748 - Hofers Schwanken


konnte das kindlich gläubige, lenkbare Gemüt des Oberkommandanten nicht standhalten. Freilich umgaben ihn auch ruhig denkende Männer wie Stolz und Wörndle, aber der Kapuziner nahm ihn völlig in Beschlag. Soviel erreichte Haspinger sogleich, dass Hofer vom Gange zum Kronprinzen abstand. Um ihn von der einladenden Nähe Innsbrucks zu entfernen, bewog ihn der Rotbart, sein Quartier nach Matrei zurückzuverlegen. Nur intransigente Elemente begleiteten ihn, die dem Frieden Zugänglichen blieben in Schönberg zurück.

Der Sandwirt war noch im Zustande des Wankens und Zweifelns. Eine Entscheidung nach eigenem Ermessen zu treffen, wagte er nicht. Nur mit anderen wollte er die schwere Verantwortung tragen. Hierzu erinnerte er sich der ständisch kollegialen Form der Beratung, die er schon in Innsbruck hatte ins Leben rufen wollen. Ein Auskunftsmittel freilich, das gegenüber einem herandrohenden, feindlichen Heere von vornherein sehr fragwürdiger Natur war. Seine Boten, darunter der getreue Holzknecht, gingen in die Gerichte südlich vom Brenner und forderten von jedem die Entsendung von Vertrauensmännern. 1) Mit militärischer Genauigkeit vollzogen einzelne Bezirke die Delegierung. Bis aber ihre Abgeordneten den Sandwirt trafen, waren schon weittragende Beschlüsse gefasst worden. 2)

1) Ein dadurch veranlasstes Ausschreiben des Landrichters Hussl sagt (30. Okt.): „Heute erschien Joh. Holzknecht als Abgeordneter Hofers mit wichtigen Mitteilungen. Der öst Kaiser war gezwungen, Tirol preiszugeben, aber er empfahl es der Großmut Napoleons. Dieser wird uns entweder mit Italien vereinigen oder dem Land einen eigenen Herrscher geben. Vielleicht bekommen wir den E. Ferdinand. Hofer fordert, dass sogleich die Gerichtsausschüsse zwei Männer wählen, welche sich zu ihm nach Steinach begeben, um mit ihm zu beraten." J. M.
2) Hofer schreibt an Morandell 1. Nov., bisher seien erst Abgeordnete von Brixen gekommen, diese hätten ihm alles freigestellt, nur bayrisch wollten sie nicht werden. Am 1. Nov. reisten 4 Vertreter von Meran nach Steinach: Landrichter v. Mörl, Kelleramtsverwalter Strobl, Thurner von Schenna und Mösl-Stallele. Mém. de Mais. Danei meint, die Berufung sei auf Giovanellis Rat erfolgt.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 748

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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