666 - Sendung in die Schweiz


der Sicherheit verweist Hofer auf die Haftung der Gemeinden mit ihrem Vermögen, und diese vertröstet er mit dem von Hormayr im Namen des Kaisers gegebenen Versprechen, dass auch schlimmstenfalls die österreichische Regierung „Selbstzahlerin" sein werde. „Tiroler, liebe Landsleute," so sucht der Sandwirt die Herzen zu erweichen, „die wohltätigste Erfahrung von einem halben Jahrtausend bürgt euch für die ganz unerschütterliche Redlichkeit dieser guten, milden Regierung, deren ganz unermessliche innere Selbstkräfte auch bei dem mehrjährigen, mit so vielen unglücklichen Ereignissen standhaft ausgehaltenen Kampfe noch immer aufrecht geblieben sind und deren fortan wiederholte Verfassungen mit so unverkenntlich sichtbarer Hilfe Gottes in Bälde zur wirklichen Erfüllung kommen dürften." Aber mochte Hofers Ausschreiben noch so salbungsvoll predigen, der Erfolg blieb ihm bei diesem Darlehensgeschäft noch mehr versagt als seinem Vorgänger. Man bot zuletzt den Leuten noch Teilzahlungen an, sie wurden ebenso wenig geleistet als der ganze Betrag. 1)

In der schweren Aufliegenheit, in die man geraten war, lugte man nach allen Möglichkeiten aus, die eine Geldhilfe erwarten ließen. So tauchte im Kreise Hofers auch die Erinnerung auf, dass im Mai vom kaiserlichen Hofe Rimessen an Schweizer Firmen für die Tiroler gestellt worden waren. Es galt also einen Versuch zur Realisierung. Von seinem Branntweinhandel her war der Sandwirt mit dem Kaufmann Oberrauch in Wilten befreundet. Ihn und Lener gewann er, die gar nicht ungefährliche Reise zum österreichischen Gesandten Schraut in die Schweiz zu unternehmen. Nur mit einem Rekreditiv, aber nicht mit dem sehnlichst erwarteten Gelde kehrten die beiden Männer heimwärts. Die Rückreise fiel übrigens schon in eine Zeit, da Hofers Stern im Erbleichen war. 2)

Namentlich der Blick auf die Landesfinanzen lässt es begreifen, dass die Lage des Oberkommandanten keine beneidenswerte war. Von allen

1) Das Gericht Rattenberg war mit dem ganzen Betrag des forcierten Anlehens im Rückstand. Ein Erlass ermächtigt den Richter, sich mit einem Drittel (650 G.) zu begnügen, wenn es gleich gezahlt wird. Das benachbarte Gericht Rottenburg war eines der wenigen Gerichte, welche die ganze Quote erlegten. Die auf dasselbe entfallende betrug 1800 G. Nur für Schlitters fehlten noch 160 G., diese wurden nachgesehen. Akt. d. Ger. in M. St.
2) Schrauts Rekreditiv an Hofer, Bern 20. Okt. Cop. in M. St. Auch Schrauts Sekretär Lichtenthurn gab einen Brief für Hofer mit (20. Okt.), worin er sich mit der Person Senns beschäftigt: „Für Herrn Senn habe ich einige Befürchtung. Ich erhielt zwar Briefe von ihm aus Engadin, wo er mir seine aus Missverständnis herbeigeführte Lage schildert. Nun rief ich ihn zu mir nach Bern und erwarte ihn seit vier Wochen. Er kam nicht. Dabei höre ich, dass die Schweiz auf Befehl Napoleons Verhaftungen vornahm. Es wäre möglich, dass auch Senn eingezogen wurde, wenn er noch in Engadin war. Auf jeden Fall werde ich suchen, ihm nützlich zu sein." Lichtenthurn beglückwünschte Hofer zur Wahl Oberrauchs, der beim Handelshause Zellweger gut angeschrieben sei. „Ich kenne ihn schon lang als einen Mann, der Kopf und Herz am rechten Fleck hat," Gust. Steiner p. 349.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 666

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.