Bergrevier Vinschgau
von Robert R. v. Srbik
Die ältesten bisher bekannten Urkunden behandeln die Belehnung mit Schurfrechten im Münstertal (Fuldera am Ofenpaß, 1332) und bei Sulden (1352). Bald folgten weitere Verleihungen.
Die Zahl der Bergbaue war recht beträchtlich. Die meisten führten silberhaltigen Bleiglanz, in Sulden wurde auf Eisen geschürft. Der Nalser Bergbau war schon Ende des 15. Jahrhunderts anscheinend bedeutend, da 1496 sich dort ein Berggerichtsanwalt befand, der 1502 durch einen Bergrichter ersetzt wurde.
Vor dem Bau der Schmelzhütte in Terlan wurden die Bleierze nach Rattenberg gesendet, wo man sie als „Frischwerk" zum Verbleien der Fahlerze benötigte. Mit dem Aufschwunge der Terlaner Bergwerke verlegte man den Sitz des Bergrichters von Nals nach Terlan (1533). Das Silberbrennen erfolgte in Rattenberg und Schwaz, seit 1536 zuerst in Bozen, dann in Brixen. Der Deutsche Ritterorden, der auch zu den Gewerken gehörte, ließ jedoch seinen Anteil in Lana, dann zu Rabenstein im Sarntal verhütten. Ein Zeichen der Güte des Terlaner Erzes ist dessen teilweise Ausfuhr ins Ausland, darunter selbst nach Spanien (1527). Damals bestanden im Raume Terlan — Nals etwa 25 Gruben. Besonders hohen Silbergehalt wies die Grube „Zu Unser Frauen" auf, wo ein Zentner Erz 10 Mark Silber enthielt, eine Tonne daher rund 50 Kilogramm Silber. Für den guten Fortgang der Terlaner Werke zeugen ferner die Bergordnungen von 1525 und 1541 sowie die Bewilligung eines Wochenmarktes.
Auch im Vinschgau zählten die Fugger unter die Gewerken. Sie bauten 1539 in Terlan nur für ihre Bergwerke ein schönes Hüttenwerk und kauften alles erreichbare Erz auf. Die Fugger handhabten hier nicht nur wie in Schwaz eine dreifache, sondern eine fünffache Scheidung des erhauten Erzes zum Nachteile der Knappschaft, verteuerten aber trotzdem wiederholt den Pfennwert. Natürlich suchten sich die Knappen durch unreelle Machenschaften (Enttragen von Erz, heimliches Ausschmelzen des Silbers in Backöfen u. a.) dafür schadlos zu halten. Auch herumziehende „Scheid- und Peißwasserkünstler" (Alchymisten) gewannen widerrechtlich auf nassem Wege Silber. Zudem entzogen manche Gewerken der Kammer teilweise die schuldige Fron durch deren Fälschung nach Menge und Güte. Bei der 1559 eingetretenen Hungersnot spendeten der Kaiser, und was besonders hervorzuheben ist, einzelne Gewerken, darunter vor allem die Hörwarter, den darbenden Knappen Lebensmittel und Geld.
Vom Ende der sechziger Jahre an sagten jedoch die reicheren Gewerken trotz häufig erlangter Fronfreiheit ihre Anteile allmählich auf; außer den kleinbürgerlichen blieben nur die Fugger. Sie gingen auch hier nach ihren bekannten Grundsätzen vor; die Folge war, dass sich 1599 viele Knappen wegen Verlustes ihrer alten Freiheiten „vom Berge verzogen".
Im 17. Jahrhundert ging es weiter bergab. Dem Bergrichter wurde daher von der Kammer sein ohnedies schmaler Gehalt von 60 auf 30 Gulden vermindert. Die Ursachen dieses Niederganges liegen teils in dem „absätzigen" (unreinen) Erzvorkommen, teils in dem schon frühzeitig betriebenen Raubbau, ferner in den guten Bodenverhältnissen des Vinschgau, die mehr auf Obst- und Weinkultur als zum Bergbau hinwiesen. Schon 1533 wurden ernste Klagen wegen der durch den Bergbau verschütteten Weinberge laut. Eine weitere Ursache lag in der Zusammensetzung der Gewerken. Denn der Deutsche Ritterorden verfügte nur über sehr beschränkte Mittel, die reichen Gewerken verkauften ihren Besitz, nachdem sie genügend Gewinn herausgeschlagen hatten. Die minderbemittelten aber vermochten nicht allein die Kosten zu tragen. All diese Gründe wirkten mit an dem Niedergang des Vinschgauer Bergbaues um die Mitte des 17. Jahrhunderts.
Bergrevier Vinschgau
1 Naif: Silberhaltiger Bleiglanz mit Flußspat, Baryt und Fahlerz, Gänge in Granit und Porphyr. Anfang des 14. Jahrhunderts bis 1372 (Bergsturz). Verhüttung Terlan. 1472 Goldvorkommen. Silber- und Goldwaschwerk in der Passer 1482. Betriebsaufnahme wieder im 16. Jahrhundert, 1548 Bleierz. Kohle bei Hafling — Vöran (1871) und in der oberen Naifschlucht.
2 Zufall: Kupfer- und Schwefelkies mit Fahlerz und krist. Kalk im Tonglimmerschiefer. Sehr alter Bau nächst Zufallkapelle. Lebhafter Betrieb schon im 13. Jahrhundert. Im 15. Jahrhundert Eigentum der Grafen von Matsch, später der Bischöfe von Chur. Verhüttung S. Maria in der Schmelz (capella metallorum 1711 erbaut), dann Morter. Kupferbaue (u. a. Gand) 1478 — 1760; Lyfialpe Eisen; Madritschtal Eisen und goldhältiger Kupferkies, Madritschjoch Kupfer (1760), Muthspitze Kupferkies und Fahlerz. Sonst etwas Silber, Bleiglanz, Alaun (16. Jahrhundert). 1782 angeblich 30 Knappen durch Wassereinbruch verunglückt.
3 Lagar (n. Vetzan): Blei- und Blenderze in Quarzgängen des Tonglimmerschiefers. Betrieb wie 2. Mitte 16. Jahrhundert. Verhüttung Morter. — Schlanders (Nons): Silber und Blei (1479). Göflaner oder Schlanderser Marmor berühmt, Belehnung 1787, Eröffnung 1808. — Laaser Marmor schon den Römern bekannt (Säule in Bozen), namentlich seit dem 15. Jahrhdt. zu Bauten und Bildhauerarbeiten mit Vorliebe verwendet.
4 Fora: Wie 3. Kleine Gruben auf Blei und Zink (1478).
5 Stilfseralpe: Silberhaltiger Bleiglanz mit Blende, Baryt und Flußspat am Kontakt von Werfener Schichten und Buntsandstein im Tramentangraben. 15. Jahrhundert bis 1612. Eigentümer wie 2. Verhüttung Prad bis 1812. Wiedergewältigung Anfang des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts, dann erschöpft. — Gomagoi: Alte Gruben auf Eisen und Kupfer zirka 1485.
6 Sulden: Kupfer- und Schwefelkies im Tonglimmerschiefer (nächst Gampenhöfen). Mitte 18. Jahrhundert bis 1760. Eisen und manganhältiger Brauneisenstein in Sulden 1352 — 1775. Angeblich damals auch Bergbau am Zebrú bis Anfang des 18. Jahrhunderts.
7 Tartscherbühel: Fahlerze mit Baryt im Gneis und Glimmerschiefer. Trichterförmige Bodensenkungen (Pingen) und Reste alter Duckelbaue. Unzweifelhaft sehr alt (9. oder 10. Jahrhundert), gehören zu den ältesten Bauen des Landes. Bei Schluderns 1219 Bergbau erwähnt.
8 Taufers i. M.: Bergbau auf Gold 1483 erwähnt. Verhüttung am Ofenpaß (Eisenbergbau Fuldera 1332).
9 Laasertal: Bleiglanz und Zinkblende. Ältere Bergbauversuche.
10 St. Peter: Bleiglanz. 1. Hälfte 16. Jahrhundert im Besitze des Abtes von Marienberg.
11 Tschengels: Alte Baue auf Silbererz.
12 Völlan: Bleiglanz und Kupfer. 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts. 1566 Grubenbefahrung.
13 Ultental bei St. Pankraz: Stollen aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts auf Eisen und Kupfer.
Quelle: Robert R. v. Srbik, Überblick des Bergbaues von Tirol und Vorarlberg in Vergangenheit und Gegenwart, Innsbruck 1929, (Sonderabdruck aus den Berichten des Naturwissenschaftlich-medizinischen Vereines Innsbruck), S. 235 - 239.
Digitalisierung der Karten: Wolfgang Morscher
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