781 - Scheinbare Ruhe
Graf Tannenberg und Roger Schranzhofer durften aus dem ihnen auferlegten Exil heimkehren. Als eine Wohltat spürte man es, dass Drouet einer Schar Juden, die abermals im Gefolge der Truppen hereingekommen waren, um gestohlene Gegenstände „zu vermäkeln", den Ausweisungsbefehl erteilte. 1) Nicht beruhigend klang, was man über das Schicksal der Landeshochschule munkelte. Drouet hatte die Vertretung der Universität bei ihrer Vorstellung so unfreundlich empfangen, dass sich die Professoren entschlossen, eine Verteidigungsschrift zu übergeben. Und bald war es kein Geheimnis mehr, dass der Fortbestand der Hochschule in Innsbruck von der Aufrechthaltung der Integrität des Landes abhängen werde. 2)
Die Verbindung zwischen dem Korps Baraguays und Drouets vollzog sich noch vor Mitte November. Am 10. stand General Beckers auf dem Brenner. Eine Abordnung aus Sterzing lud ihn des folgenden Tages in die Stadt, wo noch eine Rotte unter dem Schlagwort, nach bayrisch Gesinnten zu fahnden, die Einwohner beschwerte. 3) Beim Erscheinen der Bayern verloren sich die Unruhestifter in Sterzing, ohne Missgeschick passierte eine Kompagnie das Eisacktal bis Brixen.
Bei der Volkserhebung verhielt es sich wie bei der aufgepeitschten Meeresflut. Hat sich auch der Sturm gelegt, so branden noch die Wogen von einem Ufer zum anderen, bis sie sich endlich glätten. War ein Gau beruhigt, so flammte es noch in einem ändern auf, um den Ausbruch, wenn hier gedämpft, wieder in einen ändern überspringen zu lassen. Für das Land südlich vom Brenner schien mit Hofers Abdikation und mit dem Fall der Mühlbacher Klause der Aufstand beendet zu sein. Der Pfleger von Windischmatrei widmet in seinem Journal dem 13. November die Worte: „Bei uns ist alles ruhig, man beginnt, an den geschlossenen Frieden zu glauben." Das Gericht Taufers entsandte am 10. zwei Männer nach Lienz, um Gewissheit über die Lage zu gewinnen. Sie brachten zurück, von den Österreichern sei nichts zu sehen, der Vizekönig sei wirklich in Villach; in Lienz und Sillian lägen Tausende von Franzosen; der Brückenbaumeister Kink sei vom Kaiser Franz mit einem offenen Brief zurückgekommen, wonach Österreich für Tirol nichts mehr tun könne und der Kaiser erklärt habe, dass er keinen Tiroler mehr empfangen könne, Hofer habe sich unterworfen und im Namen des Landes Abbitte geleistet. Darauf erklärt geistliche und weltliche Obrigkeit von Taufers und Mühlwald, für die Ruhe eintreten zu wollen. 4) Daneis erfolgreiche Tätigkeit konnten wir verfolgen von Passeier bis unmittelbar vor Bozen. Er verdiente wahrlich nicht den rauhen Empfang
1) Gedr. Befehl von Drouets Stabschef Royer v. 17. Nov.
2) Probst a. a. O. p. 285 ff.
3) Hochrainer a. a. O.
4) Ger. Akt. Bruneck a. a. O.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.