Die Sillwerke bei Innsbruck
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Historische Zeitungsberichte zu den Sillwerken:
Innsbrucker Nachrichten, Samstag den 14. September 1901:
(Sillwerke.) Gestern langte hier die Konzession zur Erbauung der Sillwerke, um die bekanntlich die Stadtgemeinde Innsbruck angesucht, vom Ministerium ein. In letzter Stunde soll auch noch in Wien die Absicht bestanden haben, die Konzession auf nur 60 Jahre zu gewähren, und wurde die Dauer durch das energische Einschreiten des Bürgermeisters Greil und des Abg. Dr. Erler auf 90 Jahre gewährt.
Innsbrucker Nachrichten, Donnerstag den 18. Juni 1903:
(Besichtigung der Sillwerke.) Der technische Klub in Innsbruck unternimmt über Einladung der Bauunternehmung Ing. Riehl Montag den 22. i. M. nachmittags einen Ausflug zur Besichtigung der der Vollendung entgegenschreitenden städtischen Sillwerke. Die Abfahrt findet um 1.30 mittags mittels Stellwagen von der Triumphpforte aus statt. Eingeführte Gäste sind willkommen, doch wollen diese ihre Teilnahme der Klubleitung bis Samstag den 20. d. Mts. bekanntgeben. Bei ausgesprochenem Regenwetter wird der Ausflug auf Samstag den 27. d. Mts. verschoben.
Innsbrucker Nachrichten, Mittwoch den 7. Oktober 1903:
(Sillwerke.) Heute Nachmittag findet die feierliche Eröffnung der Sillwerke statt. Der Gemeinderat und die geladenen Gäste fahren um halb 2 Uhr nachmittag vom Margarethenplatz mittels Wagen zu den neuen Werken ab. Morgen abend gibt der Gemeinderat im Hotel "Sonne" anläßlich der Eröffnung der Sillwerke ein Festessen.
Innsbrucker Nachrichten, Freitag den 9. Oktober 1903:
Eröffnung der Sillwerke.
Der vorgestern vollzogenen Eröffnung des großen städtischen Elektrizitätswerkes an der Sill folgte gestern im Hotel "Sonne" ein vom Gemeinderat gegebenes Festmahl, an welchem außer dem Gemeinderat und Verwaltungsrat des Elektrizitätswerkes auch Vorsteher Heigl von Wilten teilnahm. Ferner bemerkten wir den Erbauer des Werkes, Ingenieur Riehl, den Generaldirektor Harthof, von der österr. Union, Elektrizitäts-Aktien-Gesellschaft, den Oberingenieur Witz, von der Prager Maschinenbau-Aktien-Gesellschaft, mehrere andere am Bau beteiligte Ingenieure, Herrn Baurat Tochtermann, Herrn Magistratsrat Gschließer, Herrn Ingenieur Leyrer vom städtischen Bauamt und den Direktor des Elektrizitätswerkes, Herrn Heinrich. Auch die Vertreter der Presse waren geladen.
Das Arrangement, das in dem neuen prächtigen Saal getroffen worden war, musste jeden Eintretenden entzücken. Überall sah man mächtige Gruppen von Palmen und grünem Gebüsch und auf der Tafel selbst zahlreiche Vasen und Körbchen mit duftenden Blumen und herrlichem Obst. Das Menü war äußerst reichhaltig und wurde durch Beigabe der Wein- und Champagnersorten auf das Vorteilhafteste gewürzt. Besonders hervorgehoben sei der Umstand, dass das "Eis" in einer Form serviert wurde, die wohl weit vom Alltäglichen entfernt war. Zur Überraschung der Anwesenden wurde es nämlich in Form einer getreuen Nachbildung der Sillwerke aufgetragen und selbst Bogenlampen waren en miniatur vorhanden und warfen ihren Glanz auf das hübsche Gebilde, das dem Zusammenwirken der Firmen Munding und Hauber seine Entstehung verdankt.
Nach dem vierten Gangergriff als erster Redner Bürgermeister Greil das Wort zu folgender Rede:
"Hochgeehrte Gäste! Sehr geehrte Herren Kollegen! Es ist mir ganz besonders sympathisch, sie hier begrüßen und herzlich willkommen heißen zu können. Mein Gruß gilt ihnen allen, besonders aber Herrn Generaldirektor Harthof, Herrn Oberingenieur Witz und Herrn Gemeindevorsteher Heigl, wenngleich der letztere kein "freies Wort" verträgt. (Heiterkeit). Es war ein unglückliches Geschick, dass es mir gestern nicht vergönnt war, dem Ausfluge und der Inbetriebsetzung beizuwohnen, aber aus Mitteilungen, die mir gemacht wurden, habe ich ersehen, dass das neue Elektrizitätswerk wohl als tadellos und gelungen bezeichnet werden darf. Die Tätigkeit, welche der Gemeinderat bezüglich dieses Werkes entfaltete, entspricht dem Programm, das am 26. November 1896 angenommen wurde. Von dort an beginnt der Aufschwung Innsbrucks und jenes Streben, welches sich zur Aufgabe stellte, die modernen Errungenschaften auch in Innsbruck einzubürgern. Wir haben damals gesagt, dass das kommunalisiert werden müsse, was die Gegenwart bezüglich Wasser, Licht, Kraft und Verkehr bietet; jeder Bürger solle gewissermaßen Aktionär sein, der seine Dividende dadurch ausbezahlt erhält, dass ihm Dank dem Erträgnis der modernen Einrichtungen keine neue Steuer vorgeschrieben zu werden braucht und er doch alles genießt, was er von der modernen Zeit verlangen kann.
Es war damals ein kühner Sprung als wir hinaustraten aus jener Zeit, wo der Magistrat und Gemeinderat nur Verwaltungsbehörden waren. Wir traten hinaus und warfen uns zuerst auf die Lichtwerke. Bereits im Jänner berieten wir ein Projekt, das die Errichtung eines Elektrizitätswerkes an der Sill zur Grundlage hatte. Wir wollten das der Firma "Glanz u. Co." gehörige Elektrizitätswerk nicht kaufen, sondern demselben Konkurrenz machen, aber verschiedene Schwierigkeiten u.a. auch der Einspruch Wiltens vereitelten die Ausführung des vom Ingenieur Bauer ausgearbeiteten Projektes. Nun gingen wir daran, die Mühlauer Werke zu kaufen, weil wir das Monopol anstrebten, und als der Kauf am 1. Nov. 1897 perfekt wurde, begann für diese Werke ein großer Aufschwung, so zwar, dass wir schon 1900 Vergrößerungen vornehmen mussten.
Wir sahen sofort ein, dass das Mühlauerwerk in wenig Jahren nicht mehr genügen werde und traten mit Herrn Ingenieur Riehl in Verbindung, den ich hiermit speziell begrüße. Es ist mir ein Herzensbedürfnis dies zu tun. Er ist unser Berater in allen technischen Fragen und unsere rechte Hand bei der Ausführung aller Projekte. Wenn wir ihn nicht hätten, würde wohl vieles in den Kinderschuhen stecken, was heute längst ausgeführt ist. Mit dem großen Projekt, welches Herr Riehl uns vorlegte, schwanden alle anderen Pläne, dasselbe war ja so überzeugend und wurde so allgemein anerkannt, dass wir darauf bereits im Jahr 1901 endgültig eingingen. Wir haben jedenfalls das Beste gewählt, was wir wählen konnten. Wohl können die Werke jetzt noch nicht so recht ausgebeutet werden, weil wir noch nicht all die erzeugte Kraft an den Mann bringen, aber es wird bald anders werden. Mit Stolz können wir sagen, dass wir den größten der anno 1896 aufgestellten Programmpunkte gelöst haben und dass in diesen sieben Jahren überhaupt das Meiste von dem, was wir beschlossen, durchgeführt wurde. Ich möchte wünschen, dass die Bevölkerung von Innsbruck einsieht, dass das Wirken des Gemeinderates in wirtschaftlicher Hinsicht immer ein hervorragendes und speziell in der Frage des Elektrizitätswerkes ein ausgezeichnetes war. Auch der Verwaltungsrat kann wahrhaftig verlangen, dass seinem Wirken mehr Verständnis entgegengebracht wird. Im letzten Jahr, wo der Verwaltungsrat so sehr angegriffen wurde, war es schwer, noch weiter zu arbeiten, denn zum Arbeiten muss man vor allem das Vertrauen seiner Mitbürger haben. Glücklicherweise besaß der Verwaltungsrat wenigstens das Vertrauen der Gemeindevertretung und dies muss mit voller Anerkennung hervorgehoben werden. Noch eines Mannes muss ich gedenken, welcher in dieser Frage schon infolge seiner Stellung als Finanzminister der Stadt hervortrat. Es ist Herr Kapferer. Er hat sich als weiser Führer bezeugt, dem wir mit vollem Vertrauen nachgehen konnten. Zum Schluss wünsche ich, dass alle Anstalten der Stadt blühen und gedeihen mögen, insbesondere das Sillwerk. Es möge Innsbruck mit einem Meer von Licht versehen, mit Kraft ausstatten und überhaupt segenbringend wirken und so viel dazu beitragen, dass noch vieles andere ausgeführt werden kann. Darauf bitte ich sie, das Glas zu erheben."
Den nächsten Toast brachte Herr Kapferer aus. Er wies darauf hin, dass das Jahrhundert im Zeichen der Elektrizität stehe. Von diesem Gesichtspunkt ausgehend, habe sich der Gemeinderat der Stadt Innsbruck entschlossen, ein so großartiges Werk zu schaffen, das der Stadt zur Ehre und den Schöpfern zum Lob gereiche. Als das Projekt Riehl vor wenig Jahren im technischen Klub entwickelt wurde, hörte man allgemein die Ansicht, dass es wohl genial aber kaum durchführbar sei. Aber ein halbes Jahr darauf wurde der erste Spatenstich gemacht und nun ist es fertig. Auf diese Tatsache hinweisend, schloss Redner mit einem Hoch auf die Pioniere des technischen Fortschrittes.
Herr Ingenieur Riehl betonte, dass nicht ihn allein die große Ehre der Herstellung treffe und übertrug die anerkennenden Worte, welche ihm zuteil geworden waren, auch auf jene Firmen, welche in so ausgezeichneter Weise den maschinellen Teil besorgten. Wenn letzteres nicht der Fall gewesen wäre, hätte er wohl nie den hübschen Erfolg erzielt. Ein Hauptverdienst komme auch dem Gemeinderat zu. Die schönsten Ideen wandern ja in den Papierkorb, wenn sie nicht verwirklicht werden, und wohl auch seine Idee wäre nicht zum Sieg gelangt, wenn sie von der Stadt nicht ausgeführt worden wäre. Seinerzeit habe er geglaubt, das Projekt werde für die Stadt Innsbruck zu groß sein, er habe aber Entgegenkommen und Verständnis gefunden und habe nur den Wunsch, dass das Werk bald zu klein werden möge. Redner schloss mit den Worten: "Unserem hochverehrten Herrn Bürgermeister der mit zielbewusster Energie die Geschicke der Stadt leitet, der noch große Pläne auszuführen gedenkt, dem bringe ich mein Glas."
Bürgermeister Greil, der sich - wie er sagte - durch diesen Toast beschwert fühlte, erwiderte, dass derselbe nicht ihm, sondern dem Gemeinderat gelten könne. Das Geheimnis der Erfolge, welche die Innsbrucker Gemeindeverwaltung erreiche, liege in der so homogenen Zusammensetzung des Gemeinderates, im einmütigen Zusammenwirken und im gegenseitigen Vertrauen. Innsbruck werde um seine Erfolge vielfach beneidet. Außer im Gemeinderat liegen dieselben wohl auch im Beamtenkörper. Redner führt einige Beispiele der jetzigen gefunden Kanzleitätigkeit an, wendet sich hierauf neuerdings an die Gemeinderäte und ersucht dieselben, allzeit zu wackerer Arbeit zusammenzustehen, auf dass stets gesunder Fortschritt zum Wohle der Stadt Innsbruck obwalte.
General-Direktor Hartholf von der Union betonte, dass es ihn freue, an dieser Stelle seinen Gefühlen anlässlich des Gelingens des großartigen Projektes Ausdruck geben zu können. Seine Gesellschaft sei stolz darauf, an dem Werk mitgewirkt zu haben, ist es doch derzeit das größte unter allen ähnlichen Werken Österreichs. Durch das Werk werde die Industrie mächtig gefördert und dies werde dann neuerdings zeigen, welch kaufmännisch tüchtige Hand Innsbruck leitet. Redner kam auch auf den Verwaltungsrat des Elektrizitätswerkes zu sprechen und auf Herrn Kapferer, der mit einer Hand auf den Geldsack Acht gebe, mit der anderen aber dessen ungeachtet große Projekte verwirklichen helfe. Er trank auf diesen und auf den gesamten Verwaltungsrat.
Oberingenieur Witz von der Prager Maschinen-Aktien-Gesellschaft kam als nächster Redner auf den Aufschwung der Industrie zu sprechen und auf die Errungenschaften der neueren Technik. Die Stadt Innsbruck verfüge über Männer, welche die lokale Bedeutung großer Anlagen längst erkannten und mit dem Sillwerk ein bisher in Österreich unübertroffenes Werk schufen. Es gebühre ihnen bester Dank und namens seiner Firma rufe er ihnen zur Eröffnung des Werkes die besten Glückwünsche zu.
Ingenieur Innerebner richtete namens der beim Bau beteiligten Ingenieure an die Versammelten eine Ansprache, in der er ebenfalls auf die Großartigkeit des Sillwerkes zu sprechen kam. Bei den Fachmännern befriedige die Fertigstellung umso mehr, da sie ein Beweis ist, welche Schwierigkeiten menschlicher Geist zu lösen vermag. Es habe genug Fragen zu lösen gegeben: die Anlage des Leerlaufstollens, die Entsandung des Wassers, die Eisverhältnisse, die Schwierigkeiten beim Vortreiben des Stollens, bei Schaffung der Dynamoanlage etc., aber sie wurden siegreich gelöst. Die Ingenieure seien allen, die ihnen Gelegenheit boten, so Hervorragendes zu wirken, dankbar, insbesondere dem Bürgermeister und dem Verwaltungsrate. Redner hob auch die Verdienste der Beamten des städtischen Bauamtes hervor, sowie die Verdienste des Direktors Heinrich. Zum Schluss forderte er seine Kollegen auf, mit ihm das Glas auf die Vertreter der Stadt zu erheben.
GR. Zösmayr wies in kurzen Worten darauf hin, dass vor 14 Jahren, am 18. August 1889 im selben Saale die Eröffnung des Elektrizitätswerkes Mühlau gefeiert worden sei. Dieses Werk habe ursprünglich nur 3 Konsumenten gehabt und nun zählt es deren 2400. Es möge auch das neue Sillwerk derartig aufblühen. Redner kam weiter auf die Beamtenschaft des Elektrizitätswerkes und auf den Direktor Heinrich zu sprechen und schloss mit einem diesbezüglichen Toast.
Vorsteher Heigl betonte, dass er bei der Gründung des alten Mühlauer Werkes dagegen war. Dies habe zwar nichts gefruchtet, doch habe er sein Schärflein dazu beigetragen, dass Ganz u. Komp. mit den Preisen allmählich mäßiger wurde. Heute stellte er sich in die Reihe jener, welche die Stadt zu dem neuen Werk beglückwünschen. Wilten sei gewöhnt, alle Werke der Stadt gutzuheißen, sofern sie nicht auf dem Saggen zu stehen kommen (Heiterkeit). Redner betonte weiter, dass man unter dem Zeichen der Vereinigung von Innsbruck und Wilten stehe und erhob sein Glas auf den eminenten Fortschritt der Stadt Innsbruck.
Ihm erwidernd hob Bürgermeister Greil hervor, dass er es als großen Vorteil empfinde, dass in Wilten eine Gemeindevertretung existiere, welche so wie jene der Stadt freisinnig ist. Die früheren Gemeindevertretungen Wiltens seien zwar auch freisinnig gewesen, aber man unterdrückte jeden Fortschritt, um ja die Gemeindeauflage nicht höher machen zu müssen und so die Frage der Vereinigung möglichst hintanzuhalten. Dadurch sei Wilten jahrelang ein Dorf geblieben. Die Stadt habe den Wiltenern von jeher Interesse entgegengebracht und es durch Eröffnung von Straßen förmlich erschlossen. Das gespannte Verhältnis wurde aber erst durch den Vorsteher Heigl gebrochen. Erst unter diesem gewann die Überzeugung Raum, dass es ein Unding sei, wenn zwei Gemeinden mit gleichen Interessen verschiedene Wege wandeln. Man kam zur Erkenntnis, dass die Vereinigung das Beste sei. Redner gab der Hoffnung Ausdruck, dass diese nun bald erfolgen werde, und trank darauf, dass der Fortschritt auch nach vollzogener Vereinigung der gleiche bleibe.
Einige kleinere Toaste des Direktors Heinrich, des GR v. Guggenberg und des Herrn Baurats Tochtermann bildeten den Schluss der schönen Feier.
Innsbrucker Nachrichten, Samstag den 10. Oktober 1903:
Wir haben zwar schon mehrmals über die Sillwerke Aufsätze gebracht, trotzdem dürfte aber jetzt, wo das Werk vollendet und eröffnet ist, eine allgemeine Übersicht über die Entwicklung und Einrichtung des Werkes willkommen sein. Wir veröffentlichen daher einen fachmännischen Bericht, der uns von geschätzter Seite zur Verfügung gestellt wurde.
Der Vater der Idee der Sillwerke war Herr Riehl. Projektiert und ausgeführt unter dem Regime des Bürgermeisters Greil und unter der Leitung des jetzigen Verwaltungsrates des Elektrizitätswerkes Innsbruck, an dessen Spitze der Obmann Herr Kapferer steht. Wie bekannt, sind sämtliche Hoch- und Wasserbauten für die Sillwerke, einschließlich der Zentrale und mit Ausnahme der Transformatoren-Unterstation in Wilten von der Bauunternehmung Riehl erbaut. Die Firma ist so rühmlich im ganzen Lande und auch außerhalb desselben bekannt, dass deren Ausführungen eines besonderen Lobes nicht bedürfen.
Wir führen nur an, dass die gewaltigen Wasserbauten in der Sill unterhalb der Brennerwerke und der 7,6 km lange, für 3 sekundliche Kubikmeter Wasser gebaute Stollen in so kurzer Zeit gebaut wurden, dass diese Arbeiten allein schon die größte Leistungsfähigkeit dieser Bauunternehmung bezeichnen würden. Hervorgehoben werden müssen aber insbesondere die imposanten Kaskaden des Leerlaufes, und, so klein sich das Bassin dem Beschauer auch zeigt, die gewaltigen Betonmauern des Wasserschlosses.
Die Großartigkeit der Gebäudeanlage des Kraftwerks selbstwirkt keinesfalls industriell nüchtern auf den Besucher, sondern trotz der großartigen Dimensionen, die das Hauptgebäude erhalten musste, repräsentiert sich das Ganze auf den Wiesen mehr wie eine Cottageanlage und es ist gar nicht ungerechtfertigt, wenn einzelne das Werk mit dem Ausdruck "tadellos wie ein Schmuckkästchen gebaut" bezeichnen, dabei aber doch überwältigt sind von dem Eindrucke, das an dieser Stelle ein großes Werk seinen bedeutenden Abschluss gefunden hat.
Mit Rücksicht auf bereits erfolgte Veröffentlichungen über die bauliche Anlage der Sillwerke sollen gelegentlich der Eröffnung durch den Gemeinderat der Stadt Innsbruck im Nachstehenden nur die Hauptdaten der Anlage vorgeführt werden, ohne auf nähere Details einzugehen.
Die Wasserfassung erfolgt in Matrei flussabwärts der Brennerwerke, wo im Sillfluss eine Wehranlage, durchaus in Granit ausgeführt, das Wasser staut und es in den mit verschiedenen Rechen- und Schützenanlagen ausgestatteten Kanaleinlauf zuleitet.
Außerdem ist noch eine direkte Verbindung zwischen diesem und dem Untergraben der Brennerwerke hergestellt, um das schon gereinigte Betriebswasser derselben den Sillwerken zuzuführen. Zur Entsandung des Wassers sind mehrere Sandgänge mit entsprechenden Spülschleusen in den Kanal eingebaut.
Zirka 150 Meter unterhalb dem Wehre übergeht der Zuleitungskanal in den ausgemauerten Stollen, welcher in einer Länge von zirka 7560 Meter geführt, im Wasserschloss am Schönberg endet.
Vom Wasserschloss zweigt seitlich der Leerlauf ab und vorne die Rohrleitungen zu den Turbinen, alles mit entsprechenden Schützenvorrichtungen abzuschließen.
Der Leerlauf besteht aus 53 Kaskaden von je 3 bis 4 Meter Höhe.
Sämtliche Wasserbauten sind für eine maximale Wassermenge von 7 bis 8 Kubikmeter ausgeführt.
Das nutzbare Gefälle, d. i. der Höhenunterschied zwischen dem Wasserspiegel im Wasserschlosse und jenem des Untergrabens am Maschinenhause beträgt 187 Meter. Es ist somit die Möglichkeit geboten, zirka 13.000 HP auszunützen.
Vorderhand ist aber nur eine Rohrleitung für die halbe Wassermenge ausgeführt und statt drei dafür vorgesehene Turbinen sind deren bloß zwei zu je 2500 HP aufgestellt.
Die Rohrleitung führt in einer geraden Linie in einer Länge von zirka 365 Meter mit einem Durchmesser von 1.25 Meter zum Turbinenhaus, wo sie durch eine Drosselklappe aus Stahlguss absperrbar ist. Der innere Wasserdruck, der durch das Gefälle in der Rohrleitung wirkt, beträgt zirka 18 kg auf den Quadratzentimeter. Auf die Drosselkappe kommt, im Falle sie geschlossen ist, ein Druck von 220.000 Kilogramm. Mächtige Betonkörper nehmen den durch das Gewicht der Rohre und eventuell die vorerwähnte Spannung erzeugten Schub mit voller Sicherheit auf.
Zur Bewegung der Schieber wird der Druck der Wasserleitung benützt.
Die Turbinen sind Hochdruckturbinen (Pelton-Löffelräder) mit je zwei Rädern, welche je durch einen, nur eine rechtwinkelige Ausflussöffnung besitzenden Leitapparat beaufschlagt werden. - Die Ausflussöffnung wird durch eine Stahlzunge, welche automatisch durch eine Präzisionsregulierung bewegt wird, dem jeweiligen Kraftbedarf entsprechend eingestellt.
Die bei starker Beeinflussung der automatischen Geschwindigkeits-Regulierung entstehende schnelle Wasserabsperrung könnte Stöße in der Rohrleitung erzeugen, was durch eine besondere automatisch wirkende Druckregulierung unschädlich gemacht wird.
Die Turbinen machen 315 Umdrehungen in der Minute und sind, in besonders schöner Weise ausgestattet, von der Prager Maschinenbau-Aktiengesellschaft, vormals Ruston & Komp. geliefert.
In einer Achse mit den Maschinen stehen 2 gewaltige elektrische Maschinen, welche je ein Gewicht von 50.000 kg Eisen-Stahl und Kupfer repräsentieren. Die Welle der Turbine und der Dynamomaschine ist keine gemeinsame, sondern besteht aus zwei Stücken, welche durch Lederkupplungen verbunden sind. Dadurch wird ein elastisches Zwischenglied zwischen Turbine und Generator geschaffen.
Auf der Welle der Generatoren ist noch eine zweite, gegen die großen Wechselstrommaschinen verschwindend kleine Gleichstrommaschine montiert, die dazu dient, die Magnetisierung der ganzen Maschine zu bewirken. Der rotierende Teil eines Generators wiegt 20.000 kg und besitzt eine Umfangsgeschwindigkeit von nahezu 50 Meter per Sekunde, wodurch die Polwechselzahl des erzeugten Stromes 84 per Sekunde wird. Der in dem Generator erzeugte Strom wird unterirdisch in besonders dazu angebauten hohen Kabelkanälen zu der Schaltanlage geführt. Da dieser Strom eine Spannung von 10.000 Volt und darüber hat, wurde die Schaltanlage mit besonderer Vorsicht von den Konstrukteuren derart erdacht und ausgeführt, dass die Bedienungsmannschaft nie in die Lage kommen kann, einen Gegenstand zu berühren, der hochgespannten Strom führt.
Eine Flucht von 18 mannshohen Marmortafeln, an denen die Instrumente, Apparate, Lampen und Schalter angebracht sind, dient dazu, die elektrischen Vorgänge an den Generatoren und auf dem Schaltbrette selbst zu regeln und die Erzeugung des Stromes und der Spannung den Anforderungen der Unterstation Wilten, beziehungsweise der Stadt Innsbruck gemäß vorzunehmen.
Durch Ein- und Ausschalten ungefährlicher, geringe Strom und Spannung führender Apparate, durch Betätigung von wenigen Handgriffen und durch Drehen verschiedener Knöpfe ist der Werkführer oder Maschinist imstande, jede Vorkehrung zu treffen, die einen ungestörten Betrieb der Beleuchtung in Innsbruck oder der Kraftabgabe an andere Konsumenten erfordert.
Vorkommnisse an diesen Orten, welche unvorhergesehen und plötzlich eintreten, und infolge ihrer Außergewöhnlichkeit den Betrieb stören würden, werden, wenn sie eine gewisse Zeit und eine gewisse Stromstärke überschreiten, durch automatische Schaltapparate in ihren schädlichen Wirkungen gehemmt, so dass ein Schaden an Material und größere Betriebsstörungen ausgeschlossen erscheinen.
Die Generatoren und die Schalteinrichtung des Kraftwerkes vereinigen alle auf diesem Gebiet gemachten modernsten Erfahrungen zu einem einheitlichen System und gewährleisten einen ungestörten und ökonomischen Betrieb des Werkes.
Von den Schaltapparaten wird der Strom in acht Leitungen aus einem der Türme der Zentrale in die Fernleitung überführt und ist bei dieser Überführung besonders darauf Rücksicht genommen worden, dass Blitzschläge und Witterungseinflüsse den elektrischen Einrichtungen der Zentrale keinerlei Schaden zufügen können.
Von der Zentrale führt eine Fernleitung von 6,2 km Länge, welche zirka 23.000 kg reinstes Elektrolytkupfer trägt, entlang der Brennerstraße, dieselbe öfter durch Kürzung der Linie verlassend, nach der Unterstation Wilten. Die für diese Leitung verwendeten Eisenmaste sind Erzeugnisse Innsbrucker Gewerbetreibender, wie überhaupt prinzipiell von der ausführenden Firma der Österreichischen Union Elektrizitäts-Gesellschaft alles was in der Stadt und im Lande selbst besorgt werden konnte, auch da gekauft wurde.
Die an der Leitung verwendeten mächtigen Lärchenmaste, welche teils einfach, teils doppelt aufgestellt wurden, sind aus Beständen über 1000 Meter Seehöhe genommen und von prächtigstem roten Holz. Sein solcher Mast wiegt zirka 5 bis 6000 kg. Die acht Drähte der Fernleitung haben je 50 qmm Querschnitt und münden in der Unterstation Wilten ein. Diese dient nur einer im ruhenden Zustand vor sich gehenden Änderung des elektrischen Stromes, nämlich der Umformung von 5000 PS 10.000 voltigen Stromes aus dieselbe Leistung mit 2000 Volt.
Unterirdisch verlegte Kabel bringen den 2000 voltigen Strom der Gemeinde Wilten und Innsbruck zu, wo er verteilt und in den einzelnen kleinen Transformatorstationen auf Gebrauchsspannung für Beleuchtung und gewerbliche Zwecke transformiert wird. In der Unterstation im Hohlweg stehen im Parterre 5 Stück je 5000 kg schwere Transformatoren, welche während des Betriebes mittelst Ventilatoren gekühlt werden. Im ersten Stock dieses Hauses sind große Apparate zur Schaltung und Verteilung des Stromes angeordnet. Die Bedienung derselben ist eine vollkommen gefahrlose, da sie nur mittelst stromloser Vorrichtungen und unter geringen Spannungen geschieht. Auch in diesem Raume ist eine Schaltwand von 14 Marmortafeln aufgestellt. Ein Schalttafelwärter des Elektrizitätswerkes wird bei regem Betriebe hier zu beobachten haben, welche Vorgänge sich im Beleuchtungs- und Kraftnetz der Stadt ereignen; ob beispielsweise die Lampen im Theater ein- oder ausgeschaltet werden, ob größere Gebäude wie die Staatsbahndirektion oder größere motorische Anlagen bei Gewerbetreibenden Strom fordern oder nicht.
All diese Vorgänge kann der Schaltbrettwärter an seinen Instrumenten erkennen, und bekommt durch die Regelmäßigkeit, mit denen diese Vorgänge in verschiedenen Jahreszeiten und zu verschiedenen Tageszeiten sich wiederholen, eine solche Übung in der Erkennung derselben, dass er, ohne in irgendwelcher direkter Verbindung damit zu stehen, genau angeben kann, ob der Stromstoß vom Theater oder der Staatsbahndirektion oder von einer unvorhergesehenen fehlerhaften Stromanforderung ausgeht. Er wird also mit entsprechender Vorsicht und Überlegung seine Apparate so handhaben, dass er Betriebsstörungen vorbeugt, und wird die Sillwerke, sowohl wie die Mühlauer Zentrale mittels Telefon rechtzeitig jeweils benachrichtigen können.
Vor kurzer Zeit wurde aus dem Kraftwerk an der Sill zum ersten Male die telefonische Nachricht dem in der Unterstation harrenden Ingenieur übermittelt, dass die Fernleitung unter Strom gesetzt werde, und als er sein "fertig" zurückrief, sah er an seinen Spannungsmessern den Zeiger bis auf 11.000 Volt steigen. Die Transformatoren standen unter Spannung, die Instrumente und Apparate der Schalttafel traten in Funktion und die Sillwerke waren bereit, der Stadt Innsbruck Strom zur Beleuchtung und Kraft zu liefern. Damit war der Beweis erbracht, dass die von der Stadt mit der Ausführung betrauten Unternehmungen: Bauunternehmung Ingenieur Josef Riehl, Österreichische Union Elektrizitäts-Gesellschaft und Prager Maschinenbau-Aktiengesellschaft ihr Wort eingelöst hatten, und dass ihr Vertrauen, welches die Stadt in sie gesetzt hat, gerechtfertigt war.
Bei der Inbetriebsetzung der Sillwerke müssen wir noch eines anderen Unternehmens gedenken, welches seinen Strom von derselben erhält.
Im Juni nächsten Jahres wird ein Unternehmen seinen Betrieb beginnen, welches ungeheure Vorteile für Stadt und Land bietet und der unentwegten Ausdauer und dem eisernen Willen eines einzigen, sowie der Beihilfe von Land und Stadt und Umgebung zu danken sein wird. Ingenieur Riehl hat durch jahrelange Mühe und Arbeiten die Erbauung der Stubaitalbahn durchgesetzt und beschäftigt heute über 1000 Arbeiter bei diesem Bau. Seine eigenen Geldopfer, die munifiziente Beteiligung der Stadt Innsbruck und der Gemeinden Wilten, Fulpmes und anderer haben viel zur Finanzierung der Bahn beigetragen.
Möglich ist die Erbauung erst dann geworden, als die Österreichische Elektrizitäts-Gesellschaft 1,600.000 K Prioritätsaktien für Ihre Rechnung übernahm und dadurch ihr volles Vertrauen in die Richtigkeit der Riehl'schen Ideen und den Aufschwung der Stadt Innsbruck sowie des Fremdenverkehrs überhaupt dokumentierte.
Mit dieser Finanzierung, welche es ermöglichte, für zukünftige elektrische Bahnbauten in Tirol den Weg frei zu machen, welche gewissermaßen den Anstoß für künftige große Unternehmungen in dieser Art ist, hat sich die Österreichische Union-Elektrizitätsgesellschaft führend an die Spitze derjenigen gestellt, welche finanzielle Opfer für Stadt und Land in Tirol nicht scheuen, fest darauf vertrauend, dass das Land in seinen Naturschönheiten unschätzbare Reichtümer birgt, die nur durch richtig angelegte Verkehrsunternehmungen gehoben werden können. So erblickt heute Innsbruck in nächster Nähe zwei bedeutende Werke, die für die Zukunft der Stadt unzerstörbare Fundamente bilden, und von denen besonders die Bahn als Beispiel und Ansporn für die zukünftige Entwicklung dienen kann.
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