696 - Preysings Angebot
meinte er auch unter anderem, es müsse wohl auch bei ihnen draußen noch so kommen wie in Tirol, wo man jetzt die Herren nichts mehr gelten lasse, weil sie alles ruiniert haben. Darauf begab er sich mit ihnen zu ihren Fuhrwerken, die er mit Kennerblick abschätzte: Für jedes Pferd 70, für jeden Wagen 40 G. Lösegeld, dann könne der Austausch der Bayern gegen Tiroler erfolgen. Mit einem Brief an den König erhielten sie die Erlaubnis zur Abreise. 1) In Miesbach erbaten sie sich ein Empfehlungsschreiben des Landrichters Graf Preysing und begaben sich dann nach München. Preysing erhielt die Erlaubnis des Königs, mit dem Sandwirt in Unterhandlung zu treten. 2) Und nun entspann sich zwischen beiden eine kurze Korrespondenz. Der Graf erklärte die Bereitwilligkeit, gegen die Miesbacher ebenso viele Tiroler freizugeben, am 1. September sollte die Auswechslung erfolgen. 3) Das sei, so Hess er Hofer merken, ein Akt seltener Großmut, „weil doch ein Unterschied ist zwischen ruhigen Bürgern, welche die Tiroler, und den Aufständischen, welche die Bayern gefangen haben". Das Verlangen nach Geld für Ross und Wagen schlug Preysing ab. „Denn dies ist Privateigentum, und ein solches Recht darf nicht verletzt werden, wenn noch ein Unterschied zwischen Recht und Unrecht auf der Welt bestehen soll." Er habe von Hofers Denkungsart Löbliches gehört und lebe deshalb der Hoffnung, dass das Privatgut der Miesbacher ohne Ersatz restituiert und damit der Ruf von der Rechtlichkeit des Oberkommandanten bestätigt wird. „Wir alle stehen in Gottes Hand, Reiche verschwinden, Menschen sterben; was heute im Glücksrad oben ist, kann morgen unten sein. Nur die Vergangenheit ist gewiss, das Künftige uns verborgen. Aber eine große und edle Handlung hat immer ihren Wert." Hofer möge nicht vergessen, dass jeder einst Rechenschaft zu geben hat über alles, was er getan. Zwei freigelassene Tiroler 4) überbrachten diesen Appell an das Gewissen nach Innsbruck. Die vom Grafen gewünschte Wirkung hatte seine Moralpredigt nicht. In der Hofburg drehte man den Spieß um und sandte folgende Antwort: Man respektiere des Herrn Schreiben vollkommen, aber mit dem Wunsch, dass die von ihm angeführten sittlichen Grundsätze auch von den Bayern selbst beobachtet worden wären. Herr Graf, so sagt Hofers Schreiben, sollten mit eigenen Augen sehen, was die Bayern in unserem Lande angerichtet
1) Hofer an den König, 2l. Aug. (M. St.). Er trägt den Austausch an. „Auch hofft man, dass unsere Landsleute bis zur Auswechslung gut behandelt werden, und dass man sie ebenso behandle wie die Gefangenen hier behandelt werden. Womit man sich an Seine Majestät gehorsamst empfiehlt. Andr. Hofer, Oberkommandant in Diroll."
2) Der König beauftragte Preysing, die Auswechslung zu einem „Vorpostengeschäft" zu machen,
3) Preysing an Hofer, 27. Aug.
4) Andr. Niederhofer, Müller von Jenbach, und Georg Kaltschmid von Brixlegg.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.