwillen das würdelose Getriebe, das sich unter dem Aushängschilde einer Universitätsreform um die naive Person des Sandwirts breit machte. 3)
1) Das von Köck verfasste Einführungsreskript spricht von der Notwendigkeit außerordentlicher Mittel bei außerordentlicher Lage, von der Hoffnung, dass Österreich, das ja die bayrischen Maßregeln missbilligt habe, die des Oberkommandanten bestätigen werde, dass ein Teil des Lehrpersonals den guten Ruf bei Klerus und Volk verloren, der Bischof die Liste der Neuernannten bestätigt habe; gefährliche Bücher seien zu entfernen. Die Namen der neuen Professoren, von denen manche gar keine wissenschaftliche Qualifikation besaßen, bei Probst a. a. O. p. 284. Auf Köck als Verf. des Hoferschen Studienerlasses deutet auch Purtscher.
2) Hofer soll gesagt haben: „Was? Herkulaner? Dann muss ein neuer Boden gelegt werden." Die Szene berichtet zwar nur die Schmähschrift des angebl. Malsiner, aber Giovanellis Angaben machen die Sache glaubhaft.
3) Es ist eine unwahre Legende, dass Giovanelli und Rapp Hofer in der Universitätssache geleitet haben. Rapp hat sich dagegen, was seine Person anlangt, in seinem Geschichtswerke verwahrt. Giovanelli verteidigt sich vor Dipauli: „Mit Unrecht legt Malsiner mir und Rapp die Verfassung des von ihm mitgeteilten Aufsatzes zur Last, welcher die von Hofer getroffene Studieneinrichtung enthält. Gerade ich und Rapp waren es, welche sich unter der Hand am meisten dieser neuen Einrichtung widersetzten, und wir hätten diese allerdings sehr tadelnswerte Einrichtung gewiss in ihrer Entstehung unterdrückt, wenn es möglich gewesen wäre. Ich kam zu spät nach Innsbruck, res non erat amplius integra. Daubrawik und Anderlan können darüber am besten Aufschluss geben," An seine Frau schreibt Giovanelli, 18. Okt.: „Sage dem Pradella, dass die Organisation der Universität wieder umgeworfen und neu geschaffen wird. Denn das erste Gebäude war ganz das Werk der Herkulaner, nun kamen die Anti-Herkulaner dazwischen und stellten dem Sandwirt die Notwendigkeit einer Änderung als eine Gewissenssache vor. Trotz der ersten Erledigung und der bereits erfolgten Zustellung der Dekrete wird also wieder eine Totalreform vorgenommen. Ich bin sehr froh, dass ich mich in diese Sache nicht eingemischt habe. Ich sah es voraus, dass eine babylonische Verwirrung aller Studiensachen entstehen muss, und fand keine Möglichkeit, dem Übel zu steuern." Bei Malsiner erscheint der Anwurf zuerst und ist wiederholt (auch noch von Egger III p. 699) nachgeschrieben worden.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.