790 - Ruscas Abzug
wuchtigen Schlage aus. Der strömende Regen macht das Schiessen unmöglich. Mit geschwungenem Gewehr werfen sie sich auf den Feind und treiben ihn unaufhaltsam vom Kiechlberg zu Tal. 1)
Es war eine Iselbergschlacht kleineren Stiles. Rusca sah sich in der Stadt umzingelt. Schwere Verluste hatte ihm dieser Tag gebracht. Hunderte waren gefallen oder verwundet. Auch auf Tiroler Seite kostete es wohl über hundert. Der General beschloss, im nächtlichen Dunkel nach Bozen abzuziehen. Hinter ihm füllte sich die Stadt mit den von allen Seiten eindringenden Bauern. Berauscht von dem Siege wie von dem reichlich genossenen Wein waren sie aufgelegt zu Ausschreitungen. Namentlich bekam dies jener Pedroni, den Hofer ausgewiesen hatte und der mit den Franzosen zurückgekehrt war, übel zu verspüren. Nur die eifrige Intervention der Kapuziner dämmte die Wut der Übermütigen etwas ein. Der General genoss keines ruhigen Nachtmarsches. Ein Teil der Landstürmer erinnerte sich der Aufgabe, die schon Haspingers Flügel zugedacht gewesen. Dem Feinde vorauseilend gruben sie vor Burgstall die Strasse ab. Wie nun Rusca den Fuß des Simmichkopfes passieren wollte, sah er sich am Mörderbühel aufgehalten. Kugeln flogen in seine Reihen, noch einmal vernahmen die Fremden das Gepolter herabstürzender Felstrümmer. Mit Fuhrmannswinden hatten die Bauern die bereits in die Erde gefrornen Steine herausgearbeitet und zu Lawinenmauern geschichtet. Ganze Bataillone verwarfen die Waffen, um dem nächtlichen Todesschrecken zu enteilen. Selbst eine Kanone und Munitionswagen mussten zurückgelassen werden. Unkundig der Wege, von der Strasse versprengt, geriet ein Teil der Mannschaft bei der Dunkelheit in bäuerliche Gefangenschaft. Übel zugerichtet, über 100 Verwundete auf Karren mitführend, hielt Ruscas Division erst gegen Mittag des 17. ihren Einzug in Bozen. 2) Frische Sturmwellen ergossen sich während des Tages von Meran durch das Etschgelände bis Terlan, während die Passeirer über die Höhen von Mölten und Vöran sich ausbreiteten. Der ganze deutsche Boden, so erscholl es durch die siegbewussten Schwärme, muss geräumt werden. 3) Vorsicht und guter Wachtdienst war nicht ihre starke Seite. Dem war es zuzuschreiben, dass einzelne ihrer Abteilungen von den aus Morizing bald wieder vorbrechenden feindlichen Reitern überrascht wurden und so manchen Kameraden einbüssten. Das hätte sie aber in der Annäherung gegen den
1) Die einheimischen Überlieferungen führen über die Darstellungen bei Völderndorff II, 421 ff. und Schneidawind (der Krieg Öst.s.) III, 264 ff. nicht weit hinaus. Danei, nicht Augenzeuge, bietet wenig. Ausführlicher sind die Mém. de Mais. Kleine Notizen bei Joh. Hofer a. a. O. und in Jos. Ladurners Aufzeichnungen (J. M.) Vgl. M. Kiem, Tirolensien IV. 185 ff. Auch Mém. et Corr. du Prince Eugène p. Du Casse VI, 228 ff.
2) Hepperger a. a. O.
3) Mém. de Mais.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.