729 - Roschmanns Ankunft


zu retten. General Rechberg fand Gerlos bereits unbesetzt, am 22. rückten schon 120 bayrische Reiter unter Oberst Dietz in Zell ein.

Vor Rattenberg ist es zu einem Kampfe nicht mehr gekommen. Als Danei und Firler in der Nacht des 21. die Vorposten visitierten — Speckbacher wird hier gar nicht genannt — so kamen Leute dahergelaufen mit dem Geschrei, die Bayern kommen durch die Wildschönau. Der Ruf genügte, um alles in regelloser Flucht sich zerstreuen zu lassen. Auch die Führer wurden mit fortgerissen, nur Straub blieb noch mit einem Haufen am Zillerfluss. Wie in einem schon beruhigten Lande setzten die bayrischen Divisionen ihren Marsch fort, gemächlich und behutsam. Von Racheakten im Inntal verlautet nichts. Lieferten die Gemeinden Geiseln und Waffen, so ließ man es bewenden. Fehlte es aber an diesen Vorbedingungen, dann folgte allerdings, wie in Brandenberg und Steinberg, strenge „Exekution". 1) Am 22. streiften bayrische Reiter bis gegen Schwaz.

Die Vorgänge im Nordosten Tirols haben den nach Tirol wandernden Armeekommissär Roschmann unsern Blicken entzogen. Ohne von dem ihm nachgesandten Kurier Plangger erreicht zu werden, traf er am 10. in Lienz ein. In der Tracht eines windischen Bauers hatte er die französischen Linien passiert. 2) Sein Vorläufer Nessing gelangte mit dem Gelde schon am 9. nach Bozen, um es im Hause Giovanelli zu hinterlegen. Viel Barvorrat, so verbreitete er, habe er mitbekommen; für Tirol sei, gebe es nun Krieg oder Frieden, aufs beste gesorgt. 3) Wer hätte solches nicht gern vernommen? Wieder gab es einen kleinen Festtag in der Hofburg. Jauchzend stürzte ein Bauer in Hofers Gemach mit dem Rufe: Nun sind wir erlöst, der Kaiser ist gekommen! Mensch, herrschte ihn der Sandwirt an, bist du von Sinnen? Beileibe nicht, lautete die Entgegnung, ich hab' ihn schon da; und damit überreichte er einen schon geöffneten Brief, worin Roschmann seine Ankunft meldete und Hofer zu einer Unterredung nach Sterzing einlud. Diese Kunde löste im Kreise der um Hofer versammelten Bauern hellen Jubel aus. Unter der Bürgerschaft war die Verwunderung grösser als die Freude. 4)

1) Aufzeichnungen eines Bauers in Achental zum 21. Okt.
2) Nach Dipauli war Roschmann begleitet von Okt. Anton Petter (später Kreishauptmann in Bozen.)
3) Hepperger a. a. O. Giovanelli d. j. schreibt 1835: „Mein Vater war im Herbst 1809 vom Kaiser als derjenige bezeichnet, welcher die auf geheimen Wegen zur Unterstützung der Landesverteidigung nach Tirol bestimmten Gelder in Empfang nehmen und zur Verfügung Roschmanns bereit halten sollte." Er spricht hier von „mehreren Posten, die durch vertraute Leute geschickt wurden". A. G.
4) Pusch notiert zum 14. Okt.: „Mit großer Verwunderung hört man, dass Roschmann in Sterzing sein soll, während es doch heißt, dass Friede geschlossen ist." Alois Röggl notiert in seinen Aufzeichnungen (Arch. d. Stiftes Wilten) zum 21. Oktober: „Kommt in Innsbruck der Kommissär Roschmann an, dessen Ankunft wieder den Leuten die Köpfe verrückte."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 729

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.