Das Altenburger Bergwerk
Von Georg Innerebner
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Nur wenigen ist heute der schon längst aufgelassene Stollengang des Altenburger Bergwerkes bekannt und doch blühte gerade in dieser Gegend einst der Abbau von Silber- und Bleierzen in bedeutendem Maße.
Schon aus alten Urkunden ist der ehemalige Bestand eines „Gwerkhen auf Altenburg ob Chaltererkofl“ erwiesen; Max Reichsritter v. Wolfstrigl-Wolfskron erwähnt es in seinem Wert „Die Tiroler Erzbergbaue 1301 — 1665“ (Innsbruck 1903) und in der „Österr. Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen“ 1901; auch der kürzlich verstorbene, um die Heimatforschung verdiente Altenburger Kurat B. Vescoli spricht von diesem Stollen — wenn auch in verneinendem Sinne — in seiner Broschüre „Geschichte, Land und Leute von Castelvecchio bei Caldaro“ (1934).
Die Altenburger Gegend ist wunderschön und geradezu einzigartig mit ihrem Tiefblick auf das ganze Gebiet des Kalterersees, ist nebenbei ergiebigster Boden für ausgedehnte Vorgeschichtsforschung und hat allerlei den Heimatforscher interessierende Eigenheiten. Darum ist es kein Wunder, daß ein Gruppe von Heimatfreunden — allen voran die emsigen Grieser unter Peter Eisensteckens Führung — sich auch für die Erforschung dieses vergessenen Stollens einsetzte.
In zweimaligem Angriff wurde die Erschließung des geheimnisvollen Stollens unter Verwendung reichlicher Beleuchtung und bergsteigerischer Hilfsmittel, ja sogar unter Indienststellung eines selbstgezimmerten Kistenbootes — es gibt nämlich zeitweise auch befahrbares Wasser da drinnen — versucht ohne jedoch restlos ans Ziel zu kommen; der nächste, bereits geplante Vormarsch wird hoffentlich die volle Lösung der gestellten Aufgabe bringen. Einstweilen wird es aber die Leser interessieren, das bisherige Ergebnis kennenzulernen.
Vom Mendelzug herunter zieht am Nordhang der Altenburger Porphyrfelsenkuppe ein tiefeingerissenes Tal zum Kalterersee hinab. Ungefähr 250 m talabwärts von der Stelle, wo diese Talschlucht die Straße Caldaro — Altenburg in einer weitausholenden Kehre schneidet, befindet sich am linksseitigen Schluchthang unter senkrechter Wand der von den Bergwassern bespülte Stolleneingang.
Das ehemalige Bergwerk von Altenburg - Caldaro
Georg Innerebner
Gebückt muß man ihn durchschreiten und eng ist der Spalt, der, aus steilen Porphyrwänden gebildet, einst die erzführende Schicht barg. Etwa 20 m nach dem Stollenmund — der Spalt wird dort etwas breiter und höher — sieht man rechter Hand einen rechteckigen Schacht in die Tiefe steigen; er ist aber nur 2,20 m tief und wohl nur als Sondierungsversuch zu werten. Ebenso finden sich knapp danach mehrere Stollenversuche nach verschiedenen Richtungen hin, von denen der längste bis zu 2,50 m mißt. Nur der Hauptstollen führt weiter, und zwar nahezu in derselben genauen Nordrichtung wie die Eingangsführung. Man muß sich wieder stark bücken und die Wände treten auf 1/2 bis 1 m zusammen, um es auf eine lange Strecke hin so zu bleiben. 45 m vom Eingang sperrt ein senkrecht abfallender, viereckiger Schacht von etwa 2 m Querschnittslänge und nicht weniger als 27 m Tiefe (Pfarrkirchenhöhe!) die ganze Stollenbreite. Er wird durch darübergelegte Baumstämme überbrückt und weiter geht die Fahrt. Der Stollenspalt, der immer noch gleich eng ist, streckt sich jedoch in beträchtlichem Ausmaß (bis zu 25 m) in die Höhe und seine Decke entzieht sich fast dem suchenden Strahl der mitgefühlten starken Scheinwerfer. Hier bilden aus der spaltfüllenden Erzschicht stehengelassene Steinquerriegel direkte Stockwerksabgrenzungen, indem diese Steinriegel (natürlich im großen betrachtet) in der Horizontalen in etwa 6 bis 10 m Abstand, in vertikaler Richtung aber in Abständen von etwa 4 m angeordnet sind und somit durch Laufgänge überbrückte Stollengänge in verschiedenen Höhenlagen darstellen.
Ungefähr 60 m, vom Eingang ändert sich das Bild: der bisher enge Stollen wird unvermittelt etwas breiter und hört dann als solcher auf, indem er in eine mit Wasser erfüllte Schachtschlucht übergeht. Als Fortsetzung des bisherigen Stollenganges aber sieht man in dem sich nun wieder ganz verengenden Schluchtspalt in gleicher Hohe jene Gesteinsbrücken in den bewußten Horizontalabständen von im Mittel 8 m, die in ähnlicher Verwendung schon vorher erwähnt wurden. Hier half nur ein Vorstoß mit langen Baumstämmen, die mit bewundernswerter Schnelligkeit durch das Stollenloch hereingefahren wurden. Vier solche Spannfelder gelang es auf diese Art und Weise zu überbrücken und auf schwankem Steg über der dunkeln, wassererfüllten Tiefe weitere 26 m vorzudringen. Dann machten herabgestürztes Erdreich des darüberbefindlichen Querriegels und eine Wendung des Ganges das Vordringen eines entsprechend langen Baumes, der das nächste Spannfeld zu überbrücken gehabt hätte, unmöglich. Wie zum Hohn zeigt sich nach diesem Spannfeld wieder ein Stollenfortgang mit festem Boden, so daß die Unmöglichkeit eines weiteren Vorstoßes doppelt bedauerlich empfunden wurde. Erwähnt sei auch, daß in diesem Stollenteil die Stollenhöhe noch mehr ansteigt und wir etwa 40 m Höhe über Eingangsplanum feststellen konnten, wobei wieder diese Gesteinsriegel in Erscheinung traten und die Bestimmung nun bis zu fünf Stockwertsstollensohlen zuließen.
Für den zweiten Angriff wurde beschlossen, dem Bergwerk mit einem Boote zu Leibe zu gehen, nachdem bei der ersten Durchforschung festgestellt worden war, daß von jener erweiterten Stelle ein durchgehender Wasserspiegel knapp unter Eingangssohlenhöhe vorhanden war. Ein einzigartiges Kistenboot mit Seilschmierteerung war vorbereitet worden und voller Hoffnung begann die zweite Einfahrt. Wir mußten sofort feststellen, daß der Wasserspiegel inzwischen um ca. 6 — 7 m gefallen war, was den Vorstoß nicht wenig erschwerte. Trotzdem gelang es auch auf diesem Wege und unter allerlei Abenteuern, zu denen auch kalte Bäder im Berginnern gehörten, „einen Stock tiefer wie früher“ fast ebensoweit in die Stollenfinsternis vorzustoßen. Leider war auch hier bald ein Ziel gesetzt: die Stollenschlucht wurde so eng, daß das Boot nicht mehr durchkam. Festgestellt konnte jedoch werden, daß auch in diesem Trakt drei Schächte nach abwärts führen, von denen zwei gemessen wurden. Ihre Tiefe betrug gleich dem ersten Schacht ebenfalls ca. 27 m über Eingangshöhe. Da das Wasser in allen Schächten jeweils gleich hoch steht, ist zu vermuten, daß sie untereinander, wahrscheinlich auf der tiefsten Sohle, durch einen ebensolchen Stollen in Verbindung stehen, wie auch manche Anzeichen dafür sprechen, daß sich auch nach unten hin, also gegenwärtig unter Wasser und daher unzugänglich, dieses vorerwähnte Gesteinsriegelsystem vorfindet.
Im Sommer scheint das ganze Bergwerk von Wasser frei zu sein, wie ich auch anläßlich einer ersten Begehung im Jahre 1928 feststellen konnte. Vielleicht daß es in solcher Zeit gelingt, das gesteckte Endziel zu erreichen.
Festgestellt wurde, daß an manchen Stellen von Menschenhand hergestellte faustgroße Vertiefungen sich in den senkrechten Stollenwänden finden, die wahrscheinlich zur Aufnahme nun Querhölzern dienten und dadurch den Verkehr zwischen den einzelnen Stockwerken ermöglichten.
An Mineralien wurden außer einer oft bis zu 2 cm starken Sinterschicht und mehrfachen Tropfsteinansätzen an den Decken Zinkblende und Bleierze, Schwer- und Kalkspat sowie Quarz in den noch vorfindbaren Erzgangresten festgestellt.
Altenburger Bergwerk links 10 m, rechts 50 m nach Stolleneingang
Aufnahmen von Max Beikircher
Am besten ersieht man die ganze Sachlage aus der hier beigegebenen, allerdings ganz allgemein gehaltenen Skizze und aus den beiden Lichtbildern, von denen das eine eine Aufnahme gegen das Berginnere an der Stelle des ersten Schachtversuches (man sieht im Hintergrund die Wetterführung des Hauptstollens und einen weiteren Stollenversuch) und das andere die ebenfalls gegen das Berginnere gerichtete Aufnahme des Beginnes der eigentlichen Brückenforschung zeigt. Diese letzte Aufnahme zeigt besonders schön die ganze Enge und die aufstrebenden Wände der Stollenschlucht.
Dr. Ing. Georg Innerebner.
Quelle: Georg Innerebner, Das Altenburger Bergwerk, in: Der Schlern, Illustrierte Monatsschrift für Heimatkunde und Volkskunde, 17. Jahrgang, 7. und 8. Heft, Juli/August 1936, S. 187 - 190.
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