835 - Versteck auf der Alm
achten setzte er seine fromme Übung fort. Endlich trat sein Beichtvater an ihn heran, um ihm die Ankunft der Freunde zu melden. Hofer ließ sich nicht stören. Als er mit dem Gebet zu Ende, fragte er sie nach ihrem Begehr. Ampach nahm das Wort und setzte auseinander, wie es zu Hofers und des ganzen Tales Heile wäre, wenn er sich freiwillig stellen oder, wenn er das nicht wollte, schleunigst nach Österreich fliehen möchte. Was beschlossen ist, ist beschlossen, so unterbrach der Angeredete den Pfarrer. Und schnell zu Prieth sich wendend, fuhr er denselben vorwurfsvoll an: „Und gerade Sie haben sich unterstanden, zu einem französischen General zu gehen und haben sich nicht geschämt, Gott und das Vaterland zu verraten. Jetzt müssen die Schafe den Hirten und nicht mehr die Hirten die Schafe suchen." 1) Prieth wollte den Zornigen beschwichtigen, wurde jedoch rasch durch die Frage belehrt: „Wissen Sie (und dabei wies Hofer nach einem Kruzifix), was der Gekreuzigte von den Priestern verlangt?" Der Kurat verwahrte sich gegen solche Meisterung, immer unfreundlichere Worte flogen hin und her, bis Hofer die Unterredung in barschester Weise abbrach: sie sollten sich marschieren!
Die Abgesandten ließen sich von dieser Haltung des Sandwirts nicht einschüchtern in ihrem Friedenswerke. Sie bewegen nach ihrer Rückkehr die Gemeinden zur Aufstellung eines Unterwerfungsprotokolls, das nach Meran zu senden wäre. Die Partei der Unversöhnlichen beförderte aber das Schriftstück zu Hofer, und der soll es unter Zornesworten zerrissen haben. 2) Daran schlossen sich jene bewaffneten Ansammlungen bei Saltaus, die den General Barbou zum zweiten Mal nach Passeier führten. Baraguay verkündete die Acht über den Sandwirt und setzte einen Preis — 1500 G. — auf seine Ergreifung.
Hofer fand es in seinem Aufenthalt nicht mehr geheuer. Die ungebetene Vorsprache jener Friedensboten, das über ihn verhängte Urteil trieb ihn von dannen. Frau und Kinder entsandte er in die hinterste Taleinsamkeit, er selbst suchte mit seinem Döninger die Alphütte seines Unterstandsgebers, des Pfandlerbauern auf Brantach, im Awalde auf. Dass dieser Ort auch anderen als geeigneter Schluff schon bekannt war, konnte ihm der Vorrat von Gewehren zeigen, den er dort antraf. Hier, in einsiedlerischer Höhenwildnis, schlugen die Flüchtlinge ihr Quartier auf. Das eingelegte Heu war ihr Lager, ein Futtertrog das einzige, was sich als Möbelstück verwenden liess. Gegen die grimmige Kälte mussten die Lücken zwischen den roh gefügten Bäumen notdürftig verstopft werden. Nicht bloß zum Kochen, sondern schon des Wärmens halber musste in
1) Danei a. a. O. Danei hat seine Angaben wohl aus dem Munde der beteiligten Geistlichen. Üb. Prieths Gang zu Baraguay s. ob. p. 801.
2) Danei lässt nach Verschwinden des Protokolls Prieth ein zweites Mal nach Meran gehen.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.