791 - Neue Gefahr
Feind in Bozen schwerlich aufgehalten. Eine ganz unerwartete Meldung rief sie zurück. Franzosen, hieß es, seien in Passeier selbst erschienen.
Die Passeirer hatten sich am 16. mit Rusca bei Meran geschlagen, ohne Ahnung, dass ihrem eigenen Tale feindlicher Besuch von der Jaufenseite drohe. Zur Erleichterung der Expedition Ruscas hatten 1200 Mann den Befehl erhalten, den Jaufen von Sterzing aus zu übersteigen. Zu spät, um in das Gefecht am Kiechlberg einzugreifen, legten sie die Tour erst am 17. zurück. Der auf dem Passe wachende Posten war viel zu schwach, um sie aufzuhalten, aber ungesäumt alarmierte er das Tal. Was blieb übrig, als alle, die da ausgezogen waren, heimzurufen?
Der Sandwirt selbst zeigte sich abgespannt und unsicher. Über Saltaus scheint er trotz Ruscas Abzug nicht vorgegangen zu sein. Es muss auffallen, dass er in seinen Ausschreiben, deren fast jeder Tag welche brachte, des Kampfes am Kiechlberg keine Erwähnung macht. Ein buntes Allerlei ist es, womit er die Sendbriefe nun ausfüllt. Er erzählt darin, wie „Expressen" und Verordnete aus verschiedenen Landesteilen, von Nauders, aus dem Etsch- und Pustertal, aus dem obern und untern Inntal mit Fragen und Nachrichten auf ihn einstürmten, wohl auch mit der Zusage „alles zu tun, was einem rechtschaffenen Tiroler zukommt". In einem Atemzug warnt er vor „Landverderbern", die man dingfest machen soll, und verspricht »Religion und Vaterland zu retten", wozu man ihn von vielen Orten her ersucht habe. „Einige denken nur an Hab und Gut, aber Religion und junge Menschen dem Teufel vorwerfen, denket Niemand nicht, wann Alte fortgenommen werden." Wohl habe Imst und Nassereit kapituliert, „aber das gemeine Volk sagt nicht Ja dazu". So sei es im ganzen Land. Pustertal, wo nur geringe Besatzungen, werde sich selbst befreien, „das haben sie mir auf die Hand versprochen". „Gott wirkt mit uns, warum sollen wir nicht streiten und fechten um Himmel und Vaterland?" „Jetzt liebe Brüder sehet es und wisset Alles wie ich." Leute aus Oberinntal haben ihn vergewissert, dass „sie dort alle Kräfte wagen, den Feind zu schlagen, indem er ganz zerteilt ist". Eben von dort hört er, dass die österreichischen Truppen wirklich im Anzug seien. 1) Zwischenhinein erscheint dann wieder eine Stelle: „Wenn die guten Patrioten die Sache noch nicht verstehen wollen, so wird es ihnen ergehen, wie es mir gegangen ist; hätte ich nicht freiwillig mitgewirkt, so hätten sie mir warmes Blei angetragen, und so wird es jedem gehen, der nicht mit der guten Sache halten will. Also tut ihr, was ihr nur könnt, damit
1) Dieses Gerücht verzeichnen auch die Mém. de Mais zum 22. Nov. und Hauptmann Simonis a. a. O. Rechtschreibung behutsam angepasst.
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