710 - Sieberer und Eisenstecken


Endlich erreichten sie glücklich Pustertal, am 29. fuhren sie in Innsbruck ein. Sie kamen mit der Überzeugung, ihrem Volke wahre Freudensboten zu sein. Deshalb vermochten sie ihren Mund nicht geschlossen zu halten, bis sie die Hofburg betraten, sondern zeigten schon auf der Reise, sobald sie nur einmal heimatlichen Boden unter den Füssen gewahrten, das für Hofer bestimmte Geschenk und machten große Worte. 1) Aus demselben Grund erhofften sie sich auch beim Oberkommandanten nichts anderes denn gute Aufnahme. Da gab es jedoch im ersten Augenblick eine Enttäuschung. Allzu oft war über jene, die mit Buol außer Land gegangen waren, als über Fahnenflüchtige und Verräter losgezogen worden, als dass beim ersten Anblicke solcher Hofers Gesicht nicht Falten gezogen hätte. 2) Nicht gern ließ er sie vor und der Empfang war frostig. 3) Aber wie hätte ein Hofer bei dem, was die kaiserlichen Boten auszurichten und zu übergeben hatten, kalt bleiben können! Rasch verzogen sich die unfreundlichen Wolken, als Sieberer und Eisenstecken Kette und Dukaten überreichten, vom Kaiser und vom Erzherzog zu erzählen begannen. Vor wenig Stunden hatte Völderndorff aus München die Nachricht vom baldigen Frieden gebracht; die zwei Tiroler meldeten, der Kaiser nehme den Krieg wieder auf, Tirol, das der Hormayr bei ihm verleumdet habe, wolle er reichlich unterstützen und habe nun selbst nach England um Geld geschickt für das treue, arme Land. 4) War doch die Kette der klare Beweis für die allerhöchste Zufriedenheit, und das gleißende Gold

1) Bartlmä Guggenberg schreibt aus Niedervintl an Martin Schenk, 29. Sept. (M. St.): „Gestern waren Eisenstecken und Sieberer bei mir, zeigten ein Schreiben des Kaisers und die Medaille samt Kette für Hofer im Wert von 900 G. und sagten, dass sie 6000 G. in Dukaten für das Land bei sich hätten, bald werde eine große Summe nachfolgen, auch der Erzherzog werde möglichst bald kommen."
2) Als Purtscher dem heimgekehrten Aschbacher das Dekret zum Hauptmann ausstellte, wollte Hofer es nicht bestätigen. A. W.
3) Unrichtig ist Stafflers Angabe (Tir. u. Vorarlb. III, 878), wonach sie überhaupt nicht vorgelassen worden seien.
4) Gemeint ist die Reise Müllers und Schennachers nach London, worüber ich gelegentlich an anderer Stelle handeln werde. Das Resultat dieser Reise fällt außer dem Rahmen einer Geschichte des Aufstandes. Dass Sieberer von dieser englischen Mission sprach, wird mehrfach bezeugt. Ein Innsbrucker Brief v. 29. Sept. (Mém. de Mais.) erzählt: „Eisenstecken ist eben vom Hof des Kaisers gekommen und berichtet allerlei. Tirol war bei Österreich lange so verleumdet, dass es viel brauchte, um den Argwohn zu tilgen. Die Ursache waren Buol und Hormayr, welche miteinander dem Kaiser eine verdammte Schrift von 32 Bogen übergaben. Als der englische Gesandte hörte, dass die Tiroler kein Geld haben, rief er aus: „Was, die tapfern Tiroler sollen an Geld leiden? Wir wollten sie oft unterstützen, aber es hieß immer, sie haben keine Not." Sogleich wurden der Vorarlberger und ein Pusterer (!) abgeschickt nach England, um 9 Millionen zu holen. „Hormayr, Schmidt, Chasteler, Buol und andere Generäle stehen in Verantwortung, Leiningen lacht sich in die Faust. Von den durch Hormayr aufgeliehenen Geldern hat der Kaiser nichts gewusst." — Man sieht, wie sich die Fama der Sache gleich bemächtigte.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 710

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.