787 - Kampf bei Riffian
für Meran und ließ einen Teil der in Brixen und Sterzing liegenden Garnison den Marsch über den Jaufen antreten.
Von jenen Massen, wie sie Hofers Laufzettel im Mai und August aus dem Boden gezaubert, war wenig mehr zu sehen. So mancher seiner vertrautesten Freunde, wie Purtscher, blieben zu Hause trotz wiederholten Aufrufes oder machten sich unsichtbar wie der Widumsbaumann Flarer, um den Insulten Rasender zu entgehen. Dafür widmete diesem ein Ausschreiben Hofers die Worte: „Dem Baumann auf Tirol ist als einem Widersacher nicht zu glauben." Es war daher keine imposante Zahl, die auf Ruscas Kolonne zwischen Kuens und Riffian wartete, nur drei Kompagnien unter Johann und Peter Hofer und Andreas Ilmer. Sie erwiesen sich jedoch als tollkühn und geschult. Eine kräftige Beschießung verlegte den Franzosen den Weg ins Dorf Riffian, und ein gelungenes Manöver lockte sie in die Schlucht des Finelebaches, wo die gutgezielten Tiroler Geschosse unter ihnen ebenso arge Verheerung anrichteten wie auf dem „Praitenacker" unter Kuens. Es blieb nichts übrig, als unter beträchtlichem Verlust den Rückweg nach Meran einzuschlagen. Von den nahen Höhen hatten die Ortsleute dem blutigen Theater zugesehen. Was sie da schauten, erinnerte an die schönsten der vergangenen Kämpfe. Namentlich die Jungmannschaft ließ sich nicht mehr zurückhalten. Schon beobachteten die abziehenden Franzosen, wie sich in Schenna alles zum Schlagen richtete. Grund genug für sie, den Marsch in die Stadt zu beschleunigen, von der sie 10 Uhr vormittags ausgezogen waren und die sie, vom Kiechlberg herabsteigend, um 2 Uhr erreichten. Noch mehr als die ausgestreuten Proklamationen zündete der augenscheinliche Erfolg der Handvoll tapferer Passeirer. Warnende Stimmen galten nichts mehr. Als Pfarrer Schnitzer und Trogmann nach Schenna eilten und besänftigen wollten, ernteten sie nur anzügliche Reden und mussten sehen, wie sie mit heiler Haut davonkamen. Ein Bote Hofers brachte in das bisher ruhige Mais die kitzelnde Frage, ob es denn da noch Männer gebe. Der Dorfmeister ließ zurücksagen, man sei bisher in der Klemme gewesen, aber hinter dem Beispiel der andern Gemeinden werde man nicht zurückbleiben.
Der nächste Tag (15.) brachte der Landschaft etschaufwärts ein ähnliches Schauspiel. Rusca führte einen Vorstoß nach Vintschgau aus, um von einem Zuzug gegen Meran abzuschrecken. Er stieß auf solche Massen, dass er noch vor Abend vom Unternehmen abstand.
Hofer hatte bisher in seinem Hause geweilt, am 15. verlegte er, nachdem er den siegreichen Empfang des Feindes vor Riffian vernommen, sein Quartier nach Saltaus. Es war recht eigentlich ein „schreibendes" Quartier. Unermüdlich wurden Kurrenden geschmiedet. Bei aller Leidenschaftlichkeit des aufrufenden Befehles klingt in ihnen mitunter ein Wehmutston über des Führers eigene Lage durch. So spricht er die Vintschgauer
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.