Bergleute und Bergwerke.
1864
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Das St. Annen-Fest der Bergleute in der Steiermark
Der ist der Herr der Erde, Wer ihrer Felsenglieder
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Der Vorwelt heil'ge Lüfte Ihm folgen die Gewässer
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Er führt des Goldes Ströme Sie mögen sich erwürgen
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Ursprung des Bergbaues und seine Geschichte.
Bergleute und Bergorte.
Leben des Bergmanns.
Interessante Bergwerke.
Falun.
Nordmark.
Wissukaja Gora im Ural.
Eisenerz.
Freiberg.
Harz.
Botallakbergwerk in England.
Ursprung des Bergbaues. Der dem Menschengeschlecht innewohnende Kunsttrieb hat von jeher Einzelne wie ganze Völker zur Anwendung harter, fester Werkzeuge veranlasst. Wir haben in der Einleitung zum 1. Bande gesehen, wie in den meisten Fällen die Anwendung der Gesteine der des Metalls vorausging, jedoch hat sich auch die Aufmerksamkeit der, zu Werkzeugen passende Rollsteine und Geschiebe aufsuchenden, Wilden schon früh auf das so häufig und in größeren Stücken im Sande und sonst an der Oberfläche liegende Kupfer gewendet. Und in der Tat gesellen sich den vorher erwähnten Steinwerkzeugen auch bald solche aus Kupfer zu, sie liegen in den Grabhügeln jener längst vergangenen Völker neben Stein- und Bronzegeräten; nie aber wurden Eisengeräte darin gefunden, woraus wir schließen, dass Eisen den Ureinwohnern unbekannt gewesen ist. Im Altai und in manchen Gegenden des Ural sind in uralten, nur wenig tief in die Erde eindringenden Erzgruben hier und da Werkzeuge aus Kupfer aufgefunden worden, woraus hervorzugehen scheint, dass alsbald nach Anwendung dieses Metalls auch auf dessen Gewinnung Bedacht genommen wurde. Diese Arbeiten werden den Tschuden, einem untergegangenen Volke, zugeschrieben, in dessen Grabhügeln ebenfalls Stein- und Kupfergerät nebst Goldschmuck die Totenurnen umgeben. Bis weit nach Norden, jenseits Perm, hat das bcrgbautreibende Tschudenvolk seine Spuren in Halden und Bingenzügen hinterlassen, und solche wurden, seit Peter der Große den viele Jahrtausende ruhenden Bergbau im Ural und Altai wieder aufnehmen ließ, sehr oft die Wegzeiger zu bedeutenden und reichen Erzlagerstätten, wie z. B. am Schlangenberge im Altai und bei Bogoslowsk im Ural. Man fand immer, dass die Alten nur das in sehr weichem Gesteine und in Verwitterungsschalen vorgekommene Erz gewonnen hatten; feste Felsmassen vermochten sie nicht zu durchbrechen. Andere alte Völker kannten außer dem Kupfer auch noch Gemische von Kupfer mit Zink oder Zinn, denen sie sogar eine beträchtliche Härte zu geben verstanden. Die Phönizier und Ägypter hatten derartige Metalllegierungen (Bronzen) im Gebrauche, sie bereiteten sie vielleicht aus zinkblendereichen Kupferkiesen, welche sich an vielen Orten auf Gängen und Lagern finden, und trieben wahrscheinlich Handel mit den daraus bearbeiteten Gegenständen. Daher möchten denn auch die zierlichen Bronzearbeiten, denen zuweilen sogar durch Kobalt blau gefärbte Glasflüsse beigefügt sind, in die Grabstätten der damals Deutschland bewohnenden Kelten gekommen sein.
Die Ureinwohner Amerika's kannten außer Gold und Silber nur Kupfer. Dagegen haben andere Völker wieder gleich vom Anfang an neben den Steingeräten eiserne benutzt. Die afrikanischen Neger stellen sich das Eisen auf eine sehr einfache Weise dar, die auch in manchen Teilen Indiens üblich ist und bei den alten Germanen ebenfalls in Anwendung gewesen zu sein scheint. Die Schmelzöfen sind nur wenige Fuß hohe, enge ummauerte Behälter, welche mit Holzkohlen gefüllt und oben mit dem Eisenerze (Eisenglanz, Magneteisensand und Brauneisenstein) in fast schlackenfreien Stücken belegt werden. Mittelst eines Blasebalges von Tierhäuten wird in solche Öfen ein starker Luftstrom von unten eingetrieben, dadurch die zur Schmelzung und Reduktion erforderliche Hitze hervorgebracht und die Kohlen befähigt, aus dem Eisenerze den Sauerstoff abzuscheiden.
Über die deutschen Gebirgsländer sind unzählige Eisenschlackenhalden zerstreut, ein Beweis, dass die eben geschilderte Schmiedeeisendarstellung daselbst seit langer Zeit in Übung gewesen ist. Die deutsche Sage erzählt Vieles von den Waldschmieden; Siegfried schmiedete sich in einer solchen sein Schwert. Fragen wir den Sprachforscher, so wird er uns sagen, dass die germanischen Stämme von jeher ein ihnen eigentümliches Wort für das Eisen hatten, was in England durch den deutschen Stamm der Angelsachsen eingeführt und sich auch dort eingebürgert hat. Es ist das altgermanische ison oder iron (sprich eiren), ganz verschieden von dem bretonischen Worte fer (woher das lateinische ferrum) und dem griechischen xxx. Für Kupfer aber ist seit jeher in Deutschland ein gälischer Mischer Name (Copar, Coppar) gebräuchlich, welcher nicht mit dem griechischen xxx oder dem lateinischen Aes cyprium verwandt ist. Auch das die Metallmischung aus Kupfer und Zink bezeichnende Wort Messing ist kein deutsches, sondern stammt vom slawischen Stamme der Wenden und Tschechen, welche dafür mossas oder mesce (die Mischung) anwenden. Das Wort Bronze ist ebenfalls slawischen Ursprungs, während Zinn aus dem Chinesischen (tin) abgeleitet wird. Die Bewohner von Cornwallis, welche der Zinngewinnung seit uralter Zeit oblagen, nannten es stan und diese Bezeichnung gilt auch noch jetzt in England.
Nomadisierende und häufig wandernde Völker können keinen eigentlichen Bergbau treiben, sie wühlen nur gelegentlich in der Erdoberfläche nach Metall und Erz, wie die ersten kalifornischen und australischen Goldgräber dies noch vor wenigen Jahrzehnten taten.
Die Naturkräfte haben überall die Ansammlung der metallischen Bestandteile der Felsmassen an der Erdoberfläche bewirkt und dadurch die uranfängliche Erz- und Metallgräberei begünstigt. Die uralischen, kalifornischen und australischen Goldlager können uns hier als belehrende Beispiele dienen. In den kristallinischen Schiefergesteinen und den Sedimenten der silurischen und devonischen Formationen ist das Gold in so geringen Spuren an Schwefel- und Arsenikkies gebunden eingesprengt, dass dessen Auffindung dem Chemiker nur bei Anwendung seiner schärfsten Mittel gelingt. Die von Jahrtausend zu Jahrtausend fortgesetzten felszerbröckelnden Wirkungen der Atmosphärilien aber haben jene ältesten Felsmassen zerstört, das leichtere Erdige hinweggespült, die das Gold einschließenden Schwefel- und Arsenmetalle oxydiert und aufgelöst, so dass das edle, diesen zersetzenden Kräften am meisten widerstehende Metall in kleinsten Stäubchen, seltener durch chemische und elektrische Zusammenziehung zu größeren Knollen vereinigt, in dem Grus und Sande zerstreut liegt. Dennoch beträgt der Goldgehalt dieser auf dem uralten Felsgesteine zurückgebliebenen Sand- und Gerölllager (den Goldseifen) kaum ein Pfund in 15,000 Ctrn. Sandmasse. An Bachufern und wo kleine Wasserfälle den Sand fortspülten, findet sich hier und da ein etwas größerer Goldreichtum. Solche von der Natur eingeleitete Aufbereitungsvorgänge führten den Menschen zur Anwendung der Waschtröge und Waschherde, überhaupt zur Erzaufbereitung. Wie das Gold, so sind auch alle andern Metalle vorzugsweise an der Erdoberfläche oder in nicht großer Tiefe unter derselben in reichster Menge angesammelt. Die Goldgruben in Australien und bei Beresow in Sibirien belehren uns auch hierüber, denn auf den dort bebauten Gängen verliert sich das Gold schon 50 — 100 Fuß tief unter Tage gänzlich. Silber und Kupfer liegen ebenfalls am reichlichsten zunächst der Oberfläche. Die Erfahrungen an vielen tausend Bergwerken und die über Auffindung von Lagerstätten in Deutschland umgehenden Sagen bestätigen dies. Die reichen Erzlager am Rammelsberge bei Goslar am Harze scharrte das Jagdpferd Heinrich's des Finkenstellers auf, die Silbergänge bei Joachimsthal im böhmischen Erzgebirge wurden entdeckt, als der Sturm eine Tanne umgestürzt hatte, an deren Wurzeln astartige Massen gediegenen Silbers hingen. Anderwärts graste eine arme Magd im Urwalde und schnitt mit ihrer Hippe nebst dem Grase und Kraute auch aus der Erde hervorstehende Silberfäden (drahtförmiges gediegenes Silber) ab. Ein Hirte stört mit seinem Stabe in dem von ihm angefachten Feuer und siehe, sein Stab ist verzinnt. Er hatte die Feuerstelle über einem Zinnsteinlager angelegt, das leicht reduzierbare Erz verwandelte sich in Metall.
In Gegenden, welche noch von keinem bergbautreibenden Volke besucht wurden, sind derartige Erscheinungen auch jetzt noch gewöhnlich; mauerartige Erhöhungen mit Silberdendriten (baumförmigen Silberstücken) sind in den mexikanischen und peruanischen Gebirgsländern auch von den einwandernden Spaniern gefunden worden, es waren dies durch Verwitterung entblößte Silbergänge. Der Reichtum der Oberfläche hat aber begreiflicher Weise in den seit langer Zeit von Kulturvölkern bewohnten Ländern längst seine Verwendung gefunden; man musste graben, um neue Schätze zu erlangen, und so entstand endlich die Kunst und Wissenschaft des Bergbaues.
Geschichte des Bergbaues. Der Bergbau ist schon den Ägyptern und Phöniziern, später den Griechen und Römern bekannt gewesen; namentlich haben die letzteren sich in ähnlicher Art in Spanien, Frankreich und England und sogar in einzelnen Teilen Deutschlands und Ungarns mit der Gewinnung von Silber, Gold und Kupfer befasst, wie die modernen Völker dies in Kalifornien und Australien tun. Man trieb überall Raubbau auf die reichsten Vorkommen und benutzte dazu Kriegsgefangene und Sklaven, um den Raub in der Heimat in Saus und Braus zu vergeuden. Wo der Bergbau durch ansässige, nicht nomadisierende Arbeiter betrieben wird, trägt er wesentlich zur Verbreitung der Kultur, der Wissenschaften und Künste bei. Wir sehen diese Hergänge in den uralischen Bergwerksbezirken, die vor einem Jahrhundert, zum Teil noch vor 3 bis 4 Jahrzehnten, unbewohnter Urwald waren und jetzt von zahlreichen, ausgedehnten Städten mit guten Schulen, Akademien und Bildungsanstalten, großen Fabriken und weit ausgedehnten Handelsbeziehungen bedeckt sind. Ein zufriedenes, durch die Arbeit beglücktes Volk bewohnt dieses Land, der Müßiggang ist dort eine Schande. Wir werden später eine solche Stadt und ihre Bergwerksumgebung (Nischne Tagilsk am sibirischen Ural) näher kennen lernen.
In Deutschland hatten, wie oben erwähnt, die Römer schon Bergbau. Bei Ems an der Lahn sind dessen Spuren zu bemerken. Es sind niedrige, gerade, nur das aus Kupfer-, Zink- und silberhaltigen Bleierzen gemischte Lager umfassende, sogenannte Krummhälsestreben, welche auch jetzt noch auf den Kupferschieferlagern von Mansfeld und Richelsdorf sowie auf schwachen Steinkohlenflötzen bei Minden im Gebrauche sind. Der Arbeiter muss, auf der Seite liegend, in dem nur 2 Fuß hohen Bau seine Tätigkeit entwickeln, denn die Herstellung höherer Abbaustrecken würde durch die Gesteingewinnung und Verzimmerung zu kostspielig ausfallen. Auch bei Wiesloch, am Schwarzwalde und im Böhmerwalde sind alte römische Bergwerke. Im frühesten Mittelalter kamen immer noch Italiener, namentlich Venezianer, nach Deutschland, um Gold und Silber zu gewinnen. Diese wandernden Bergleute erwarteten zum Teil große Reichtümer und umgaben sich mit mancherlei Geheimnis; sie trugen meistens Mönchskleider, die damalige Tracht der Reisenden, und suchten die wenig zahlreiche Bevölkerung des Landes durch schauerliche Erzählungen über Berggeister und deren Treiben zu schrecken, um ungestört ihre Beschäftigung treiben zu können. Die Bergmönche, Kobolde, Rübezahl, der Berggeist des Riesengebirges, und der wilde Mann des Harzes sind ihre Erfindungen. An der Schneekoppe des Riesengebirges wurden vor wenigen Jahren die von jenen Italienern auf Silbererz betriebenen Gruben aufgefunden, in einer derselben lagen noch Werkzeuge.
Später befassten sich die Tschechen, die Bewohner Böhmens, mit dem Bergbau, den sie anfangs im Böhmerwaldgebirge zwischen Budweis, Reichenstein bis Mies betrieben. Jene Gegenden lieferten Silber, Gold, Edelsteine, Blei, Kupfer und Zinn in Massen, sie repräsentierten gewissermaßen den metallreichen Ural oder das Kalifornien unseres Jahrhunderts. Auch Ungarn hatte bei Schemnitz und Kremnitz damals schon sehr reiche Gold-, Silber- und Kupferbergwerke. Von Böhmen aus verbreitete sich das kunstmäßig betriebene Gewerbe nach dem Erzgebirge und dem Harze und wir finden heute noch in der Bezeichnung Zeche für Grube, Zechenhaus für Schachthaus, in den Worten Schlacke (slaky), Blech (plach), Draht (drat) und vielen anderen den tschechischen Ursprung des deutschen Berg- und Hüttenwesens. Schon um das Jahr 920 nach Christi Geburt ward bei der Kaiserstadt Goslar am Harze der Bergbau im Rammelsberge eröffnet. Dieser Bergbau ist heute noch blühend. Er wird auf einem mächtigen Erzlager betrieben, dessen Hauptbestandteile Kupfer und Blei mit etwas Zink, Silber und einer Spur Gold sind. Die jetzt jährlich gewonnenen Metallmengen bestehen ungefähr aus 3400 Ctrn. Kupfer, 8000 Ctrn. Blei, 100 Ctrn. Zink, ferner 3800 Mark Silber und 9 bis 10 Mark Gold; außerdem fallen ab 2000 Ctr. Schwefel und 6000 Ctr. Eisen-, Zink- und Kupfervitriol. Der letztere entsteht im sogenannten „Altenmann“, d. h. in längst ausgebauten Grubenteilen, worin sich das aus dem erzhaltigen Nebengestein des Lagers rinnende, mit aufgelösten Metallsalzen gesättigte Wasser sammelt und jene Metallverbindungen absetzt. Solche Bildungen geben uns gleichzeitig einen Begriff von den durch den Stoffwechsel in der Erde vor sich gegangenen Anreicherungsprozessen, deren Ergebnis die Erzlager selbst waren.
Am Harze hat sich im Laufe der Jahrhunderte der Bergbau weit ausgedehnt, großartige Teich- und Wasserleitungs-Anlagen bedecken das Gebirge, dessen Glieder durch tiefe Schächte, Stollen und Feldörter durchschnitten sind. Überall Leben auf den Gruben, den Wäschen, den Hütten; im Walde der Holzfäller und Köhler rühriges Treiben. Das die Musik, namentlich die Harfe liebende Bergmannsvolk des Ober-Harzes unterscheidet sich durch sein Äußeres, seine Sitte und Sprache von den Umwohnern des Flachlandes und hat bis heute noch Reste seiner tschechischen Abstammung aufzuweisen.
Als die reichsten Erzlagerstätten des Böhmer-Waldgebirges erschöpft waren, siedelten die Bergleute nach dem Erzgebirge über; es entstanden die Bergstädte Prießnitz, Schlaggenwald, Joachimsthal, Graslitz, Falkenau, Zinnwald und Graupen bei Teplitz. Alle blühten rasch auf, so dass die Bergstadt Joachimsthal schon in zwei Jahrzehnten eine Bevölkerung von 20,000 Seelen hatte und um 1500 n. Chr. schon die Silberstücke ausmünzte, wonach die Taler (tschechisch tolary) heute noch den Namen haben. Die Grundherren und Landesfürsten gewährten dem Bergbau besondere Rechte, sie erließen zur Eigentumsfeststellung besondere Gesetze, das Bergrecht, und zogen dadurch fremde Unternehmer herbei. Namentlich beteiligten sich sächsische Ritter und Bergleute, Nürnberger und Augsburger Kaufherren an solchen Unternehmungen. Die Namen der Burggrafen von Meißen, Herren von Plauen, Lobkowitz von Bilin, der Grafen Schlick, derer von Rosenberg, von Schönberg, des Haus Sturm von Nürnberg und des Christoph Pflug von Rabenstein, knüpften sich an die durch besondere Bergfreiheiten ausgezeichneten Zinn- und Silberwerke dieses Landes. Die Fugger von Augsburg besaßen in ganz Deutschland Kupferbergwerke.
Bergleute und Bergorte. Weil es dem Einzelnen meist schwer fällt, die oft sehr kostspieligen Bergbauanlagen zu bestreiten, und weil sich nicht immer die Erwartungen auf reichen Gewinn erfüllen, die Anlagekosten somit verloren gehen, so schlossen sich gewöhnlich mehrere Bergbaulustige zu einer Gesellschaft, „der Gewerkschaft“, an einander. Die Gewerkschaften verteilten die ihnen vom Landesherrn beliehenen Grubenfelder in Anteile, „Kuxe“ genannt, von denen sie immer einige für die Kirche und den Landesherrn, mitunter auch für die Schule oder ein Hospital frei bauten. Da nun mehrere Eigentümer beim Grubenbau leicht in Unfrieden geraten, so ward durch das Berggesetz die Bestellung besonderer Beamten: der Bergmeister, Geschwornen, Schichtmeister, Steiger und Markscheider bestimmt; die Landesherrschaft setzte eigene Aufsichtsbehörden, die Bergämter, aus Berghauptleuten, Bergrichtern und Schreibern gebildet, nieder. Es entstanden somit besondere Zweige der Staatsverwaltung und weil der Bergmann unter die Gerichtsbarkeit der Bergämter gestellt, vom Militärdienste befreit, zu Knappschaftverbänden (Kranken-, Pensions- und Sparkassenvereinen) veranlasst wurde, auch Korporationen der Bergleute, welche sich durch ihre ganze Stellung und Lebensweise von dem übrigen Volke unterschieden.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Bergleute nahe den Gruben ihre Wohnungen bauen. Gewöhnlich gründen sie an dem Wasserlaufe ihre Kolonien, die, häufig in unwirtbaren Gegenden der Gebirge gelegen, meist nur von Solchen bewohnt werden, die in ihren Beschäftigungen direkt mit dem Bergbau zusammenhängen. Es sind von Alters her auf diese Weise eine große Anzahl von Ortschaften entstanden. Im Laufe der Zeit, wenn die Ausbeute des Gebirges geringer wurde, griffen wohl bisweilen die Einwohner gezwungen zu anderen Beschäftigungen, oder sie wanderten aus; allein der Name, den der Ort behielt, deutete gewöhnlich mit Sicherheit auf die Art seines Ursprungs. Alle Benennungen überhaupt von Bergen, Flüssen oder Ortschaften, welche von Metallen, Salz, bergmännischen Verrichtungen und dergleichen genommen sind, lassen auf früheren Bergwerksbetrieb in der Gegend schließen. Gold-, Silber-, Kupfer- und Eisenberg, Bleistadt, Zinnwald, Lasurberg weisen auf Erze, Hall, Hallein, Salza, Satzungen und ähnliche auf Salzvorkommen hin und bedeutsame Fingerzeige sind die Namen Seifen, Gruben, Hütten, Erz, Halde, Schlacken, wenn sie in Zusammensetzung mit andern vorkommen. Wir geben unsern Lesern in Fig. 47 und 48 zwei für die deutsche Industrie ganz besonders wichtige Bergorte.
Fig. 47. Eisenerz in der Steiermark
Die erste Abbildung stellt den Ort dar, in welchem seit den alten Römerzeiten Eisenerze gegraben und verarbeitet wurden und der auch davon seinen Namen erworben hat. Gegen eine Million Zentner Erz werden hier jährlich aus dem Eisenberg gewonnen, woraus 260,000 Zentner Roheisen gemacht und womit 5300 Berg- und Hüttenleute beschäftigt sind. Der Flecken Eisenerz dehnt sich in zwei Tälern hinauf. Ackerbau kann in dieser Enge nicht getrieben werden, denn über den waldigen Berghängen ragen hohe Berggipfel empor, deren kahle Scheitel auf die stattliche Kirche des Fleckens, welche Rudolf von Habsburg 1279 auf einem felsigen Hügel erbaute, niederschauen. Die zweite Abbildung, das Dorf Bleiburg in Illyrien, besitzt die größten Bleibergwerke Österreichs im Bleiberge, der jährlich über 40,000 Zentner Blei liefert. Die Gruben des Bleibergs haben 4000 Fuß Seehöhe. Seine ganze Masse und das kleine Tal sind von ihnen unterwühlt. Ein rüstiger Fußgänger würde zwei Wochen Tag und Nacht wandern müssen, wenn er sie alle durchschreiten wollte.
Fig. 48. Bergort Bleiburg in Illyrien
Das abgeschlossene Leben der Bergleute im stillen Waldgebirge, ihre gefahrvolle Beschäftigung in den Schächten, die Notwendigkeit, sich an die Kameraden anzuschließen, um mit ihnen gemeinsam die Beschwernisse und Gefahren der unterirdischen Arbeiten zu bestehen, bildeten mit der Zeit ernste, gottesfürchtige, treue und biedere Männer, welche durch tägliche Naturbeobachtung ihr Gemüt und ihren Geist stärkten und schärften, aber auch die Nichtigkeit und Hinfälligkeit aller Dinge bald erkannten.
Wo auch immer Bergleute wohnen, sie werden stets eine von den übrigen Bewohnern der, Gegend sie scharf unterscheidende Lebensart beibehalten. Sie bilden Gemeinden für sich, die ihre eigene Tageeinteilung nach den zu befahrenden Schichten, ihre eigene Kleidung, eigene Verfassung, ja sogar eine eigene Sprache haben.
Die Tracht der Bergleute ist eine ebenso feststehende, wie ihr Leben ein gleichmäßiges ist, und charakteristisch sind die dunkeln Farben, die an ihren von steten Gefahren bedrohten Stand erinnern.
Der Bergbau mit seinen poesievollen Überlieferungen hat auch seine eigenen Feste. Die Schutzheilige der Bergleute ist die heilige Anna, von welcher Annaberg den Namen hat. Die Bergleute verehren in ihr die Mutter des Silbers und in einigen Bergstädten Böhmens, wo die alten Bergwerksgebräuche sich in ursprünglicher Frische erhalten haben, wird der St. Annentag eben so feierlich begangen wie in andern der des heiligen Prokop. Den letzteren feiern namentlich die Bergleute von Gutwasser, Birkenberg und Pilsen. Die Messe wird mit Musik gehalten, die gesamte Bergknappschaft in ihrer Feiertagstracht wohnt ihr bei und zieht dann in Prozession, wie sie gekommen, auf ihren Sammelplatz zurück, worauf ein Festmahl und ein Ball den Tag beschließt. (Anfangsvignette)
Von ganz besonderem Interesse aber ist eine Bergparade, bei welcher sich alle zum Bergbau gehörigen Chargen in den ihnen eigentümlichen Kostümen zeigen. Diese Paraden finden nur bei ganz besonderen Gelegenheiten, etwa zur Begrüßung eines Fürsten statt, und sie werden dann gewöhnlich, um den Eindruck zu erhöhen, bei Nacht abgehalten. Wir haben freilich bei der bildlichen Darstellung auf beigegebenem, nach dem wertvollen Heuchler'schen Atlas entworfenen Tonbilde eine Tagesparade im Auge behalten müssen. Im Vordergrunde reitet der Oberberghauptmann, der, von den Oberbergräten und berittenen Beamten begleitet, die Mitte der Parade einnimmt. Das Gros der Bergleute wird von den verschiedenen Beamten als Zugkommandanten geführt.
In der neueren Zeit löst sich der Bergmannsstand vielfältig in den übrigen Massen der Bevölkerung auf. Die aufblühende Gewerbefreiheit zerbricht die Schranken, welche ihn bisher abgetrennt hielten; der durch Eisenbahnen erleichterte Verkehr bringt ihn rascher mit der Welt in Verbindung, die Gesetzgebung wird auch seine Jahrhunderte alten Vorrechte auflösen, wo es noch nicht geschehen. Der Bergbau wird ein Gewerbe, dem sich jeder widmen kann, und wie längst in England, Belgien, Frankreich, Russland und Polen, werden auch in Deutschland allmählich die Besonderheiten des Bergmannsstandes aufhören. An vielen Gruben, Wäschen und Hütten arbeiten jetzt schon Frauen neben den Männern. Die Bergämter sind in vielen Staaten beseitigt, der Bergbau wird nur noch von den Bau- oder Domänenbehörden polizeilich überwacht, damit aus dessen Betriebe keine Nachteile für die Umwohnenden entspringen können. Man kann nicht sagen, dass der Bergbau durch diese Veränderung an nationalökonomischer Bedeutung verloren habe, vielmehr ist er eine reichlicher fließende Quelle des Reichtums der Länder geworden. Tausende von Dampfmaschinen unterstützen jetzt den Fleiß des Bergmannes und wenn wir auf die Tage zurücksehen, in denen 1722 ein hessischer Major Weber, ein österreichischer Ingenieur und der Engländer Isaak Potter die vom Marburger Professor Papinius ausgegangene Erfindung der Dampfmaschine zu Königsberg bei Schemnitz in Ungarn zuerst zum Wasserheben anwandten, in Henning Calvör's Beschreibung des Oberharzer Bergbaues die starken Bedenken lesen, welche die Harzer Bergämter gegen die Möglichkeit der Anwendung dieser Feuermaschine erhoben, so erstaunen wir über den innerhalb eines Jahrhunderts gemachten Fortschritt.
Die glänzendste Epoche des heutigen Bergbaues beginnt eigentlich mit dem Eisen- und Steinkohlenbergbau. Was wäre England ohne seine Steinkohlen? Wie stände es um unsere Industrien, ja, bei dem täglich steigenden Holzmangel, um Familie und Haus? Hat sich doch in allen Ländern, wo Kohlen in größeren Massen erbeutet werden, die Industrie in wenigen Jahren um das Vielfache gehoben! Österreich samt Ungarn schreitet mit Riesenschritten vorwärts, die Erzeugung von Metallen wie von fossilen Brennstoffen steigt dort gegen früher jährlich mehr und mehr. Russland mit seinen ungeheuren Bodenschätzen scheint berufen, die Großartigkeit der Gewinnungsweise und die neuesten Erfahrungen wieder in jene Stammländer Asiens zurückzuführen, die seither in der Kultur zurückgingen. Die Steinkohlen von Lithwinsk am Ural, von Tiflis am Kaukasus und von Irtysch am Altai werden bald den Wert des Goldes verdunkeln. Drüben über'm Meere in den Vereinigten Staaten Nordamerika's, wo sich Intelligenz mit Unternehmungsgeist und Kapitalreichtum vereinigen, hat man begonnen, die Schätze zu heben, die als gewaltige Kohlen- und Eisenerzniederlagen in den Schooß der Erde gelegt sind. Seit Bearbeitung der ersten Eisengrube und Eisenhütte in Pennsylvanien während des Freiheitskriegs ist die Produktion in fortwährendem Steigen begriffen, und überragt heute — England ausgenommen — die jedes andern Landes.
Welch' außerordentliche Summen durch den Bergbau der Erde entrissen und in Umlauf gesetzt werden, und wie ein riesenhaftes Etablissement neben das andere tritt, das zeigt ein Blick auf die Zentralpunkte der Bergbauindustrie: auf Swansea in England, Seraing in Belgien, Le Creuzot in Frankreich, in Deutschland auf Freiberg, Saarbrücken, Essen, Dortmund, Siegen, Gleiwitz, Kladno, Leoben, Klausthal, Goslar u.s.w. Und stellt man Vergleiche an, wirft man von den Goldwäschen Chile's, Californiens, Australiens und des Ural, den Diamantgruben Brasiliens und den Silberwerken Meriko's einen Blick herüber nach den Distrikten, wo statt der Edelmetalle Steinkohlen und Eisenstein gefördert werden, so fällt sofort größere Regsamkeit und allgemeine Wohlfahrt in die Augen; man überzeugt sich leicht, dass Steinkohlen und Eisen recht eigentlich dauernden Nationalreichtum begründen. Wie oft sind nicht solche von der Natur so nahe beisammen niedergelegt, dass beide oft durch einen und denselben Schacht zu Tage kommen! An allen Erfindungen hat der Bergbau Teil gehabt oder Veranlassung dazu gegeben. Fortwährend tauchen neue Unternehmungen auf, eine umfangreicher als die andere; fast unübersehbar äußert sich der Einfluss dieser Industrie auf Steigerung der Erwerbsfähigkeit und des Wohlstandes.
Interessante Bergwerke. Um Bergwerke kennen zu lernen, welche sich durch Großartigkeit des Betriebes auszeichnen, beginnen wir mit dem Besuche einiger schwedischer Gruben.
Fig. 49. Das Kupferbergwerk Falun in Schweden
Hier bietet sich uns zuerst das berühmte Kupferwerk Falun (Fig. 49) in Dalekarlien dar, das aber auch seiner Erschöpfung nahe ist. Unter Gustav Adolfs Regierung lieferte dasselbe noch 3,464,000 Ctr., unter Karl XI. nur 2,732,000 Ctr., und jetzt kaum noch 1,188,000 Ctr. jährlich. Die Arbeiten werden in einer Tiefe von 200 Klaftern betrieben, und man steigt auf schrägen Gängen hinab. Den Haupteingang bildet eine tiefe Schlucht, der Stöten genannt, die wol 640 Fuß breit und 240 Fuß tief ist und durch einen Erdsturz im Jahre 1687 entstand. Schon seit längerer Zeit hatten mehrere unvorsichtig abgetriebene Stollen an dieser Stelle einzustürzen gedroht, und der Bergmeister beschloss, die Arbeiten hier einzustellen; da aber nach einigen Tagen kein Einsturz erfolgte, brachen die leicht erregbaren Bergleute, die keine Arbeit hatten, in Aufruhr aus und stellten sich zur Arbeit mit Gewalt wieder ein; — aber in dem Augenblicke, wo sie den Stollen betraten, ging derselbe zusammen, und eine nicht unbedeutende Anzahl der Arbeiter büßte ihre Auflehnung gegen die Befehle ihrer Vorgesetzten mit ihrem Leben.
Das Ort, wo jetzt das Kupfer gewonnen wird, dehnt sich auf 1200 Fuß Tiefe aus. Die durch den früheren nachlässigen Betrieb herbeigeführten Einstürze gähnen dem Beschauer als finstere Schlünde an den Eingängen entgegen. Man gelangt zu den Stollen auf einer an der Seite der Schlucht eingehauenen Treppe bis etwa 180 Fuß vom Boden, dann aber werden die hölzernen Treppen sehr steil und man findet nur noch einzelne Anhaltepunkte. Die Bergleute machen diesen Weg gewöhnlich in Tonnen, deren Dauben 4 Zoll dick und mit starken eisernen Reifen und Platten beschlagen sind. Diese Tonnen werden von den großen Auslegern der Hebezeuge oben an der Schlucht herabgelassen, und oft genug müssen die Bergleute dieselben mit den Händen von den Felsen ablenken, an denen sie sonst zerschellen würden. Nichtsdestoweniger sieht man sehr häufig die Frauen dieser Arbeiter aufrecht auf dem Rande der Fahrzeuge stehen, den Arm um das Seil geschlungen, und ganz ruhig strickend die Hinabführt in diesen Schlund machen. So groß ist die Macht der Gewohnheit; sie lässt uns die Gefahren vergessen, eben weil sie täglich und stündlich wiederkehren. — Von oben gesehen, nehmen sich die Knappen tief unten wie Mäuse aus, die den Berg unterwühlen. Ungefähr auf der Mitte der Fahrt sind zwei große Höhlen im Felsen, der alte und der neue Saal. Als König Gustav III. den ersteren besuchte, schrieb er mit Kreide an den Felsen: Gustav III. d. 20. September 1788. Diese Worte sind danach treu in den Felsen eingehauen worden — ein eigentümliches Autograph!
Kaum möchte es möglich sein, den Eindruck zu beschreiben, den das Durchstreifen dieses unterirdischen Gebiets auf den Wanderer macht. Das tiefe Schweigen, welches in solchen ungeheuren nächtlichen Gewölben herrscht, wird nur durch das Gerassel der Maschinen unterbrochen, welche Wasser oder Erze aus der Tiefe hinauffördern, oder durch das Rauschen unterirdischer Ströme, die sich in den Abgrund stürzen, nur selten unterbrochen durch die einförmigen Melodien der schwedischen Volkslieder, welche Bergleute singen, von denen man nichts sieht als ihre Grubenlichter, die hier wie Irrwische in einer dunkeln Nacht erscheinen. Bisweilen rollt ein dumpfer Donner durch die Gewölbe und die Luft zittert fühlbar um uns — es war ein Felsstück, das irgendwo in einer Galerie langsam herabrollte und ein Geräusch verursachte, dessen Echo in den entferntesten Strecken widerhallte. Dann wieder hören wir ein Knistern um uns her, als wenn sich Steinblöcke von ihren Wurzeln lösten, um auf uns herabzustürzen, und doch sind es nur kleine Brocken, die vor unsere Füße fallen. Alles, alles in diesem geheimnisvollen Grabe erinnert daran, dass eine große Ferne uns von dem Strahle der freundlichen Sonne und von dem lieblichen Lichte des Tages trennt, und dass wir dem Mittelpunkte der Erde ein wenig näher gekommen sind, jenem Punkte, wo nächtliche Stille nur durch Beben gestört wird, während auf der Oberfläche Generationen verschwinden wie ein Wassertropfen im Meer.
Im Jahre 1719 machte man in diesem Bergwerke, dessen Wasser gleich denen der meisten Bergwerke Schwedens sehr vitriolhaltig ist, einen merkwürdigen Fund. Als man eine Strecke wieder aufnahm, die seit Menschengedenken nicht befahren worden war, fand man in einer Tiefe von 400 Fuß den Leichnam eines jungen Mannes, der durch die Vitriollösung und die Erdsalze vollkommen versteinert erschien, dessen Äußeres aber so erhalten war, als wäre er eben in die Mine hinabgestiegen. Man brachte ihn an's Tageslicht, und alles strömte zusammen, um diese merkwürdige Mumie zu betrachten. Da erscheint eine steinalte Frau, zitternd tritt sie näher, und ein Tränenstrom entstürzt ihren Augen, denn sie erkennt in dem Toten ihren Bräutigam, der vor 50 Jahren verschwunden war, ohne dass man wusste wie. Es war der Leichnam des Mats Israelson, der im Jahre 1670, in einer Tonne wahrscheinlich allein angefahren, in eine Felsspalte gestürzt und dort ertrunken war, während die Öffnung später durch einen Erdsturz verschüttet wurde. Die Jahre hatten tiefe Runzeln auf der Stirn der Braut gezogen, und gebeugt vom Alter stand sie da, während ihr Bräutigam in voller Jugendfrische aus dem Grabe als Leichnam emporstieg. Der Schmerz tötete die Braut an der versteinerten Leiche des Bräutigams, mit dem sie, wenigstens im Tode vereint, einige Tage darauf feierlich begraben ward.
Ein neuer Erdsturz hat im Jahre 1833 die Arbeiten in Falun für einige Zeit unterbrochen, indem die Wände des Haupteinganges sich plötzlich lösten und mit fürchterlichem Krachen in das Innere stürzten, dasselbe gänzlich verschüttend.
Glücklicherweise geschah dieser Unfall an einem Sonntage, wo die Gruben alle leer waren, so dass kein Menschenleben verloren ging. Jetzt wird das Bergwerk durch eine Aktiengesellschaft betrieben, und es lässt sich hoffen, dass nun wieder bessere Erfolge erzielt werden.
In gleich ungenügender Weise werden auch die reichen Magneteisengruben zu Danemora in der schwedischen Provinz Upland betrieben. Das Bergwerk hat mehrere Öffnungen oder Pingen, deren ansehnlichste eine Aushöhlung von 500 Fuß Tiefe ist, in der man die Knappen bei Fackelschein tief unten arbeiten sieht. Das Erz wird in großen Körben durch ein Räderwerk heraufgezogen, welches durch Pferde in Bewegung gesetzt wird. Man unterhält eine ziemliche Anzahl dieser Tiere im tiefen Schachte, die meistens nie wieder an's Tageslicht gelangen. Schweden ist wegen seines Magneteisens berühmt, das dort in ungeheurer Masse gewonnen wird und dem nur wenig andere, namentlich steirische und russische Eisenerze, an Güte gleichkommen, so dass viele europäische Länder sich desselben zu ihrer Stahlerzeugung bedienen.
Fig. 50. Eisenbergwerk Nordmark
Die Provinz Wärmland allein, welche an Dalekarlien grenzt und die reichsten Eisenbergwerke besitzt, liefert jährlich mehr als 300,000 Ctr. Eisen; ihre Hauptstadt, Philippsstadt, liegt mitten in den Bergwerken, von denen das von Nordmark (Fig. 50) eines der bedeutendsten ist. Die schroffsten Abgründe bilden die Einfahrten, von wo aus sich nach allen Seiten die Stollen ziehen, welche das Innere der Erde durchstreichen, um das köstliche Erz zu Tage fördern zu lassen. Himmelhohe Holztürme erheben sich, um die Krane und Winden zu bergen, an denen die Tonnen mit den Arbeitern in den Grund hinabgelassen und das Erz in die Höhe gewunden wird. Aber dieser Abgrund ist nur ein Teil der Tiefe, in die sich der Mensch kühn hinabwagt, denn der Boden desselben bildet nur einen Absatz, und vor dem Besuchenden gähnt ein neuer Spalt tief hinab und neue Hebezeuge fördern aus schauerlicher Tiefe die Schätze der Erde an das Licht des Tages. — Die großen Kobaltwerke bei Fossum in Norwegen sind größtenteils Tagebauten und leiden nicht minder unter dem Mangel verständigen Betriebs, dem durch eine Aktiengesellschaft, welche die Werke übernommen hat, hoffentlich abgeholfen wird. — Es ist eine eigentümliche Erscheinung, dass gerade die Länder, die von der Natur am freigebigsten bedacht sind, sich am nachlässigsten in Ausbeutung der Schätze derselben zeigen. Überfluss macht träge und nur das Bedürfnis fördert den Fortschritt, da, wo der Geist nicht so ausgebildet ist, dass er in sich selbst den Sporn zum Fortschritt findet.
Wenden wir uns nach dem Ural, wo der geregelte Bergbau erst unter dem Zar Peter dem Großen begann, nachdem dieser Monarch im Jahre 1700 die Sachsen Fritzsche, Herold und Henning und später den Hessen Cancrin zu dessen Leitung berufen hatte. Einer der ersten Russen, welcher sich beim Bergbau im Ural tätig zeigte, war ein leibeigener Schmied Nikita Demidow mit Namen, der Stammvater des durch den Bergbau so reich gewordenen fürstlichen Geschlechtes. Die Hauptstadt der Demidow'schen Besitzungen ist Rischne Tagilsk, sie ist erst am Anfange dieses Jahrhunderts gegründet, eine fabrikreiche Stadt mit großen Plätzen, breiten Straßen, weiten Kaufhallen, von 25,000 Einwohnern bevölkert. Goldkuppeln der Kirchen überragen glänzend das Häusermeer, eherne Standbilder schmücken die Plätze, Lokomotiven eilen von Fabrik zu Fabrik, Dampfboote durchschneiden die ausgedehnten See'n, an deren Ufern sich die Stadt ausdehnt, und welche geschaffen wurden, indem die Täler des Tagil und eines seiner Seitenflüsse künstlich abgedämmt wurden. Inmitten der Stadt rauchen die Öfen und Schlote der ausgedehnten Eisenhütten und Maschinenfabriken am Fuße eines Felsens, von dessen Warte man den besten Überblick über die Stadt und den bewaldeten Ural genießt. Man sieht hier die nackten schwarzen Felsen der Magneteisenberge Wissokaja Gora und Lebaschka und die hohen Halden der Kupfermalachitgrube am Wissokaja Gora nebst der großen Kupferhütte auf einen Blick. Im Hintergründe liegt die Hütte Tschernostotinsk, an einem eine Quadratmeile großen künstlichen See, die Goldwäsche Serlbränsk, welche wöchentlich 1 Pud (= 32 Zollpfund) Gold liefert, und die Berge bei Wifimotkinsk, woran auf europäischer Seite des Ural die berühmten Platingruben des Ural liegen, auch noch die Chromeisensteingruben und die Chromfabrik von Tagilsk, sowie im Osten die waldigen Hügel, an deren Fuße die Hütten und Walzwerke von Salda betrieben werden, während im Süden die Kuppeln der Bergstadt Newjansk in der Sonne glänzen. Der Eisensteinbergbau im Wissokaja Gora wird wie ein Steinbruch betrieben, eine gewaltige Öffnung ist in den Berg gebrochen, denn sechs große Hüttenwerke holen hier ihr Erz. Tausende von Menschen brechen nur in dem kurzen Sommer den schwarzen magnetischen Fels; aber sie dürften noch Jahrtausende in gleicher Weise tätig sein, bevor sie die weit ausgedehnte Hügelreihe gänzlich erschöpfen. Die Gewinnung beträgt jährlich ungefähr 19 Millionen Ctr. Erz, 72 Prozent eisenhaltig.
In der Nähe liegt die Kupfergrube, auf einem durch die Verwitterung angereicherten Lager angelegt, von welchem wir hierneben (in Fig. 51) einen Durchschnitt geben.
Fig 51. Kupfermalachitgrube Wissokaja Gora
Das durch a bezeichnete Gestein ist Kalk mit Versteinerungen der Silurformation, auf dessen östlich einfallende Schichten bei b, eine schwache Bank Tonschiefer mit zwei dünnen Schwefelkieslagern c folgt. Das Dioritgestein d bedeckt diese Tonschieferschicht. In einer Tiefe von 600 Fuß erreichte man das Schwefelkieslager c und fand darin durch die Hüttenprobe 1 — 3 Prozent Kupfer.
Über diesem kupferhaltigen Schwefeleisen ist im Kalk und Diorit eine trichterförmige weite Vertiefung e ausgefressen, welche später sich gänzlich mit Ton ausfüllte, dem Brauneisenstein, Magneteisenstein, Malachit, Kupferrot, gediegen Kupfer, Kupferlasur, Kieselkupfer, Hornstein und Kalzedon beigemengt sind. Bei f ist der Kalkstein dick überzogen mit einer aus Gips und schaumigem Malachit gebildeten Rinde, welche uns belehrt, dass der Malachit aus der Einwirkung des kohlensauren Kalkes auf den aus der Zersetzung des kupferhaltigen Schwefelkieses hervorgegangenen Kupfervitriol entstand. Wir werden durch dieses Vorkommen zu der Ansicht geführt, dass die gesamte Ton- und Erzmasse, in einer durch die Kieszersetzung ausgenagten Höhle angesammelt, der Rückstand der bei der Gesteinsverwitterung übrig gebliebenen kupferhaltigen Schwefelkiese sein dürfte. Wahrscheinlich waren die Gesteine a, b, c und d hier ehemals noch mehrere hundert, vielleicht tausend Fuß höher, sie sind allmählich vom Wetter abgebröckelt und von Regen und Schneefluten fortgespült worden. Nur das schwere Erz blieb wie auf einem Waschherde zurück, säuerte sich und nagte durch Schwefelsäure jene Weitung aus, worin dann die Kupfererze mancherlei chemische Umsetzungen erlitten. Bei g in der fortgesetzten Linie der Schwefelkieslager c befand sich das berühmte 600 Zentner schwere Malachitstück, aus welchem so viele kunstvolle Vasen, Tische, Säulen u. s. w. geschliffen worden sind. Stücke von 10 Ctr. Schwere waren nicht selten, in den größeren Tiefen aber kommen solche von 3 bis 10 Pfund Gewicht nur dann und wann noch vor; das weiße Erz ist dem Thon in feinen Körnchen zugemengt.
Seit 1814 ist auf diesem Lager Bergbau betrieben worden. Ein großer Teil des überall von größeren und kleineren Erzpartikeln durchsprengten Tones ist herausgenommen. Die Höhlungen sind zerbrochen, mächtige Wassermassen sammeln sich in den weiten Gruben und werden durch drei gewaltige Dampfmaschinen herausgepumpt. Hunderte von Menschen sind Jahr aus Jahr ein beschäftigt, das Erz zu hauen, zu säubern und zur Hütte zu liefern. Aber der Reichtum wird auch hier bald erschöpft sein. Er war von Anfang außerordentlich groß, denn eine am Giebel des Zechen-Hauses angebrachte Inschrift besagte 1860, dass von 1814 bis Schluß 1859 auf dieser Grube allein 103,868,923 1/2 Pud Kupfererz gewonnen seien, woraus 3,670,830 Pud oder 1,200,361 1/2 Ctr. reines Kupfermetall im Werte von wenigstens 40 Millionen Taler bereitet wurden.
Einer der interessantesten Bergorte Europa's ist das schon erwähnte Eisenerz in Steiermark. Es liegt am Fuße des Erzberges, einer Alpe, welche mächtige Spateisensteinlager von größter Reinheit einschließt. Die ganze Mächtigkeit der Erzlager schwankt zwischen 300 und 900 Wiener Fuß, sie beginnen bei Radmerz und enden bei Admont. Die Lager sind Eigentum von etwa zwanzig Hüttenwerken zu Eisenerz und Vordernberg. Große Steinbrüche, tiefe Stollen und Gruben sind allerwärts in dem Erze angelegt; Eisenbahnen, kunstvoll durch schiefe Ebenen, Hebe- und Senkvorrichtungen ausgestattet, führen aus den tiefen, engen Schlünden auf den Alpenstock herauf. Viele Tausende von Menschen brechen und Pferde schaffen den reinen Stahlstein bergab, der dann, in Sensen und andere Schneidwerkzeuge umgewandelt, in die weite Welt wandert. Die Erzgewinnung beläuft sich am Erzberge allein auf jährlich 1 Million Ctr. Erz.
Zu den sehenswertesten Bergwerken der ganzen Welt aber sind die im sächsischen Erzgebirge im Freiberger Reviere zu rechnen. Sie zeichnen sich aus durch große Tiefe, weite Ausdehnung, eine bedeutende Anzahl vortrefflicher Maschinen aller Art, die sinnreichste und sorgfältigste Ansammlung und Verwendung des Wassers und seiner Kraft. Alle Nationen der Welt senden darum auch ihre Bergingenieure auf die Bergakademie zu Freiberg, um sie durch Lehre und Praxis ausbilden zu lassen.
In diesem seit Jahrhunderten blühenden Bergwerksbezirke haben Scharfsinn und Not alle Mittel aufgesucht, die Erzgewinnung zu erleichtern und wohlfeil zu machen. Der ächte Bergmannssinn ist hier noch immer wach; „Glück auf“ der Gruß, den Jedermann anwendet; aber leider versiegen auch hier die Erzanbrüche mehr und mehr, und die Zeit wird vielleicht nicht mehr ferne sein, wo die meisten Gruben ausgebaut und verlassen liegen werden.
Ein ähnliches Geschick steht auch dem Oberharzer Bergbau bevor, der an Großartigkeit mit dem erzgebirgischen wetteifert. Die Schächte haben hier zum Teil solche Tiefen erreicht, dass die Arbeiter durch sinnreich ausgesonnene Maschinen, „die Fahrkünste“, auf und ab befördert werden, und wo auf unterirdischen Kanälen Schiffe tief unter dem fortgesetzt gedachten Meeresspiegel gehen. Auch die Harzer Bergwerke dienten Jahrhunderte hindurch den Nationen der Erde als Musteranstalten. Aber aller Glanz vergeht, sobald die Erzlager abgebaut sind; neue Weltteile müssen dann die Schleusen ihrer Schätze öffnen. Amerika, Australien und in nicht ferner Zukunft Afrika spenden Gold, Silber, Blei und Kupfer und belohnen den Fleiß der europäischen Volksstämme, welche auf ihre Kultur bedacht sind.
Nicht allein auf den Gebirgen des Festlandes, auch an der Meeresküste und selbst unter dem Meere sucht der Mensch die Erze auf und gewinnt sie, indem er zwischen sich und der gesalzenen Flut eine dicke Felslage stehen lässt, welche hinreichende Dichtigkeit und Stärke besitzt, das Meerwasser zu tragen. Ein Beispiel eines solchen Bergbaues bietet das Botallak-Bergwerk in Cornwall, dessen an felsiger Meeresküste liegender Eingang auf der beigegebenen Abbildung Fig. 52 dargestellt ist.
Fig. 52. Botallak-Bergwerk in Cornwall.
Wenn man, an der Südwestküste Englands reisend, das allen Schiffern dieser Meere wohlbekannte Vorgebirge Landsend erreicht hat, so sieht man vor sich im Norden die prachtvolle Whitesandbucht mit ihrem schimmernden glatten Sandgestade gleich einem großen Halbmond sich hinstrecken. Es ist die Stelle, auf welcher einst Adelstan von den Scilly-Inseln, dann Stephan von Frankreich aus, dann König Johann von Irland und zuletzt Perkin Warbeck bei seinem tollkühnen Griff nach der Krone Englands den britischen Boden betraten. Auf der andern Seite des 280 Fuß hohen Kap Cornwall aber befindet sich eine Sehenswürdigkeit, die nicht weniger eines Besuches wert ist, eben die genannte Botallak-Mine, ein Bau von 425 Fuß Tiefe, zwar kaum ein Achtel so tief als die Schächte bei St. Andreasberg am Harze, in seinen Einzelheiten aber dennoch höchst merkwürdig. Die Mine bietet mit ihrem rauchenden Dampfschornstein, ihren mächtigen Holzgerüsten, ihren geschäftig aus- und einfahrenden Bergleuten und Maultieren, ihren Zechenhäusern, mit ihren knarrenden Rädern und klirrenden Ketten, ihrem Dampfpumpwerk, welches Ströme unterirdischer Wasser heraufbefördert, und ihrer ganzen Einrichtung einen höchst wunderbaren Anblick.
Man muss schwindelfrei und sichern Fußes sein, um sich auf der schlüpfrigen, unebenen Leiter, welche das einzige Mittel ist, um in die Grube hinab zu gelangen, in die schwarze Nacht des mächtigen Schachts hinunter zu wagen. Unten aber trifft man auf endlose Galerien und Stollen voll von begrabenen Schätzen, an den Wänden flimmern beim Schein des Grubenlichtes Schichten wertvollen Kupfers, und Wagen, gefüllt mit dem gebrochenen Erz, rollen über die Bohlenwege. In der metallisch glänzenden Felsendecke ist nicht eine Spalte, die nicht den geheimnisvollen rauschenden Ton widerhallte, welchen die hoch über dem Haupte des Besuchers sich brechende Meeresbrandung hervorbringt, ein außerordentlich majestätisches Tosen, welches, wenn ein Sturm die Wogen bewegt, so unbeschreiblich grauenhaft wird, dass die Arbeiter dann sich nach oben zu flüchten genötigt sind. Der Besucher muss einen aus Flanell gefertigten Bergmannsanzug anlegen, ehe er hinabsteigt, damit ihm der Wechsel der Temperatur nicht schadet, wenn er aus der schwülen Atmosphäre, die in dem Schachte herrscht, zurückkehrt. An seinem Hute ist vorn eine Laterne befestigt, auf diese Art sind ihm beim Steigen die Hände freigelassen. Die Bergleute arbeiten in der Regel acht von den 24 Stunden des Tages, gewöhnlich auf Kontrakt, bisweilen für einen Anteil an der Ausbeute. Ihr Lohn beträgt 40 bis 50 Schilling den Monat. Das Thermometer steht in der Grube oft auf 85° Fahrenheit, und die Arbeit ist, wenn man bedenkt, dass den aus dieser Hitze Heraufkommenden im Winter scharfe, kalte Winde, erkältende Nebel und Schneewetter empfangen, im hohen Grade nachtheilig für die Gesundheit. Selten bleibt einer der Bergleute nach dem 50. Jahre vom Rheumatismus verschont, und viele sterben lange vor dieser Zeit an Schwindsucht und anderen Lungenkrankheiten. Indes giebt es auch Beispiele von langer Lebensdauer unter den Grubenarbeitern. So war früher hier ein alter blinder Mann, der, wenn die Lichter ausgingen, im Stande war, die Bergleute durch das Labyrinth verwickelter Gänge herauszuleiten.
Im Jahre 1854 waren in diesem mächtigen Bergwerke und dem, was dazu gehört, nicht weniger als 28,000 Menschen beschäftigt. Die Mühe, die auf den Bau verwendet werden muss, ist unglaublich. Zwanzig Mann konnten täglich nur ein paar Zoll der Galerien und Stollen, welche sich jetzt über mehrere englische Meilen unter der Erde hinstrecken, dem Felsen abgewinnen. Eine der Gruben hat jetzt eine Länge von 1800 Fuß, eine andere gab täglich 200 Tonnen (à 20 Zentner) Erz. Das trübe, rauchende Kerzenlicht, das stete Heruntertröpfeln des aus dem Gestein hervorsickernden Wassers, der Lärm der Hämmer und Spitzhacken, die Explosionen des Pulvers, mit dem man die Sprengungen vornimmt, verwirren dem Fremden Auge und Ohr.
Die hier befindlichen Gänge erstrecken sich bis über 400 Fuß unter dem Meeresspiegel hinab. Das Erz besteht aus verschiedenartigen schwefelhaltigen Kupferverbindungen, oft in sehr schönen, baumähnlich angeschossenen Stufen. Die Klippen zeigen Hornblende, die mit Tonschiefer abwechselt, und enthalten eine Menge seltener Mineralien, z. B. Skorodit, Wismutglanz, pfirsichfarbene Kobaltblüte, Bluteisenstein, Adern von Granaten, Axinit, Tallit, Tremolit und viele andere schöne Vorkommnisse.
Die Direktoren dieses größten Bergwerks des erzreichen Cornwall sind wissenschaftlich gebildete Bergleute, welche den Titel „Kapitän“ führen und, je nachdem ihre Grube in die Tiefe geht oder sich mehr an der Oberfläche hält, „underground“ und „grass captain“ genannt werden. Neben diesen Leuten, welche etwa unseren Obersteigern entsprechen, steht ein höherer Beamter; der Zahlmeister hat den Titel „bursar“.
Nicht weniger sehenswert sind die Außenwerke dieser Kupferminen. Sie zeigen in eigentümlicher Vereinigung die Schöpfungen des erfindungsreichen Menschengeistes mit der Erhabenheit der Natur. Düstere Abgründe von Schiefergestein, welche selbst dem Ozean als unüberwindliches Hindernis entgegentraten, werden hier durch die Operationen des Bergmanns aufgebrochen und sind mit allen seinen komplizierten Maschinen bedeckt. Die auf schroffer Klippe über der See aufgestellte sogenannte Crown-Engine wurde über eine 209 Fuß tiefe Wand nach der Stelle hinabgelassen, wo sie jetzt den Arbeiter in den Stand setzt, unter das Bett des Ozeans hinabzusteigen. Dem Wasser macht er hier noch die Schätze streitig, um deren Besitz er schon mit Fels und Finsternis kämpfte.
In solchen Bergwerken sehen wir Wissenschaften und Künste, Geist und Kraft, Genie und Ausdauer ihre höchsten Triumphe feiern. Die Erforschung der Erdrinde und ihrer Bestandteile, Mineralogie, Geognosie, Physische Geographie, reichen der Physik und Chemie die Hand und zeigen in ihrem Verein der Mechanik und Maschinenbaukunde die Wege, auf denen die Erlangung der anorganischen Reichtümer möglich wird. Haben sich die Erfahrungen auch sehr langsam im Verlaufe der Jahrhunderte entwickelt und sind auch ganz allmählich nur die alten Irrtümer und Vorurteile einer abgeschlossenen Tätigkeit, wie der Bergbau ist, vor dem Lichte einer rationellen Erkenntnis zerronnen, so treten uns doch beim Zurückblick auf die Geschichte einzelne Namen und Charaktere entgegen, die wie eherne Merkzeichen plötzliche, bedeutungsvolle Abschnitte ankünden. Und ein deutscher Name ist es, der unter allen den schönsten Klang hat: Abraham Gottlob Werner. Was man vor ihm von dem Innern der Erde, von dem Wesen und der Beschaffenheit der Gesteine zu wissen glaubte, war ein grund- und zusammenhangloses Gebäude von Vermutungen und Hypothesen. Er aber führte die Forscher an das Gestein heran und vereinigte die Resultate direkter Beobachtung zu einer der erhebendsten Wissenschaften: der Geognosie. Werner, dessen charaktervolle Züge uns die diesem Bande beigegebene Porträtgruppe zeigt, ist 1750 am 25. September zu Wehrau in der Oberlausitz geboren. Er machte von 1769 seine Studien an der Bergakademie zu Freiberg und später an der Universität Leipzig. Im Jahre 1775 wurde ihm an ersterer Anstalt der Lehrstuhl für Mineralogie und Bergbaukunde übertragen, den er bis zu seinem Tode inne hatte, und es datiert von da an der hohe Aufschwung, welchen Freiberg in wissenschaftlicher Hinsicht nahm und in Folge dessen die dortige Bergakademie sich zur Lehrmeisterin aller Erdteile erhob.
Abraham Gottlob Werner
Sind auch Werner's Ansichten im Laufe der Zeit manchen Änderungen unterlegen und hat die Zukunft auch andere Blicke eröffnet, als wohin er den Weg zu lichten vermeinte, so sind es doch die von ihm gelegten Keime, aus welchen Geognosie und Geologie in ihrer heutigen Gestalt erwuchsen.
Eine große Zahl bedeutender Schüler, unter denen das strahlende Doppelgestirn Alexander von Humboldt und Leopold von Buch obenan stehen, führten das Gebäude aus, wozu der Meister den Grundstein gelegt.
Quelle: Bergleute und Bergwerke, in: Das neue Buch der Erfindungen, Gewerbe und Industrien. Rundschau auf allen Gebieten der gewerblichen Arbeit. Dritter Band: Die Gewinnung der Rohstoffe aus dem Inneren der Erde, von der Oberfläche sowie aus dem Wasser. Von R. Ludwig, R. Glass, H. Wagner, L. Böttger. Leipzig und Berlin 1864, S. 67 - 83.
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