726 – Saalfelden


entgegenstürzen. Und da ist nun der Moment gekommen, wo auch ein Speckbacher über das trostlose Elend erschaudert. Er allein kann nichts richten, er bedarf der Genossen. Die aber sind bereits gefallen oder nach allen Winden zerstreut. Unbekannt mit dem Schicksal seines Kindes, muss er verzichten, das Vaterrecht zu erfüllen, er ist verlassen. Tatsächlich war Anderl gefangen, großherzig sorgte der König für den jugendlichen Kämpfer an Vatersstelle.

Da, wo der Mann von Rinn vor drei Wochen seinen größten Triumph feierte, erlebte er seinen schwärzesten Tag. Dieses Gefecht bei Melleck, so notierte er, sei ihm am schwersten gefallen, 300 Mann seien verloren, 1) dazu sein Sohn; er selbst schon in Feindeshand, habe sich durch gewaltige Gegenwehr frei gemacht, aber durch die vielen Kolbenschläge Schaden gelitten für sein Lebtag. Auch die Tiroler am Bodenbüchel wurden gefangen und zerstreut. 2) Von Lofer aus, wohin die Bayern noch am selben Tage vorrückten, meldete der Kronprinz seinem königlichen Vater: „Der Anfang unseres Unternehmens gegen Tirol war sehr glücklich. Die Operation hat General Rechberg entworfen und vortrefflich ausgeführt, ich empfehle ihn zum Max Josef-Orden. Unter den Gefallenen ist auch Speckbacher. Die Gefangenen zeigen große Reue; man sieht, dass sie nur gezwungen mittaten." 3)

Der Eingang durch den Strub war den Bayern geöffnet. Dagegen waren die Pässe Luftenstein und Hirschbüchel noch besetzt, Wallner stand mit seinen Pinzgauern, zum Widerstand entschlossen, in Weissbach. Der Kolonne Ströhl ward die Räumung des Saalachtales nach Saalfelden hin übertragen. Eine andere Kolonne (Oberst Aubert) näherte sich von Berchtesgaden dem Hirschbüchel. Die Bauern hielten nicht stand. Erst im Wirtsfeld beim Gasthof Fronwies und hinter aufgeworfenen Schanzwerken bei den sogenannten Hohlwegen stellte sich eine schnell zusammengerufene Stürmermasse. Während eines lebhaften Geplänkels setzten Granatschüsse das Wirtshaus in Brand, 4) aber das Vordringen durch die Schlucht, deren Weg mit Felstrümmern verlegt war, drohte noch schwere Opfer zu fordern. Der in Saalfelden bestehenden Schutzdeputation war das Ereignis vor Melleck schon bekannt, sie sah in fortgesetztem Widerstand nur noch eine schwere Gefährdung des Marktfleckens.

1) So viel waren Tote, 400 wurden gefangen. Diese Zahlen gibt auch Prinz Ludwig an. Die Bayern verloren nicht zehn Mann.
2) Üb. d. wilde Flucht der Tiroler erzählt Werenspacher a. a. O. Er berichtet auch über grausame Gewaltakte der Soldaten: „Auf meinem Wege von Unken nach Lofer zählte ich 20 Tote, meist Zillertaler, auch ein 15 jähriges Mädchen aus Lofer. Der Kronprinz selbst ließ viele Exzedenten arretieren, aber es half nichts."
3) Ludwig an den König 17. Okt. M. St.
4) Der Wirt Joh. Wurzenrainer berechnete einen Schaden von 16 000 G.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 726

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.