Die "Rainer" aus dem Zillertal


(Ein Beitrag zur Geschichte des Tiroler Nationalsängertums.)
Von Professor Hugo Klein.

I.

„Unter aller Musik ist und bleibt doch immer die schönste der gebildete Sang aus des Menschen Brust“, sagt ein alter Erfahrungssatz. Die sorgsamste Pflege dieses Sanges lieh sich in unserem engeren Heimatland Tirol schon von jeher auch der bäuerliche Stand besonders angelegen sein, und wenn wir heute der mutigen Landsleute gedenken, die in froher Begeisterung von Jahr zu Jahr hinauswanderten in ferne Länder, um das heimisch tirolische Lied der ganzen Welt ins Herz zu singen, so dürfen wir in erster Linie einen Namen nicht vergessen, vielmehr den einer ganzen Sängerfamilie, nämlich der „Rainer“, die fast ein Jahrhundert lang als die ersten Vertreter des Tiroler Nationalgesangs ihren Ruhm in die weite Welt hinaustrugen, unser Heimatland dort bekanntmachten und so gewiss auch als die frühesten Pioniere des Fremdenverkehrs den Dank der Nachkommen verdienen und in der Erinnerung aller fortleben werden, die Lust und Freude am Volksgesang haben. Leider hat die literarische Welt erst zu spät sich um diese Gesellschaft und ihre unvergänglichen Verdienste um Pflege und Verbreitung des volkstümlichen Liedes und der heimischen Musik gekümmert und so mag im Verlaufe so langer Jahre viel Interessantes der Vergangenheit anheimgefallen sein; wohl hat sich Ludwig Steub in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts der Sache angenommen und in der „Gartenlaube“ (Jahrgang 1870 und 1872) ein Bild dieser höchst merkwürdigen Leute entworfen und Emil Auer hat sich ebenfalls fast zu gleicher Zeit in Amthors „Alpenfreund“ (4. Band) eingehender mit den „Rainern“ beschäftigt, wozu beiden Verfassern die heute leider verschollenen Tagebücher der Gesellschaft als ergiebige Quellen zu Gebote standen, die allerdings einer reicheren Ausbeute wert gewesen waren. Die folgenden Zeilen mögen nun den Zweck verfolgen, das Vorhandene kurz zusammengefasst wiederzugeben und die Geschichte der „Rainer“ bis zur Auflösung der Gesellschaft und, soweit möglich, bis auf unsere Tage weiterzuführen.

Wenn heute der Name „Rainer“ genannt wird, so denkt man gewöhnlich wohl nur an den bekanntesten Vertreter dieses Namens, an Ludwig, den berühmten „Meistersänger“; wir müssen aber der Vollständigkeit halber zurückgreifen auf die Gesellschaft der sogenannten „Ur-Rainer", welche die ersten waren, die das Tiroler Lied in alle Welt hinaussangen und aus denen auch die späteren „Rainer“ hervorgingen. Die „Ur-Rainer-Gesellschaft“ stammte aus Fügen im Zillertal und bestand aus fünf Geschwistern: Anton, Franz, Josef, Felix und Maria. Diese hatten noch zwei Brüder und eine Schwester, die talbekannte Schönheit Lene, denen aber eigenartigerweise jedes musikalische Talent fehlte. Alle acht waren die Kinder des Metzgermeisters Josef Rainer, der auch schon ein bekannter Tenorist war und in der Pfarrkirche zu Fügen des Öfteren seine herrliche Stimme zu Nutz und Fromm der Gemeinde erschallen ließ.

Was den ersten Anstoß zur Wanderung in fremde Lander gegeben hat, ist heute wohl nicht mehr so leicht zu ermitteln; Steub erwähnt in der „Gartenlaube“ 1872 hierfür folgende drei Versionen: Die erste Anregung soll Felix gegeben haben, der in der Schweiz als Pferdeknecht bedienstet gewesen war. Angespornt durch den großen Beifall, den sein Gesang dortselbst gesunden, habe er bei seiner Rückkehr nach Fügen mit seinen Geschwistern eine Gesellschaft zusammengestellt und die Welt durchwandert.

Eine zweite Wendung lässt den Bruder des Felix, namens Josef, den späteren Wirt im „Hackelturm“ zu Fügen, als den Urheber und ersten Führer der Truppe erscheinen. Dieser war Viehhändler in Leipzig und hörte als solcher einmal dortselbst vier angebliche Tiroler Kinder singen, und da dieses traurige Häuflein trotz des erbärmlichen Gesanges dennoch großen Beifall fand, schrieb Josef seinen Geschwistern, sie sollten auch ihr Glück auf diesem Gebiete versuchen und ihm entgegenreisen; zum Schein aber sollten sie etwas Leder und Handschuhe mitnehmen, damit ihre wahre Absicht nicht erraten würde und sie bei einem etwaigen Fiasko einen rettenden Anker zur Seite hätten! So seien sie in Freising an der Isar zusammengekommen, dort aufgetreten und hatten dann überall mehr Beifall gefunden.

Endlich wird erzählt, dass nicht Mitglieder der „Rainer“, sondern vielmehr der Kaiser Alexander I. von Russland den ersten Anstoß zu ihren Wanderfahrten gegeben habe. Dieser sei einmal als Gast beim Grafen Ludwig von Dönhof in Fügen abgestiegen und da habe der Graf den Kaiser dadurch zu überraschen versucht, dass er die „Rainer“ vor ihm singen lassen wollte. Die fünf Naturkinder hatten aber Angst vor dem großen Herrn und baten sich aus, dass sie, hinter einem Vorhang stehend, ihre Lieder vortragen durften. Ihr Wunsch fand Berücksichtigung und die schüchternen Landkinder hatten so schön gesungen, dass der Herrscher aller Neußen sie selbst hinter dem Versteck hervorgezogen und zu sich geladen habe, wobei sie das Versprechen geben mussten, den hohen Herrn in Petersburg einmal zu besuchen.

Die Quellen, die L. Steub und E. Auer für ihre Rainerskizzen zur Verfügung standen, waren, wie schon angedeutet, die Aufzeichnungen der Rainer selbst und zwar: Ein Tagebuch der Maria Rainer, der Mutter Ludwigs, und seine eigenen, äußerst gewissenhaft und ausführlich gehaltenen Tagebücher und Reiseschilderungen. Außerdem lagen drei zu London in englischer Sprache gedruckte Liederbücher mit angefügten, recht schwungvoll gehaltenen biographischen Daten vor, die Steub noch ausfindig machen konnte und deren Titel deutsch folgendermaßen lautete: „Die Tiroler Lieder, arrangiert für eine oder vier Stimmen mit Begleitung für das Pianoforte von J. Moscheles und gesungen mit entzückendem Beifall in der ägyptischen Halle von der tirolischen Familie.“

Auch diese Büchlein dürften manch interessanten Aufschluss über unsere Gesellschaft gegeben haben, und zwar stammten sie aus der Feder eines gewissen Mister William Ball und trugen auf dem Titelblatt eine Vignette, welche die vier Brüder Rainer und ihre Schwester Maria noch in der schlichten Tracht ihrer Heimat darstellte. Auch W. Ball geht von der Annahme aus, dass Kaiser Alexander, der sich tatsächlich mit Kaiser Franz I. im Jahre 1822 in Fügen vorübergehend aufhielt, der Anstoß gewesen war, der die Rainer in die weite Welt führte.

Im Herbste 1824 also griffen die vier Geschwister Maria, Franz, Felix und Josef, wovon die ersten zwei die oberen und die letzten zwei die unteren Stimmen sangen, zum Wanderstab, um ihren hohen Gönner in Petersburg aufzusuchen. Nach zwei Monaten gesellte sich auch der Bruder Anton, ein prächtiger Bassist, der früher Schneider in Fügen gewesen war, hinzu. Ein im Besitz des Frl. Theres Prantl befindliches altes Bild, das im Jahre 1827 von einem gewissen Otto Speckter nach dem Leben auf Stein gezeichnet wurde, zeigt uns die ganze Truppe in Altzillertaler Tracht: Maria mit dem langen, engen Rock, weit ausgeschnittenem Mieder und einem dicken Halstuch über die Brust; die Bruder mit hohen Bundschuhen, weißen Strümpfen, schwarzen Kniehosen, kurzen, grünlichen Joppen, rotem Halstuch, breitem Gürtel und mit blumen- und federngeschmückten hohen Hüten.

So ausgerüstet, wanderten sie zu Fuß durch Bayern, mittags und abends in den Wirtshäusern singend, bis sie nach Regensburg kamen, wo sie der Fürst von Thurn und Taxis sehr freundlich aufnahm und woselbst sie 14 Tage lang blieben. Aber bald bekamen die unerfahrenen Naturkinder Angst vor dem langen Wege und dem fremden Volke, Heimweh packte sie nach ihren Bergen und sicher waren sie umgekehrt, hätte der kräftige Zuspruch des genannten Fürsten sie nicht wieder aufgerichtet. Da es ihnen im Übrigen aber in Deutschland ganz gut gefiel, gaben sie vorläufig die Russlandreise wieder auf und gingen dafür über Nürnberg, Würzburg, Frankfurt, überall Beifall erntend, nach Mannheim, wo sie vor der Großherzogin Stephanie singen durften. Diese empfahl sie ihrer Schwiegermutter, der Markgräfin von Baden in Karlsruhe, welche sie ihrer Tochter, der Königin von Schweden, vorstellte und durch sie ging die Empfehlung wieder an Maximilian I. von Bayern. In Karlsruhe geschah es, dass sie vom Großherzog zu ihrer Überraschung aufgefordert wurden, öffentlich im Theater zu singen. Der englische Gewährsmann Ball lässt die fünf Tiroler folgendermaßen darüber sprechen: „Wir können unsere Gefühle, als wir damals im Hoftheater sangen, nicht beschreiben. Es war unser erstes Auftreten auf einer Bühne. Das Haus war überfüllt und alle die fremden Personen des Hofes saßen in den Logen dicht vor uns. In unserer Ängstlichkeit setzten wir etwas zu hoch ein, aber doch kamen wir ganz leidlich durch und am Schlusse wurden wir nicht allein vom ganzen Hause, dem der Großherzog mit gutem Beispiel voranging, beklatscht, sondern wir mussten das Stück sogar wiederholen. Unsere Befangenheit war damit überwunden und wir sangen die folgenden Lieder mit einer Sicherheit, wie wenn wir seit Jahren an die Bühne gewohnt wären.“

Von Karlsruhe begab sich das Quintett nach Straßburg und von dort nach Baden-Baden, von wo sie der alte König Max an seinen Hof berief und von ihren Liedern so entzückt war, dass er sogar selber fröhlich mitsang! Aber hinter all diesem Jubel und Beifallsstürmen drängte sich plötzlich wieder die Erinnerung an die geliebte Heimat hervor und die fünf Geschwister wanderten über Stuttgart nach München, wohin sie ihre Eltern bestellt hatten und denen sie dort auch mit großer Freude um den Hals fielen. Eine Woche lang hielt sie König Max in Tegernsee noch alle zusammen auf, dann aber ging's eilends in die Heimat, ins fröhliche Zillertal, wo sie selbstverständlich von allen angestaunt und bewundert wurden.

Im folgenden Jahre 1825 unternahmen die Geschwister ihre zweite Weltfahrt. Sie wollten doch endlich ihr Wort einlösen und den Zaren in seinem Reiche besuchen. Zuerst ging die Reise nach Wien, aber dort erfuhren sie bereits, dass Alexander gestorben sei. Gleichzeitig kam die Kunde, dass auch König Max das Zeitliche gesegnet habe, und Kaiser Franz war über den Verlust seiner beiden Amtsgenossen so betrübt, dass er seine Zillertaler nicht einmal jodeln hören wollte! Deshalb gaben sie die Reise nach Russland abermals auf und gingen über Dresden nach Teplitz, wo sie sogar vor 15 Prinzen auf einmal zu singen die Ehre hatten. Dort erhielten sie eine Einladung nach England, der sie später auch Folge leisteten. Vorerst besuchten sie den Hof von Weimar, wo sie zwei von dem dort lebenden Innsbrucker Schauspieler Seidel gedichtete und in Musik gesetzte Lieder einübten und vortrugen. Dass die „Rainer“ außer dem Herzog auch dem Altmeister Goethe ein Konzert gaben, kann als sicher angenommen werden, wenn auch genaue Daten hierüber fehlen. Wohl erwähnt J. P. Eckermann in seinen „Gesprächen mit Goethe“ (II. T., S. 1) die Vorträge einer solchen Tiroler Gesellschaft, unterlasst es aber, deren Namen anzugeben, so dass wir diese Stelle auch auf die Gesellschaft „Leo“ beziehen könnten, von der wir anderwärtig unterrichtet sind, dass sie vor dem greisen Dichter zu singen die Ehre hatte. Auf jeden Fall aber ist die Stelle schon wegen der Persönlichkeit Goethes bemerkenswert und möge hier Raum finden; Eckermann schreibt: „Wir hatten nicht lange am Tisch gesessen, als Herr Seidel mit den Tyrolern sich melden ließ. Die Sänger wurden ins Gartenzimmer gestellt, so dass sie durch die offene Tür gut zu sehen und ihr Gesang aus dieser Ferne gut zu hören war. Herr Seidel setzte sich zu uns an den Tisch. Die Lieder und das Gejodel der heiteren Tyroler behagte uns jungen Leuten; Fräulein Ulrike und mir gefiel besonders der„Strauß“ und „Du, du liegst mir im Herzen“, wovon wir uns den Text ausbaten. Goethe selbst erschien keineswegs so entzückt als wir andern. „Wie Kirschen und Beeren behagen“, sagte er, „muss man Kinder und Sperlinge fragen.“ Zu den Liedern spielten die Tyroler allerlei nationale Tänze auf einer Art von liegenden Zithern, von einer hellen Querflöte begleitet.“

Erbaut ist diesem Bericht nach Goethe von dem Tirolersang also wohl nicht gewesen, vielleicht hatte der Meister gerade seinen schlechten Tag; dass im Übrigen der Poet, der ja selbst einst Volkslieder sammelte und sang, auch diese Art von ländlicher Muse keineswegs verachtete oder auch nur geringschätzte, geht aus einer anderen Stelle hervor, wo es heißt, dass er der oben erwähnten Tiroler Sängerfamilie „Leo“ sogar eines seiner Schweizer Mundartlieder zum Vortrag auf ihren Reisen angeboten habe.

Von Weimar ging's durch Thüringen nach Magdeburg und die „Rainer“ langten im November 1828 in Berlin an, wo sie viermal im königlichen Opernhaus sangen und gastliche Aufnahme bei der damals gefeierten Sängerin Henriette Sontag fanden. Nach siebenwöchentlichem Aufenthalt ging die Fahrt nach Schwerin und Hamburg, von wo dann die singenden Argonauten nach 60stündiger Fahrt im Mai 1827 in London landeten.

Dort lockte ihr fremdartiges Aussehen eine Menge von lärmenden Gassenjungen an, die ihnen das Geleite gaben, während sie im Übrigen recht freundliche Aufnahme fanden. Der dortige österreichische Gesandte, Fürst Esterhazy, empfahl sie bestens und machte sie mit dem bereits genannten Virtuosen Ignaz Moscheles und mit der hohen englischen Aristokratie bekannt. Selbst vor der nachmaligen Königin Viktoria und vor dem König in Windsor durften sie ihre Weisen vortragen und wurden reichlich von ihnen beschenkt.

Moscheles schrieb ihre Lieder im Tiroler Dialekt nieder und gab eine Klavierbearbeitung dazu heraus, während William Ball und später ein gewisser Herr T. Bally sie gang frei ins Englische übertrugen. und lustig klang nun in dem fremden Gewande „The village lay“ unser uraltes„Z'Lautersbach hab‘ i mein Strumpf verlor'n“, dass den wackeren Söhnen Albions Hören und Sehen verging! Eine förmliche Umwälzung brachten diese „Tyrolese melodies“ hervor und Englands blonde Töchter schwelgten sozusagen in „these wild inimitable songs“ (in diesen wilden, unnachahmlichen Gesängen!). Ja sogar Fräulein Sontag war 1828 nach London gekommen und jodelte selbst in ihren Konzerten diese „wilden Tiroler Lieder“ unter ohrenbetäubendem Beifall herunter!

Anfänglich bestand das Repertoire dieser Ur-Rainer hauptsächlich in der Grundform des Almengesangs, im Schnadahüpfl. Bald aber genügte dieses wegen seiner Kürze nicht mehr und man ging, um nicht allzu eintönig auf die Zuhörer zu wirken, auf die Suche nach größeren, zusammenhängenden Liedern im Volkston, bei denen sich am Schluss jedes Verses der Jodler anhängen ließ. Da jedoch hierin keine so große Auswahl war, griff man bald zu fremdartigen Liedern, die meist der damaligen Bühne entnommen wurden, oder man dichtete selbst oft recht schlechte und holperige Strophen, so dass der kräftige tirolische Almgesang in ein recht bedenklich seichtes Fahrwasser geriet und sicher alles eher als „naturig“ geklungen haben mag. So war der erste Schritt zur Entäußerung der Natürlichkeit getan, es war schon etwas „Gemachtes“ an der Sache, weil man eben dem Geschmack der Zuhörerschaft zu viel nachgegeben hatte.

Von England kehrten die Geschwister glücklich wieder in ihre Heimat zurück und es verheirateten sich sämtliche. Später gingen sie noch zweimal nach England, traten aber nicht mehr in ihrer schmucken alten Zillertaler Tracht auf, sondern in einem ganz eigenartigen Kostüm, das ihnen von König Georg IV. zum Geschenk gemacht worden war: Eine im Besitze des Frl. Theres Prantl sich befindliche Lithographie zeigt uns die vier Brüder in Jacken, mit Hermelin verbrämt, und die Schwester ebenfalls in einem mit Hermelin besetzten Kleide. Diese königliche Modernisierung mutet allerdings merkwürdig an und wirkt recht drastisch zu den Kurzhosen! Um die Mitte trugen die Männer einen silbergestickten Ranzen (Gürtel) mit dem großbritanischen Wappen darauf, ebenfalls ein wertvolles Geschenk des Königs, das sich als teures Andenken in den Sängerfamilien erhalten hat. Ludwig Rainer trug diesen Silberranzen zeitlebens auf seinen Sängerfahrten, von ihm ging er in den Besitz seiner Schwägerin Theres über und diese veräußerte ihn vor einigen Jahren an den Besitzer des Schlosses Matzen bei Brixlegg, wo er heute noch zu sehen ist.

Die letzte Fahrt nach England unternahmen die Geschwister im Jahre 1838 zur Krönung der Königin; sie erlebten aber diesmal wenig Freude, da die vielen falschen Tiroler, die ebenfalls mit ihren Liedern reisten, das sonst recht einträgliche Geschäft schon zu sehr verdorben hatten.

Auch der materielle Erfolg war auf diesen Reisen nicht ausgeblieben; als sie das letztemal aus England heimkehrten, trugen sie das schöne Sümmchen von 56.000 Gulden mit sich und neben anderen prachtvollen Geschenken und Kostbarkeiten auch die gründliche Kenntnis der englischen Sprache und eine feine Bildung, um die sie nicht wenig in ihrer Heimat beneidet wurden. Mit dem ersparten Gelde kauften sie sich Gast- oder Bauernhäuser und kehrten so wieder zu dem Stand zurück, aus dem sie hervorgegangen waren. Der älteste Bruder Anton wurde durch die Unterstützung des Fürsten Esterhazy zum Postmeister von Schwaz ernannt, wo er auf seinem Gasthofschild sogar in englischer Sprache die Worte: „Imperial Hotel, recommanded to gentlemen and travellers“ anbringen ließ. Franz Rainer wurde Postmeister in Fügen, Josef, der eigentliche Unternehmer und Führer der Gesellschaft, kaufte den adeligen Ansitz Hackelturm in Fügen und richtete ihn zum Gasthof ein. Felix und Maria kauften sich zwei schöne Bauernhöfe und somit war der Geschwister Glück und Wohlstand begründet, die ehemals nur ein einfaches, hölzernes Bauernhaus ihr Eigen nannten.

Wenn auch die „Ur-Rainer“ von da ab nicht mehr hinauszogen in die weite Welt, um mit ihrem frohen Sang die Herzen so vieler zu erfreuen, so pflegten sie doch das Lied in der Heimat immer noch weiter, ließen es gern besonders bei festlichen Gelegenheiten aus freudiger Kehle ertönen und vererbten es weiter auf Kinder und Kindeskinder, die der stille Wanderer auch heute noch in ihrer Naturwüchsigkeit im Dorf wie auf den Einschichthöfen des sangesfreudigen Zillertales hören kann.

II.

Der Begründer der zweiten, noch berühmteren Rainertruppe, die sogar vor dem großem Wasser nicht Halt machte und ihre kecken Lieder in die neue Welt hinübertrug, war Ludwig Rainer. Besäßen wir noch die leider verloren gegangenen umfangreichen Aufzeichnungen, die Ludwig selbst über seine abenteuerliche Jugend und seine vielfachen Reisen in einem für seinen Bildungsgrad erstaunlichen sprachlichen Schwung abgefasst hat, so könnten wir dem kecken, liederlustigen und leichtblütigen Sohn des Zillertals selbst das Wort erteilen. So aber müssen wir uns damit begnügen, den mangelhaften Ausführungen des alten Steub zu folgen, der leider diese reiche Fundgrube zu wenig ausgiebig verwertet hat.

Schon bevor die fünf Geschwister ihre erste Reise in die Welt antraten, hatte Maria mit ihrem gleichnamigen Vetter Josef Rainer, einem Baderssohn, ein Liebesverhältnis angeknüpft, und zwar gegen den Willen der Eltern. Aber die gegenseitige Liebe der beiden jungen Leute hatte schon so tiefe Wurzeln gefasst, dass keine Mahnung fruchtete, und am 21. Juli 1821 jodelte schon ein lebfrisches Zillertaler Bübl, das den Namen Ludwig erhielt, aus seiner hölzernen Wiege in Fügen zum ersten Mal mit seinem kräftigen Stimmlein in die Welt hinaus, dass Vettern und Basen erschreckt die Hände zusammenschlugen! Aber nicht lange erfreute sich das Knäblein der Pflege und Obsorge der Mutter; als diese mit ihren vier Geschwistern die erste Reise antrat, wurde das aufgeweckte Kind einer alten Färbermeisterin in Zell anvertraut, während der Vater Josef sich wohl noch einige Male um seinen Sprössling kümmerte, bald aber für ganz seine Heimat verließ, da er auf Befehl des „Cuiorgen“ (Chirurgen), seines gestrengen Vaters, eine reiche Bauerntochter aus dem Pinzgau heiraten musste. Erst nach des Vaters Tod kehrte er wieder als sein Amtsnachfolger nach Fügen zurück, wo er dann auch bis zu seinem Tod als vielbekannter Mann sein Baderamt versah.

Unterdessen waren ungefähr drei Jahre vergangen, seit die Mutter in der Fremde weilte; da ging der sechsjährige Bub einmal mit seiner ihm liebgewordenen Pflegemutter in Zell zur Kirche, als gerade ein schöner Zweispänner über die Brücke rollte, in dem die Mutter mit ihren Geschwistern in städtischer Kleidung saß. Freudig und schmerzlich zugleich war das Wiedersehen, als die gute Mutter noch so langer Trennung ihr liebes Kind ans Herz drücken konnte. Sie gingen zusammen in die nahe liegende Kirche hinein und Ludwig selbst schrieb später, dieser seligen Stunde gedenkend, gerührt in sein Tagebuch: „Hier betete ich das erste Mal mit meiner lieben Mutter.“ Des Wiedersehens Freude dauerte aber nicht lange und schon nach zwei Monaten sehen wir Maria wieder auf der Wanderschaft. Als nach der Rückkehr sämtliche Geschwister sich verheirateten, stellte auch Maria ihrem Söhnchen den neuen Stiefvater „Kassel“, einen ehemals gefürchteten Raufbold und Hausknecht beim „Eignerwirt“ in Fügen, vor. Unterdessen lernte der Junge recht brav in der Zeller Dorfschule, weidete in seiner freien Zeit die kleine Herde seiner Pflegeeltern auf dem Gebirge, von wo er schon die herrlichsten Jodler und erlauschten Almlieder mit seiner trefflichen, hellklingenden Stimme ins Tal erschallen ließ.

Bald wurde der Lehrer auf des Knaben schöne Stimme aufmerksam und verwendete ihn zum Kirchengesang. Der Stiefvater kümmerte sich um den Burschen in der Folgezeit nicht sonderlich und besuchte ihn nur selten. Als aber die Mutter ständig in Fügen Aufenthalt genommen hatte, holte sie den damals zehnjährigen Ludwig in Zell ab, der sich übrigens nur schluchzend und jammernd von seinen freundlichen Pflegeeltern trennte.

Mit zwölf Jahren schickte der Stiefvater den Knaben zu seinem Schwager Felix, wo er als „Gpaser“ auf der Alpe Pfuns Verwendung finden sollte. Der Junge war froh, aus dem Elternhause wegzukommen, und stieg bald hernach mit seinen „sieben Zwetschken“ und dem hölzernen Löffel auf dem Hute auf die genannte Alm, wo ihn bald alle die Senner und Käser lieb gewannen wegen seiner herrlichen Stimme. Dort konnte er erst frei von der Leber singen und jauchzen, während er vorher vor dem wilden Gesicht seines mürrischen Stiefvaters stets zittern musste. „Nur wo die Gemsen springen, kann man von Freiheit singen!“ ruft er glückstrahlend aus. Und weiter sagt er in seinem Tagebuch, wie Steub erwähnt, an einer Stelle, die gleichzeitig auch ganz besonders die frische, lebendige Darstellungsweise Rainers kennzeichnet: „O, wie zufrieden und glücklich fühlte ich mich, wenn ich auf einer hohen Bergspitze saß und in die Tiefen hinunterblickte, wenn die Ziegen so frisch um mich herumhüpften, wenn die dicken Nebelwolken gleich Pfeilen mit Windschnelle aus den Tälern heraufschossen, dann das ferne Geläute der Kinder so lieblich von Berg zu Berg tönte, wenn ich die fröhlichen Gesänge der Alpenhirten von den höchsten Felsen herunter beantwortete, dass es zehnfach im Gebirge widerhallte, oder mein Stücklein Butterbrot bei einem frischen Quell verzehrte!“ Auch an kühnen Abenteuern fehlte es nicht da droben und nicht einmal hatte der junge Bursche Gelegenheit, seine Kraft und Ausdauer sowie seinen Wagemut und seine Geistesgegenwart in äußerst schwierigen Fällen der Not, in Sturm und Ungewitter zu beweisen. Daneben gab es wieder recht lustige Stunden, in denen manch drolliges Stücklein geliefert wurde; so erzählt Ludwig, wie er einmal nach einer recht gefährlichen Jochwanderung in Sturm und Nebel bis auf die Haut durchnässt in Tux ankam, dortselbst nur mit Rock und Unterhose angetan, bei einem Totenamte auf dem Kirchenchor mitsingen musste und wie sie in Ermangelung geschriebener Noten die einzigen ihnen bekannten lateinischen Worte: Requiem aeternam dona eis, domine! lauter bekannter Alpenmelodien unterlegten, worüber die biederen Tuxer Bauern sogar noch so erbaut waren, dass sie die Sänger beim nachfolgenden Schmause freihielten! Als der Herbst ins Land zog, trieb der Junge nur ungern als letzter im Zuge seine Ziegen und Schafe von der lustigen Alpe, denn das Schreckgespenst des Stiefvaters trat wieder vor seine Augen. Beim Abtrieb von der Alm hatte er sein ohnehin vor Schmutz starrendes Hemd nach Älplerbrauch absichtlich noch „dreckiger“ gemacht, so dass die Mutter bei seinem Anblick „hoch aufjammerte“ und gleich zu Hause dann das schmutzige Schäflein mit Bürste und heißem Wasser einer gründlichen Reinigung unterzog.

Im folgenden Jahre wurde Ludwig zur besseren Ausbildung in die dritte Klasse der deutschen Schule nach Innsbruck gebracht, wo er allerdings nach seinem eigenen Geständnis nichts lernte und ein rechter Wildfang wurde, weshalb ihn seine Eltern nach der Rückkehr zur Bauernarbeit verwendeten. Die Mutter kaufte das väterliche Anwesen ihres Mannes; dieser nahm aber auch seine Mutter und Schwester ins Haus und da hatte der junge Ludwig recht bittere Tage der Not und des Hungers unter diesen bösen Verwandten zu leiden, denen der Stiefsohn verhasst war. Als die Mutter sich auf ihrer letzten Englandreise befand, trieb der rohe Stiefvater den Sohn sogar vom Hause weg und dieser flüchtete sich zu seinen Pflegeeltern noch Zell, wo ihn dann die Mutter nach ihrer unverhofften Rückkunft auch antraf. Nun wurde es der Mutter selbst zu bunt, sie fuhr mit der ganzen rücksichtslosen Verwandtenbagage aus dem Haus und gab auch ihrem Mann einen argen Verweis, da er während ihrer Abwesenheit sich's allzu gut hatte gehen lassen. Von nun an tat Ludwig als Rossknecht Dienste bei seinem Vater und erfuhr auch eine weit bessere Behandlung.

In diese Periode fiel auch die Zeit der ersten Liebe, deren Gegenstand das unschuldvolle, liebreizende Wirtstöchterlein Hannele aus Finsing war, die es dem schmucken, liederfrohen Rosselenker angetan hatte. Der gütige Leser mag verzeihen, dass wir hier ein kleines Abenteuer erwähnen, das den kecken Mut und listigen Sinn Ludwigs besonders kennzeichnet. Hanneles Vater verreiste auf einige Zeit als Viehhändler nach Russland und deshalb steckte er sein keusches Dirndl auf ein Jahr zu den Ursulinerinnen in Innsbruck. Gelegentlich einer Wagenfahrt dorthin wagte nun Ludwig einmal einen kurzen Besuch bei seiner Liebsten. Er schlich sich ums Kloster, pfiff, hustete, sang, aber alles vergebens, die Holde ließ sich nicht blicken. Da verschaffte er sich die Kleider von Hanneles Bruder, der damals in Innsbruck studierte, schlich sich mit einem gefälschten Brief zur Klosterpforte, übertölpelte die gestrenge Frau Oberin, dass er wirklich Zutritt zu seiner Geliebten erhielt, drückte in Gegenwart von zwei als Hüterinnen der Zucht zu beiden Seiten des Zöglings aufgepflanzten ernsten Nonnen einen langen, herzhaften Kuss auf die zitternden Lippen des zwar erstaunten, aber die Lage sofort erfassenden Liebchens, verduftete sich dann wieder in aller Eile und lenkte getrost und innerlich hoch befriedigt sein Wägelchen wieder der lieben Zillertaler Heimat zu.

Im Jahre 1838 traf den damals erst 17jährigen Jüngling das erste herbe Schicksal, dessen trauriger Eindruck lange noch in seiner Seele nachklang. In den Augusttagen jenes Jahres wurden nämlich die Tiroler Schützenkompagnien kommandiert, bei der Huldigung, die Kaiser Ferdinand vom Lande Tirol in Innsbruck entgegennahm, mitzuwirken. Auch die strammen Fügener Schützen rückten unter ihrem verdienten Hauptmann Anton Ritzl und dem Natursänger Oblt. Franz Nißl, dessen Riesengestalt aller Augen auf sich lenkte, in ihrer malerischen Tracht, in langen, graulodenen Röcken, den trutzigen Unterinntaler Spitzhut auf dem Kopf und den breiten Gurt um die Mitte, mit Musik aus, an der Ludwig als Hornbläser beteiligt war, und allenthalben hieß es, ihre gesangreiche Kompagnie sei die schönste vom ganzen Unterland. Man marschierte am 9. August bis Schwaz, am 10. bis Hall und nächtigte dort, und zwar wurde eine 20 Mann starke Abteilung im Gasthaus „Zu den drei Gilgen“ (Lilien) untergebracht (an der Stelle, wo heute der Gasthof zum „Bären“ steht). In Innsbruck fand an jenem Abend zur Vorfeier große Stadtbeleuchtung mit Feuerwerk statt. Unseren Schützen war es aber streng untersagt, sich dorthin zu begeben, um durch vereinzeltes Erscheinen das Aufsehen, das sie am folgenden Tage durch ihr schmuckes, malerisches Aussehen unbedingt machen mussten nicht abzuschwächen. In dieser Unglücksnacht um 1 Uhr stürzte aber durch den Druck des nebenstehenden baufälligen Hauses der größte Teil des Gastgebäudes ein und begrub sechzehn der jungen Kameraden unter den Trümmern. Rainer selbst war an dem Abend zufällig trotz des Verbotes als leichtsinniges Bürschlein seinem Vergnügen nachgegangen, hatte vor den Bergbeamten in Hall gesungen und Web so infolge eines - Ungehorsams am Leben! Am nächsten Tage wurde die Kompagnie versammelt und auf besonderes Verlangen des Kaisers marschierte sie mit schwarzumflorten Trommeln und Fahnen nach der Hauptstadt; Ludwig Rainer wurde persönlich vor den Kaiser und Erzherzog Johann gerufen, musste die ganze traurige Geschichte erzählen und die kaiserliche Familie drückte das innigste Bedauern über die erschütternde Begebenheit aus und lies auch namhafte Unterstützungen an die Hinterbliebenen ausfolgen.

in Innsbruck waren die Schützen beim „Adambräu“ einquartiert und hätten dort bald ein ähnliches Unglück erlebt wie in Hall, da nämlich Rainer infolge des ausgestandenen Schreckens der vorhergegangenen Nacht ein böses Traumgesicht hatte, das ihn zu dem Ausruf: „Auf, es bricht alles z'sammnen!“ zwang, wodurch großer Lärm und Verwirrung im ganzen, mit Schützen vollgepfropften Hause entstand. Am folgenden Tage fand der Festzug statt und nachmittags war die Mutter Ludwigs mit ihren vier Brüdern geladen, vor dem Kaiser zu singen. Tags darauf brachen die Schützen wieder auf nach Hall, wo sämtliche Unterinntaler Kompagnien den toten Freunden ein feierliches Geleite auf den dortigen Friedhof gaben.

Ludwig war ansonst ein ziemlich flottes, leichtsinniges Bürschlein geworden und scheint, wie er selbst offen gesteht, im Zechen und Müßiggehen tapfer mitgehalten zu haben mit der damaligen männlichen Jugend seines Heimattales, sodass die Mutter nicht immer gerade erbaut gewesen sein mag vom Tun und Treiben ihres Sohnes. Da kam einst ein befreundeter Mann, namens Johann Masserer, der mit seinem Bruder Franz, mit Simon Holaus aus Zell und mit Margareta Sprenger von Kupferberg als Tiroler Sänger auf Reisen gewesen war, lud den jungen Ludwig, dessen Stimme ihm auf dem Kirchenchor so gut gefallen hatte, auf seine bevorstehende Reise ein und erhielt auch gleich die Zusage der Mutter, welche die bezeichnenden Worte sprach: „Ja, wenn du glaubst, dass du mit dem leichtsinnigen Bürschlein etwas machen kannst, so nimm ihn nur mit - schlimmer kann er nimmer werden als er ist!“

Beim „Dreikönigswirt“ in Kufstein gaben sie das erste Konzert, hier trat Ludwig zum ersten Mal öffentlich auf und errang zugleich mit den anderen ungemeinen Beifall. Von dort gings nach München, wo sie vor dem Herzog Maximilian sangen. Ludwig hatte sich vorgenommen, ein braver Mensch zu werden, und hat dies auch gehalten. Gleich von der Isarstadt aus schickte er 80 fl. Ersparnis seiner Mutter nach Hause. Von München gings nach Nürnberg, Bamberg, Bad Kissingen, Würzburg, Frankfurt, Bad Ems und dann wieder zurück nach Karlsruhe und Baden-Baden. Hier erkrankte Holaus am Nervenfieber und so kehrte die ganze Gesellschaft wieder nach Fügen zurück, wo die Mutter höchst erstaunt war über die gänzliche Umwandlung ihres Sohnes.

Bis hierher reichte Ludwigs eigene Lebensbeischreibung. Die folgenden biographischen Daten hat dann Steub dem Tagebuch der Reise nach Amerika entnommen, in dem Ludwig vom 1. Jänner 1840 bis zum Mai 1863 Tag für Tag seine Erlebnisse verzeichnete.

Die erste Idee, die „Fügener“ nach Amerika zu führen, ging von Eugen Burnand, einem französischen Abenteurer und Spekulanten, aus; dieser tauchte wahrscheinlich 1839 im Wirtshaus Hackelturm auf, machte die Bekanntschaft mit den Sängern und „gaschierte sie dann auf zwei Jahre zu einer Kunstreise an“, wie Rainer selbst schreibt. Ludwig ging aus den Gedanken gleich ein, ihm folgten seine Base Helene Rainer als Sopranistin, sowie der bereits genannte Simon Holaus als Bassist und die Altistin Margarete Sprenger. Nach einem schweren Abschied von den Lieben und den schönen heimatlichen Bergen schwamm das junge Tiroler Quartett, dessen ältestes Mitglied Holaus erst 22 Jahre zählte, über den breiten Rücken des Ozeans einer neuen, unbekannten Welt zu. Leider ist es nicht mehr möglich, einzelne hochinteressante Abenteuer während der Überfahrt zu erwähnen, die nach Emil Auers Angaben Ludwig bis ins kleinste Detail lebenswahr und höchst anziehend geschildert hat. Das Amerika-Tagebuch ist ebenso verschwunden wie Ludwigs Lebensbeschreibung *).

*) Sollte zufälligerweise eine Angabe bezüglich Verbleib dieser für tirolisches Nationalsängertum höchst wichtigen Handschriften von irgend einer Seite noch gemacht werden können, so ließe sich der Schreiber dieser Zeilen einem gütigen Leser oder einer hübschen Leserin wärmstens empfohlen sein.

In Amerika wurde aber unsere junge Tiroler Gesellschaft bald von dem arglistigen Franzosen schändlich betrogen; als sie nämlich durch ihre trefflichen Leistungen das nordamerikanische Publikum schon 14 Monate lang entzückt hatte und endlich Abrechnung und Auszahlung ihres Verdienstes verlangte, war der lose Vogel von einem Franzmann, dem die Mitglieder auch noch ihre ganzen Ersparnisse in ihrer weltunerfahrenen Einfalt anvertraut hatten, mit der Kasse durchgebrannt und kam nie wieder zum Vorschein. So fasten die Armen ohne Mittel und Geld in Neu-Orlean verlassen da! Aber Ludwig, der sich während der Zeit genügend Kenntnisse und die nötige Fertigkeit in der englischen Sprache erworben hatte, wurde der Retter in der Not und nahm unverzagt die Führung Gesellschaft selbst in die Hände. Mit Hilfe einiger Schweizer Kaufleute, denen die Tiroler besonders gefielen, gingen sie wieder frischen Muts ihrem Berufe nach, und zwar gings den Mississippi aufwärts bis nach St. Louis, von dort zurück und den Ohio hinaus bis Pittsburg, dann zurück nach Philadelphia und Newyork, wo sie überall warme Aufnahme fanden und glänzende Geschäfte machten.

In Boston aber, wo sich die Gesellschaft 13 Monate lang aufhielt, traf sie ein neues Missgeschick: Ludwigs Base Helene, ein reizendes, unverdorbenes Mädchen, hatte sich nämlich heimlich einem Amerikaner versprochen und ließ sich eines Tages nach der kurzen amerikanischen Manier trauen. Alle Vorstellungen Rainers blieben erfolglos und nun stand das zerrissene Quartett ratlos ohne Sopranistin da. Aber Ludwig verlor den Mut nicht und wusste sich zu helfen. Er hatte früher öfters einen irländischen Knaben, der ab und zu den Darbietungen der Gesellschaft beiwohnte, bemerkt, wie er das Jodeln der Tiroler mit recht viel Geschick nachzuahmen verstand, und bald stand der junge Irländer als Tiroler Sopran im Nationalkostüm und mit einem hohen Hut aus Pappe vor dem erstaunten Publikum in Boston! Die Geschäfte gingen wieder recht gut, aber, o Pech! Nach einem halben Jahre schlug der feine Sopran des Jungen in eine Bassstimme um und der Knabe musste wieder nach Hause wandern. Der rastlose Ludwig fand jedoch bald einen Ausweg: Er schrieb seinem Onkel Felix nach Fügen um ein passendes Talent. Drei Monate lang musste die Gesellschaft sehnsüchtigst in Halifax warten, bis endlich der Ersatz kam; dieser bestand aber leider nicht in einem guten, sondern in zwei schlechten Mustern, „die besser mit der Heugabel umzugehen wussten als mit Alpengesang“, sodass sie nicht auftreten konnten. Außerdem erkrankte zu allem Unglück noch Ludwig in Pyfass, musste einige Monate das Bett hüten und nach seiner Genesung trat man ein wenig entmutigt die Heimreise an, jedes einzelne Mitglied mit einer Ersparnis von 6000 fl., während sonst, wenn alles nach Wunsch gegangen wäre, nach Rainers eigener Schätzung jeder Teilnehmer leicht das Zehnfache hätte heimbringen können.

Im Jahre 1843 entschloss sich Rainer zu heiraten, und zwar fiel seine Wahl, nachdem sein Jugendliebchen Hannele schon in Wien irgendeinem Milchmeier angetraut war, auf seine Altistin Margarete Sprenger, die im fremden Weltteil treu mit ihm durch dick und dünn gegangen war. Aber schon nach einem Jahr riss das unerbittliche Schicksal das geliebte Weib infolge einer unglücklichen Entbindung von seiner Seite und Mutter und Kind wurden in Fügen begraben. Im folgenden Jahre kaufte er das Gasthaus zum „Hirschen“ in Rattenberg und ging eine zweite Ehe mit Lucia Golner, einer Wirtstochter aus Brugg im Zillertal, ein. Von den Kindern dieser Ehe blieb nur ein Sohn Ludwig am Leben, der anfangs ebenfalls als Sänger auftrat, dann aber eine eigene Gesellschaft gründete und in Dresden jung starb.

Es kam das Jahr 1848 und freche Horden Garibaldis drangen in Südtirol ein, um das Land südlich vom Brenner, an Italien zu bringen. Da litt es Ludwig nicht mehr zu Hause, er trat als Leutnant in die Rattenberger Schützenkompagnie, die unter Führung des tapferen Hauptmannes D. Sterzinger sich in den heißen Kämpfen von Mezzolago im Ledrotale heldenhaft betätigte und dafür auch ausgezeichnet wurde. Nach der Rückkehr vom Feldzug erwachte in Rainer wiederum die Lust nach dem alten Wander- und Sängerleben und das Jahr 1851 bot gerade eine günstige Gelegenheit, als der Ruf von der ersten großen Weltausstellung in London auch in die stillen Täler Tirols drang. Rainer verkaufte sein Anwesen, stellte mit Holaus ein Quintett zusammen, suchte für Frau und Kind ein behagliches Unterkommen und machte sich auf nach der britischen Residenz. Dort fand seine Truppe günstige Aufnahme und rauschenden Beifall; allerdings wurde der ursprünglich gepflegte Naturgesang bedeutend verkünstelt und meist in englischer Sprache vorgetragen, weil man eben dem Geschmack der fremden Zuhörerschaft gerecht werden wollte. Selbst vor der Königin Viktoria in Windsor Castle sangen die Zillertaler mehrmals und Rainer erhielt von ihr sogar eine goldene Uhr zum Geschenk. Auch in Schottland und Irland ließen die Tiroler ihre kräftigen Jodler erschallen und wurden überall freudigst begrüßt. 1853 kehrte die Gesellschaft wieder zurück in die Heimat und im darauffolgenden Jahre machten die Sänger eine Reise nach Italien und kamen bis nach Triest, weiter brachte Rainer seine Leute wegen der gefürchteten „Zanzare“ (Mücken) nicht und Holaus erklärte trocken: „Nach Fiume geh i nöt umme!“ Auch auf der ersten Pariser Weltausstellung im Jahre 1855 fehlte Rainer nicht und lustig klang es im schicksalsreichen Palast der Tuilerien vor Napoleon III. und seiner Eugenie: „Auf der Alm, da gibts koa Sünd.“

Von Paris wandte sich Rainer wieder nach dem Norden Europas, auch Skandinavien sollte sich an seinem prächtigen Tenor und seinen hellen Jodlern erfreuen und die Gesellschaft blieb zwei volle Jahre abwechselnd in Dänemark, Schweden und Norwegen. Im Jahre 1858 tauchte der unermüdliche Sänger sogar in Russland auf und hatte bald die sonst so kalten russischen Herzen im Sturm erobert: zehn Jahre lang blieb er dortselbst, im Sommer in Petersburg, im Winter in Moskau und die flotten Tiroler waren beim Zaren ebenso gern gesehen wie bei den gekrönten Häuptern an der Themse and Seine. Der Zar hatte ihnen sogar Land zur Bebauung angeboten, aber die Liebe zur eigenen Scholle überwog stets wieder. Während seines langen Aufenthalts in Russland wurde aus Rainer sogar ein Handelsmann; er kaufte nämlich zur Winterszeit Unmengen von Birk- und Spielhahnfedern um billiges Geld zusammen und verhandelte sie dann an die k. k. österreichische Armee. Anfangs erzielte er daraus reichen Gewinn, später aber pfuschten ihm die Juden ins Geschäft und drückten die Preise so herab, dass er die Lust zu dieser Handelsschaft verlor und wieder zum Gesang allein zurückkehrte.

Fünfmal reiste Rainer während seines russischen Aufenthalts in seine Heimat, teils um die Seinen wiederzusehen, teils um neue Mitglieder anzuwerben, da er einige durch Tod verlor, die in der eigenen Rainerschen Familiengrabstätte in Petersburg von ihren Wanderungen für immer ausruhen. Im Jahre 1863 starb seine zweite Frau in der Heimat: der Vater nahm nun seinen Sohn Ludwig mit nach Russland und verheiratete sich 1865 zum dritten Mal im 44. Lebensjahre mit Anna Prantl, einer Wirtstochter von St. Margarethen bei Schwaz, die sich damals schon mit zwei jüngeren Schwestern und einem Bruder in seiner Gesellschaft befand und die zusammen außerordentlich viel zum künstlerischen Gelingen damals und mehr noch in der Folgezeit beitrugen, so dass damit eigentlich eine ganz neue Epoche gesanglichen Aufschwunges in der Gesellschaft zu verzeichnen ist. Die Hochzeit wurde in aufsehenerregender Weise in Petersburg gefeiert und nicht weniger als fünfhundert lustige Festgäste erschienen dabei im Tiroler Nationalgewande. Am Abend vorher brachte die Deutsche Liedertafel dem schmucken Brautpaar einen prächtigen Fackelzug dar und Geschenke regnete es nach russischer Art in Hülle und Fülle. Auch äußerst wertvolle Anerkennungsschreiben sammelte Rainer bei dieser Gelegenheit in seinem heute noch vorliegenden Album.

Das Wiener Schützenfest zog Rainer endlich 1868 wieder aus dem ihm liebgewordenen Russland heraus und sechs Monate lang sehen wir unseren Ludwig untertags als leidenschaftlichen Schützen am Scheibenstand und abends als Jodler auf den Brettern. Von der Kaiserstadt aus bereiste die Gesellschaft Ungarn, Siebenbürgen, die Walachei und einen Teil der Türkei. 1869 kehrte Rainer in die Heimat zurück, um den Grund zu einem neuen Unternehmen zu schaffen: er erbaute nämlich am östlichen Gestade des Achensees den nachher vielberühmten „Seehof“, und während er noch die nächsten zwei Jahre in den europäischen Hauptstädten Tiroler Lieder sang, oblag seine tüchtige Frau als umsichtige Baumeisterin der Einrichtung der neuen Heimat am herrlichen See und im Jahre 1870 wurde diese gastliche Stäte gänzlich eröffnet. Der „Seehof“ hat freien Ausblick nach allen Richtungen und bestand aus dem Hotel, dem Kaffeehaus und dem ein wenig weiter rückwärts gelegenen Wohnhaus der Familie nebst einem kleinen Kirchlein. Speisesaal, Lesezimmer und Musikzimmer boten dem anspruchsvollsten Wanderer jeglichen Luxus und eine großangelegte Bücherei mit Werken in den verschiedensten Sprachen vervollständigte das Ganze. Wie modern Rainer seine Gaststätte eingerichtet hatte und was den Fremden darin an lukullischen, musikalischen und allen andern erdenklichen Genüssen geboten wurde, möge auch aus den noch erhaltenen gedruckten Konzertprogrammen ersehen werden, die er auf seinen Reisen ins Ausland stets mitführte und auf denen nebst seinem eigenen Bilde und der Ansicht des sich malerisch in den grünblauen Wassern spiegelnden „Seehofes“ alle nötigen Auskünfte über Ausflüge, Kahnfahrten, Bahn- und Stellwagenverbindungen sowie die Preise der Speisen, Getränke und Zimmer ersichtlich gemacht waren. Bald gewann der „Seehof“ infolge des gewaltigen Fremdenzustromes an Bedeutung, sodass die die umliegenden Gasthöfe neidisch nach ihm blickten. In dem dem Benediktinerstift Fiecht gehörigen „Fürstenhaus“ in der Pertisau herrschte damals nach dem Zeugnis vieler eine Dienstbotenwirtschaft und klösterliche Beschränkung der persönlichen Freiheit, die den fremden Gästen den Aufenthalt meist verleidete. In der „Scholastika“ war es zu primitiv, man fand dort die alttirolischen einfachen Zustände, aber nicht mehr die alttirolischen einfachen Preise. Während im Fürstenhaus am Freitag nur Fastenspeisen verabreicht wurden und am Sonntag das unschuldigste Kartenspiel verpönt war, fanden bei Rainer im sogenannten „Füßen Lochl“, einem Raum im Erdgeschoss des Gasthauses, alle Abends lustige Tanzunterhaltungen statt, an denen seine Familie, Bauern der Umgebung und Fremde in gleicher Weise fröhlichen Anteil nahmen. Das wurde aber bald ruchbar und gewisse Kreise sorgten in ihrer christlichen Nächstenliebe schon dafür, dass Rainers Unternehmen verschrien und vor dem Seehof wie vor einer Räuberhöhle gewarnt wurde. Ja, man machte dem Besitzer sogar den Vorwurf von Irreligiosität und Rainer versuchte, diese falsche Anschuldigung dadurch zu entkräftigen, dass er auf seinem Grund und Boden, aus eigenen Mitteln ein Kirchlein erbauen ließ! Es war also kein kleines Wagnis, unter solchen Umständen seinen Platz zu behaupten: aber der Wirt Rainer hat in Verbindung mit dem Künstler Rainer endlich dennoch den Sieg davongetragen. Auf seinen Reisen hat er sich eine Unmenge von Freunden erworben, die treue Besucher wurden und sich im Kreise der liederfrohen Sänger und Sängerinnen stets wohl fühlten. Unter diesen fanden sich auch die Maler Defregger, der bald ein dicker Freund der Familie wurde, sowie Angeli und Makart ein und ab und zu kam auch der alte Sommergast Adolf Pichler mit seinem Kahn vor dem Seehof angefahren und unterhielt sich bestens bei Sang und Tanz in der lustigen Gesellschaft; Frl. Theres Prantl meinte noch vor kurzem, des Dichters gedenkend, er sei „ein recht nettes, lustiges Mandl“ gewesen. Dichter und Künstler trugen bei solchen Gelegenheiten dann auch ihre Namen oder Handzeichnungen in ein dort aufliegendes Fremdenbuch ein, das allerdings vorzeitig ein schmähliches Ende nahm, wie uns ein ergötzliches Geschichtlein des „Neuen Wiener Tagblattes“ aus jener Zeit berichtet. Kam da eines Tages ein vigilierender (Anm. SAGEN.at: aufpassen, ermitteln, sich umsehen) Gendarm ins Gasthaus, blätterte im Buche hin und her, schüttelte missmutig und stirnrunzelnd das weise Haupt, langte sodann nach der Tasche, zog grimmig einen Rotstift heraus und fuhr einige Male schonungslos über gewisse Zeichnungen hin und her! Da naht zufällig ein Mädchen der Rainergesellschaft, erblickt das Vernichtungswerk und fällt mit einem lauten Aufschrei des Entsetzens dem Mann der Wacht in den Arm. Der aber blickt ruhig empor und spricht mit klassischer Ruhe die Worte: „Gehört sich das in ein Fremdenbuch? Da hat man nur Namen, Stand, Charakter und Art der Legitimation einzutragen, das übrige gehört sich nicht!“ Sprachs und ging.

Im Jahre 1873 finden wir Rainer dann auf der Wiener und 1878 auf der Pariser Weltausstellung, woselbst er durch Vermittlung des Prof. Dr. Ed. Hanslick aus Wien im Auftrage des österreichischen Handelsministeriums den tirolischen Nationalgesang zu vertreten hatte und wofür ihm auch die Commemorativ-Medaille eingehändigt wurde.

Während des Winters 1879 und 1880 konzertierte die Gesellschaft in Norddeutschland und Petersburg. Im August 1881 kam Kaiser Franz Joseph auf der Reise nach Bayern auch zum Achensee: nach kurzem Aufenthalt in Buchau fuhr der Monarch zum Seehof, wo der Besitzer im Nationalgewand, mit seinen Medaillen geschmückt, erschien. Er und die weiblichen Mitglieder seiner Gesellschaft traten in kleidsamen Trachten an den kaiserlichen Wagen und Rainer sagte: „Allergnädigster Kaiser, grüß Gott! Wir sind glücklich, dich in unserem Land zu sehen.“ Der Kaiser erwiderte: „Es freut mich sehr, dass ich dich wiedersehe, Rainer: seit dem Jahre 1848, wo du mir in Innsbruck die Fügener Schützenkompagnie vorführtest, haben wir uns nicht mehr gesehen, da waren wir beide noch jünger.“ Dann überreichte die Tochter Rainers einen Blumenstrauß, den der Kaiser mit den Worten: „Dank dir schön, Thresl!“ entgegennahm.

Seit Erbauung des „Seehofs“ hielt sich Rainer mit seiner Gesellschaft während des Winters stets dortselbst auf, um sich van den Reisestrapaze zu erholen; im Sommer aber ergriffen die munteren Sänger und Sängerinnen wieder den Wanderstab und zogen in die weite Welt. Es wäre wohl schwer möglich, alle die verschiedenen Fahrten durch ganz Europa zu verfolgen, es genüge, wenn wir kurz erwähnen, dass unsere Rainer kein europäisches Land unbeachtet ließen und mit größtem Beifall an den Höfen von Wien, London, Berlin, Paris, Petersburg, Brüssel, Kopenhagen, Dresden und München zu wiederholten Malen auftraten und dabei jederzeit die höchsten künstlerischen wie auch materiellen Erfolge errangen. Ein ganzes dickleibiges Buch von Zeitungsausschnitten, die die Sänger auf ihren Reisen sammelten, liegt uns vor und gibt beredte Kunde von dem gewaltigen Zauber, den der „Sang der Rainer“ allenthalben ausübte; wir wollen aus der großen Menge nur eine Berner-Kritik vom Jahre 1883 herausgreifen, die wegen ihrer Originalität bemerkenswert erscheint: „Marschierten Herr Rainer und seine Leute über das Podium, so ging ein Flüstern durchs Haus, das, sobald die ersten Jauchzer verklangen, zum brausenden Jubel anschwoll. Erklang aber erst das Lied vom „Frischen Maderl im Tal“, so tobte der Sturm mit elementarer Gewalt. Die Studenten schwenkten die Mützen, die Kellnerfräcke wedelten bisl bisl, die Handelsbeflissenen kauften Lichtbilder der holden Sängerinnen, die jungen Leutnants schwangen die Säbel und bestellten frischen Grog, die Privatdozenten schnalzten und in den ordentlichen Professoren zitterte das Echo: Holdrio! Dulidie!“

1884 endlich beschloss Rainer sein 50jähriges Sängerjubiläum mit einem Konzert in München und von dieser Zeit an zog er nicht mehr in die Ferne.

Nun möge noch einiges über L. Rainers eigene Persönlichkeit und die wichtigsten Mitglieder seiner Truppe aus dieser Zeit nachgeholt werden. Ludwig stand damals schon ziemlich hoch in Jahren, fühlte und gab sich aber doch stets noch als „Junger“. Seine knorrige, kraftvolle Gestalt, sein interessantes, charakterzugvolles Gesicht gaben ihm den Typus eines echten Vertreters seiner Nation. Weder seine Weltreisen noch die Auszeichnungen, die ihm überall zuteil wurden, noch auch der Besitz seines prächtigen Hotels am See haben ihm etwas von seiner Naturwüchsigkeit und seiner Frische rauben können und gerade so wie vor 20 und 30 Jahren schmetterte er mit der Stimme eines Jünglings seine Lieder hinaus zur Freude aller. Seinen kräftigen und reinen Tenor hatte er sich bis ins Alter bewahrt, ebenso war er immer noch ein großartiger Jodler, ausgezeichneter Buffosänger und trug auch komische Volkslieder mit mimischem Spiele ganz vorzüglich vor. Eine Glanzrolle, wozu ihn seine knorrige Gestalt besonders befähigte, war „Andre Hofers Tod“, womit er allerorts großes Aufsehen erregte. Auch als Komponist trat Rainer auf und neben verschiedenen anderen Werken zeigt der dem Zaren gewidmete Marsch „AIpenkönig“ von seinem musikalischen Können.

Mit besonderem Geschick verstand es Rainer, auf all seinen Reisen eine stets auserlesene Truppe von Sängern und Sängerinnen um sich zu scharen, deren Zahl bis zu zwölf, in Russland noch darüber hinaus anwuchs und die naturgemäß stets einer großen Veränderung unterworfen war. Wir machen hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit und nennen nur einige der wichtigsten Namen derer, die Rainers Ruhm verbreiten und in alle Welt tragen halfen. Da war vor allem seine treue Begleiterin und Gattin, Anna, geborene Prantl, aus St. Margarethen, eine Sopranistin mit glockenreiner Stimme, ihre Schwester Therese, die Hauptstütze der Gesellschaft, auf die wir später noch zu sprechen kommen, eine andere Schwester, die blonde Isabella, deren Schönheit und klare, reine Stimme die Herzen aller im Flug eroberte; diese heiratete später einen Burschen aus dem Achental, baute das Hotel „Stefanie“ in Pertisau, hatte aber wenig Glück in diesem neuen Beruf, starb noch jung im Innsbrucker Spital und liegt am dortigen Friedhof begraben. Außer diesen zwei Schwestern Prantl waren noch drei andere, nämlich Julie, Maria, Viktoria und zwei Brüder, Ludwig und Alois, letzter Meister auf der Mundharmonika, bei der Truppe; dieser starb frühzeitig in Kiel und wurde dort unter regster Teilnahme von Schützen und Studenten, deren besonderer Liebling er stets gewesen war, zu Grabe geleitet. Von den Kindern Rainers waren der Sohn aus zweiter Ehe Ludwig und aus dritter Ehe Viktor und Theres längere Zeit bei der Gesellschaft; Viktor war in Petersburg gebaren und galt als hervorragender Jodler und Meister auf Holz und Stroh. Später war er Leiter einer Tiroler Gesangs- und Tanztruppe in Düsseldorf, wo er am 7. Janner 1909 plötzlich an Blutsturz starb. Die Tochter Theres, das „Teuferl vom Achensee“, die damals als kleines Mägdlein dem Kaiser den Strauß überreichte, ererbte von ihrem Vater ebenfalls ein außerordentliches musikalisches Talent, ist eine vorzügliche Altistin und überaus gewandte Klavierspielerin und lebt gegenwärtig in Innsbruck. Den engeren Familienkreis schließt Christine Rainer, Ludwigs Schwiegertochter, und Frl. Bircher-Rainer, eine Nichte Ludwig Rainers, die als Jodlerin und Sopranistin glänzte. Große Verdienste um die Truppe hatten auch Rainers entferntere Verwandte Frau Johanna Hofer mit ihrer metallreichen Sopranstimme und Gusterl und Loni Hofer mit ihren lieblichen Sopran- und Altstimmen. Außerdem wären von der Gesellschaft noch die Tenöre Johann Brixner (Gänsluckner), Adolf Körbler, Max Tannert, Konrad und die Bässe Josef Bogner, Karl Granzelhuber, Josef Thaler, Michaelis, Hausmann, Ploner und der durch seinen phänomenalen Stimmumfang bekannte Hartmann, sowie der Bariton Franz Gürtler zu nennen. Die Begleitung, die in Schlag- und Streichzither, Gitarre, Harmonika, Holz und Stroh bestand, wurde hauptsächlich von den Damen Theres Prantl, Gusterl Hofer, Daser, Marie Klotz und den Herren Viktor Rainer, Tannert und Gürtler besorgt.

Zu bemerken wäre, dass die Gesellschaft stets in der heimatlichen Nationaltracht vor das Publikum trat and dadurch noch ganz besonders auf die Zuschauer wirkte. Allerdings verfeinerten sich mit der Zeit such die Kostüme, besonders die der weiblichen Mitglieder, und es mag wohl mancher Fremde, der, durch die köstlichen Darbietungen der Rainer angezogen, im Sommer einmal die Tiroler Täler durchwanderte, gar höchlich erstaunt gewesen sein, wenn er Rainersche Trachten nicht vorfand, denn in dieser Feinheit wird das schmucke nationale Gewand wohl nirgends getragen worden sein! Aber nicht im Gewande, nicht in Äußerlichkeiten, die ja auch dem Modetyrann unterworfen waren, lag der Wert und die Tüchtigkeit der Truppe, sondern im inneren künstlerischen Gepräge; denn sowohl in den Gesamt- wie in den Einzelleistungen zeigte es sich, wie weit diese Gesellschaft ihren vielen Konkurrenten im Tiroler Nationalgesang überlegen war. Wir haben es hier mit einer Truppe von kunstgemäßen Repräsentanten des echten Volksliedes zu tun, es ist die durch die Kunst veredelte, dabei aber noch im ganzen Reiz ihrer Ursprünglichkeit strahlende Natur. Rainer hat es verstanden, nicht bloß nationalen Gesang, sondern auch Kunstgesang zu bieten, insofern als die Lieder, die seine Truppe sang, stets mit der größten künstlerischen Vollendung ausgeführt wurden. Einen Großteil des Erfolges hat die Gesellschaft wohl auch ihrem bescheidenen Auftreten zu verdanken und dem Umstand, dass sie stets nur dem heiteren Humor und harmlosen Scherz, nie aber der Frivolität Spielraum ließ und infolgedessen sich überall größte Achtung erwarb. Die Jodler und Gebirgsweisen wurden mit feinem Verständnis, warmem Gefühl, Farbenreichtum und echter, ungeschminkter Natürlichkeit vorgetragen. Die reizenden Melodien flossen in entzückender Weise von den Lippen, erfreuten das Herz des Zuhörers und rangen ihm Beifall ab. Es wehte im Ganzen ein erfrischender Hauch aus all den gebotenen Gesängen, die hin und wieder auch einer drastischen Derbheit nicht entbehrten. „Wie Waldesrauschen und Tannenduft“, schrieb einmal ein besonders begeisterter Krititus, „wehte es dem andächtig lauschenden Zuhörer aus ihren Liedern entgegen und gern gab man sich dem Zauber hin, den dieser frische, oft neckische, oft schwermütige Gesang xxx [Anm.: unleserlich]. Dabei war der Vortrag rhythmisch fest und xxx [Anm.: unleserlich] und ungekünstelt und zeigte von emsiger, gewissenhaftester Schulung: ihr ganzes Auftreten war höchst anständig, elegant und sicher, sie waren keine Salontiroler, sondern echte Naturkinder des Hochgebirges. Wenn die „Rainer“ in späterer Zeit dem musikalischen Geschmack der Zuhörerschaft größere Zugeständnisse machten als ehedem, so geschah dies wohl nur aus dem Grunde, um Eintönigkeit zu vermeiden und einigermaßen gerechten Wünschen nachzukommen, und das Programm dieser Jahre zeigte neben den bodenständigen, urfrischen, naiven Jodlern und Schnaderhüpfeln auch launig und meisterhaft vorgetragene Potpourris, die meist von Frl. Theres Prantl recht hübsch arrangiert und eingeübt wurden, außerdem Episoden aus populären Wiener Operetten, die dem heiteren Nationalcharakter des Ganzen jedoch keinen Abbruch taten, da eben nur Stammverwandtes aufgenommen und verarbeitet wurde.

Die Ruhe und Erholung von 50 Jahre langen Wanderstrapazen fand Rainer in vollstem Maße in seinem Achentaler Ansitz, wo er mit Unterbrechung von einigen Jahren, während welcher er zugleich mit seiner Schwägerin Theres das Gasthaus zum „Burgriesen“ in Innsbruck innehatte, seinen Lebensabend verbrachte. Den Winter 1893 hielt sich der populäre Sängergreis bei seiner verheirateten Tochter Thresl Lechner in St. Margarethen, der Heimat seiner Frau Anna, auf, wo heute nach eine wertvolle Erinnerung an den Aufenthalt der Rainer in Russland aufbewahrt wird: im zweiten Stock des Gasthauses befinden sich in einem großen Zimmer in Russland gemalte, kostbare Tapeten, die den russisch-türkischen Krieg vom Jahre 1878 darstellen.

Am 1. Mai verließ Rainer das Heim, um eine Reise nach München zur Hochzeit einer Freundin zu unternehmen. Aber schon auf der Heimreise von der bayerischen Residenz klagte der Alte, höchstwahrscheinlich infolge einer dortselbst erlittenen seelischen Aufregung, über Unwohlsein - er laborierte on einem alten Herzleiden - so dass er sich genötigt sah, im Dorf Kreuth Aufenthalt zu nehmen. Sein innigster Wunsch, zu Pfingsten auf seinem prächtigen Besitz am Achensee zu weilen, ging jedoch nicht mehr in Erfüllung und der viel gefeierte Sängerveteran sollte seine liebe Heimat nicht mehr wiedersehen. Seine Schwägerin, die stets liederreiche Theres, die Rainer auf der Reise von München über Tegernsee im Wagen begleitete, pflegte ihren Schwager mit Umsicht und zarter Sorge. Aber nach dreitägiger Krankheit verschied der Sängergreis am 15. Mai 1898 in Kreuth. Zur gleichen Stunde, als der Müde mit dem Tode rang, sang ein Vögelein draußen vor dem Fenster gar herrlich und der zufällig vorbeifahrende Postillon blies das traute Lied: Auf den Bergen hoch da droben! „So stirbt ein Sänger“, meinte Theres. Die Leiche wurde nachts nach dem „Seehof“ überführt und in der herrlich ausgestalteten Kapelle aufgebahrt. Eine Menge Volks wanderte hinaus, dem lieben Vater Rainer das letzte „Lebewohl“ zu sagen. Am 18. Mai fand dann die feierliche Beerdigung in Achenkirch statt. Die außerordentlich zahlreiche Beteiligung an der Trauerfeier gab wohl den deutlichsten Beweis von der allseitig bezeugten Teilnahme und großen Beliebtheit, deren sich „der Alte vom Berge“ allerorts erfreute. Gegen sieben Uhr morgens verließ der Trauerzug den „Seehof“. Der Sarg, der den Dahingeschiedenen barg und auf dem der Säbel ruhte, mit dem Ludwig im Jahre 1848 einst tapfer mitfocht, war von zahllosen prächtigen Kränzen mit Widmungsschleifen geschmückt. Vor Achenkirch erwartete die Ortsmusik mit Fahne sowie die Schützenkompagnie in schmucker Tracht den Leichenzug und im Dorf wurde Rainers sterbliche Hülle von der Geistlichkeit eingesegnet. Dann gings unter erstem Glockengeläute und unter den Klängen eines Trauermarsches dem Friedhof zu, wo Rainer in seiner eigenen Familiengruft zur ewigen Ruhe bestattet wurde. Noch ehe sich die Erde über dem biederen Alpensohn und tapferen Kämpfer schloss, gab die Ehrenkompagnie ihre Salve ab. Nach dem Trauergottesdienst fand bei der „Post“ der übliche Totenschmaus statt, an dem außer den Angehörigen des Verstorbenen wohl über hundert Gäste teilnahmen. Ein schönes Marmordenkmal ziert heute das Grab des Verewigten und die folgenden schlichten, von ihm selbst verfassten inhaltsreichen Worte gemahnen noch an den weitgereisten Meistersänger:


„Ausgelitten, ausgerungen,
viel gereist und viel gesungen.“

III.


Zum Schlusse erübrigt es noch, auf ein Mitglied der Familie Rainer näher einzugehen, das einerseits schon durch verwandtschaftliche Bande innig mit diesem Namen verknüpft war und andererseits auch in künstlerischer Hinsicht durch Jahrzehnte hindurch überaus Großes geleistet hat - es ist dies Frl. Theres Prantl. Sie war durch lange Jahre hindurch die eigentliche Seele des ganzen Unternehmens, der „Musikprofessor“, an ihr fand Rainer die sicherste Hilfe und treueste unverdrossenste Mitarbeiterin. Durch ihre feine musikalische Bildung und ihren geschmackvollen Vortrag als Sängerin wie auch als Zitherspielerin hat die „schöne Theres“, diese Perle des Sängerkreises, die Anerkennung selbst streng kritischer Kreise erworben. Rainer hat ihre Verdienste jederzeit voll und ganz anerkannt und in deren Würdigung auch eine kurze Lebensbeschreibung über sie abgefasst, die uns von Frl. Theres freundlichst zur Verfügung gestellt wurde und der wir auch die folgenden Daten entnommen haben, Theres war die Tochter des Jakob Prantl, Gastwirts und Schlächters zu St. Margarethen, und der Maria, geborene Wiedmann, aus Schlitters im Zillertal. Schon als Kind zeigte sie große Vorliebe für Musik und Gesang, spielte bald schon einige selbst-komponierte Stückchen und Landler auf der Gitarre, die fast größer war, als die kleine Spielerin und deren Griffbrett ihre kleinen Finger kaum zu meistern vermochten. Ihre Übungen musste die kleine Theres stets heimlich im verschlossenen Kämmerlein machen, da der strenge Vater sie nicht für Musik, sondern zur Landwirtschaft heranbilden wollte. Ab und zu ließ sich der Vater jedoch erweichen und die Kleine durfte dann Gästen des Hauses oder fremden Touristen etwas vorspielen und da zeigte der Vater doch eine heimliche Freude und schaute mit Wohlgefallen auf seine kleine Künstlerin. wenn alle die jugendliche Virtuosin mit Lob überschütteten. Außer der kleinen Theres gehörten noch vier ältere Schwestern und zwei jüngere, sowie sieben Brüder zur Familie, von denen die meisten mit guten Stimmitteln von der Natur ausgestattet waren, und die kleine Theres hatte bald unter den ältesten Geschwistern ein Quartett zusammengestellt und begleitete die alten Volkslieder fleißig auf ihrem Instrument. So gab es jederzeit Gesang in dem alten Einkehrgasthaus an der Straße und Gäste und Freier fanden sich häufig und gerne dort ein. Unter solchen Umständen konnte es auch an Wohlstand in der Familie nicht fehlen und es war auch tatsächlich in der ganzen Umgebung keine besser gehende Wirtschaft, wo „Fahrende“ aller Art, Fuhrleute, Geschäftsreisende, Touristen und einheimische Gäste in Menge verkehrten und jeder vorübergehende schon wegen der hübschen, sangesfreudigen Wirtstöchterlein gern seinen Schoppen Tiroler trank. Und den ganzen Tag über gab es geschäftliches Leben und Treiben, denn alles, was damals von München, Rosenheim, Kufstein und Salzburg nach Innsbruck ging, musste im Dorfe Margarethen Halt machen - bis die Eisenbahn kam, dann war das romantische Leben plötzlich vernichtet! "Die einst so belebte Hauptstraße," sagt Rainer wehmütig, "mit samt den schönen Posthäusern und Einkehrwirtshäusern war mit einem Schlag menschenleer, verödet und brachgelegt, Todesstille herrscht jetzt dort und mit traurigem Kopfnicken lauschen die Bewohner und einstigen großen Wirtschaftsbesitzer dem schrillen Pfiff der auf dem jenseitigen Ufer des Inns vorübersausenden Lokomotive.

(digitale Version wird fortgesetzt, Feb. 2024)


Quelle: Hugo Klein, Die „Rainer“ aus dem Zillertal, Ein Beitrag zur Geschichte des Tiroler Nationalsängertums. In: Innsbrucker Nachrichten, 69. Jahrgang, Nummer 85, 11. April 1922, Seite 1 – 2.
Hugo Klein, Die „Rainer“ aus dem Zillertal, Ein Beitrag zur Geschichte des Tiroler Nationalsängertums. In: Innsbrucker Nachrichten, 69. Jahrgang, Nummer 86, 12. April 1922, Seite 5.
Hugo Klein, Die „Rainer“ aus dem Zillertal, Ein Beitrag zur Geschichte des Tiroler Nationalsängertums. In: Innsbrucker Nachrichten, 69. Jahrgang, Nummer 87, 13. April 1922, Seite 3.
Hugo Klein, Die „Rainer“ aus dem Zillertal, Ein Beitrag zur Geschichte des Tiroler Nationalsängertums. In: Innsbrucker Nachrichten, 69. Jahrgang, Nummer 88, 14. April 1922, Seite 3.
Hugo Klein, Die „Rainer“ aus dem Zillertal, Ein Beitrag zur Geschichte des Tiroler Nationalsängertums. In: Innsbrucker Nachrichten, 69. Jahrgang, Nummer 90, 18. April 1922, Seite 1 - 2.
Hugo Klein, Die „Rainer“ aus dem Zillertal, Ein Beitrag zur Geschichte des Tiroler Nationalsängertums. In: Innsbrucker Nachrichten, 69. Jahrgang, Nummer 91, 19. April 1922, Seite 2.
Hugo Klein, Die „Rainer“ aus dem Zillertal, Ein Beitrag zur Geschichte des Tiroler Nationalsängertums. In: Innsbrucker Nachrichten, 69. Jahrgang, Nummer 92, 20. April 1922, Seite 1 - 2.


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