749 - Hofer in Matrei


Im Laufe des 30. füllte sich das nunmehrige Quartier Hofers, Matrei, mit Leuten. Aus den vorgeschobenen Abteilungen und Vorposten kamen Hauptleute, um sich über die ihnen gewordene Beruhigungsordre des näheren zu erkundigen. Andere wieder trieb die Neugierde herbei, sie wollten an erster Quelle erfahren, was sie von den umlaufenden Gerüchten zu halten hätten. Zu jener Gruppe zählte Sieberer, der von Speckbachers Flügel kam; zu dieser einer der Brüder Hochrainer von Sterzing. Auch Wörndle und Stolz fuhren nach Matrei, da sie von der Einwirkung der jetzigen Umgebung auf Hofer nichts Gutes ahnten. Was sich ihren Augen darbot, gab ihren Befürchtungen nur zu sehr recht. Im Gasthof zum Lamm, wo Hofer wohnte, drängte sich eine leidenschaftlich erregte Menge. Schon kam einer an, der wie kein zweiter sich eignete, gemeinsam mit Haspinger den Sandwirt in die Mitte zu nehmen, es war Kolb. 1) Als Hochrainer das Wirtshaus betrat, hörte er von nichts anderem reden als vom Vertreiben der Bayern. Bis in Hofers Gemach vordringend, sah er noch eine Kollektion von Exemplaren des Friedensaufrufes dort liegen. Wie er nach einem langte, machten sich sogleich mehrere Hände daran, die verhassten Schriftstücke zu beseitigen. Nicht jeder von den Anhängern der friedlichen Richtung war so glücklich, bis zum Oberkommandanten zu gelangen. Man soll ihnen absichtlich den Zugang verlegt haben. Sieberer, welcher erst vor ein paar Tagen bei einem Besuche Hofers in der Schupfen durch besondere Beweise des Vertrauens geehrt worden war, konnte jetzt nur wenige Worte mit ihm wechseln, hörte aber dafür aus dem lärmenden Chorus Redensarten von republikanischer Freiheit und albernes Zeug, wie von der Vorhersagung eines jüngst verstorbenen Geistlichen, der für den Allerheiligentag einen glänzenden Sieg verkündet habe. Wörndle bekam den Sandwirt gar nicht zu Gesicht, sein Begleiter Stolz zwang sich zu ihm durch, traf ihn aber in einem Zustand des Weinrausches. 2) Gleichwohl suchte er mit ihm ein vernünftiges Wort zu reden. Hofer möge, so stellte er ihm vor, doch nicht meinen, dass der Erzherzog zu Hilfe komme. Des Sandwirts Antwort soll gelautet haben: „Ich glaube es doch, wir sind die Gläubigen und ihr seid die Ungläubigen."

Auch Türk, nicht weniger unglücklich über den Unterwerfungsgedanken wie Kolb und Haspinger, war vom Pustertal herbeigeeilt. In

1) Über die Haltung eines dritten, Danei, gehen die Überlieferungen auseinander. Stolz hat an Dipauli berichtet, Danei sei bis zum 1. Nov. für Fortsetzung des Krieges gewesen. Dagegen erzählt eine Aufzeichnung, die von Matthias Delama stammt (A. G.), Danei sei, als Wörndle am 29. in Mutters den Frieden verkündete, sogleich in die Versammlung der Hauptleute am Isel getreten und habe die Niederlegung der Waffen gefordert. Da sei Haspinger zornig dazwischengefahren und habe Danei beschimpft, der sich mit verhaltenem Grimm zurückzog.
2) Stolz versicherte, Hofer sei berauscht worden, da ihm seine Umgebung Branntwein in den Wein mischte.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 749

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.