764 - Reise der Friedensboten
blies das erlöschende Feuer mit seinen Trugbildern und Lügen an. Er fabelt von neuen Siegen, von der Ohnmacht der Feinde, von Visionen, die ihm geworden. Freilich, wo er, wie in Sillian, mit dem verständigen Steger zusammentrifft, muss er kleinlaut beigeben. Aber nie geschieht es aufrichtig, im nächsten Augenblick reißt er aus, lässt wieder Sturm läuten und beschwätzt die Leute. Im Haupttale zwar gelang es Steger, manchmal mit Gefahr des Lebens, die Bewegung noch ein paar Tage niederzuhalten, desto mehr gärte es in den Seitentälern, in Taufers, Virgen und Windischmatrei, wo Wallner und Panzl gegen die abmahnenden Worte des Dechants und des Pflegers das Volk bearbeiteten. 1) So konnten Danei und Sieberer das obere Pustertal noch unaufgehalten durcheilen. Am 4. trafen sie Rusca schon in Niederdorf. Nicht eine Minute, erklärte ihnen der General, lasse er sich aufhalten, jeden Widerstand wolle er mit Blut und Feuer unterdrücken. Danei musste darüber sogleich an Hofer berichten. Rusca setzte ein paar freundliche Worte bei, wo er den Sandwirt einlud, sich zu stellen. Battig wurde mit diesem Brief nach Steinach zurückgeschickt. Ohne weitern Aufenthalt ging die Reise der beiden nach Villach, das sie am Abend des 5. erreichten. Beauharnais empfing sie gnädig und nahm den Unterwerfungsakt gern entgegen. Danei wälzte die Schuld der letzten Kämpfe auf das aufreizende Getriebe Roschmanns. Bayerns Verfassungsbruch und seine Kirchenverfolgung, die Aufstachelungen Österreichs, unter dem sich das Land glücklich befunden, das habe die Tiroler bewogen, gegen die unüberwindliche Nation zu den Waffen zu greifen. Teilnahmsvoll fragte der Vizekönig, was das Land für Klagen habe. Der Priester entgegnete, darüber könnten eigene Abgeordnete, für die man Pässe gewähren sollte, Auskunft geben. Die ganze Verhandlung spielte sich ab im Tone geselliger Unterhaltung. Als Danei sich erlaubte, über Lefebres missglücktes Debüt in Tirol Witze zu machen, erweckte er bei der versammelten Generalität eine Heiterkeit, die ihm sagte, dass man dem Marschall die Schlappen wohl gönne. Am nächsten Tage empfingen sie die angedeuteten Pässe und ein freundliches Schreiben Eugens an ihre Landsleute. Mit einem teilnahmsvollen Gruß an Hofer, „den braven Mann", wurden sie entlassen. Nur eines war nicht zu erreichen gewesen: Sieberer musste seine Botschaft an Kaiser Franz unbestellt lassen. Die Weiterreise ward ihm untersagt; für ihn, hieß es, gebe es jetzt nur eine Pflicht, das Werk der Beruhigung vollenden helfen.
In froher Stimmung verließen die Gesandten Villach. Wie kurz sollte sie währen! Sie gelangten noch nicht bis zur Grenze, als sie zu ihrem Schrecken hörten, alles sei wieder auf, der Sandwirt habe losgeschlagen. Während ihres Ausseins waren die Franzosen bis Bruneck gekommen. Mit schweren
1) Üb. W. Matrei das Diarium des Richters Kienberger in M. K.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
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