Bergreviere des Bistums Trient
von Robert R. v. Srbik
Schon lange vor der bekannten Verleihung des Bergregals an die Bischöfe von Brixen und Trient durch Kaiser Friedrich Barbarossa (1189) bestand am Calis- oder Kühberg und auf den bis zum Avisio und zur Fersina reichenden Höhen (Mte. Dolasso, Falumberg u. a.) ein bis in vorgeschichtliche Zeit zurückreichender Bergbau. Das erweist die weit über 1000 betragende Zahl der Pingen, deren große trichterförmige Höhlungen teils in Reihen, teils ganz unregelmäßig angeordnet sind, wie eben die Einstürze der darunter liegenden Stollen erfolgten.
Allem Anschein nach in vorgeschichtliche Zeit geht auch der Goldbergbau von Tassullo im Nonsberg zurück, den die Grafen von Eppan 1181 dem Bischof von Trient abtraten, um ihn wieder als Lehen von ihm zu empfangen. Vor Festsetzung des kaiserlichen Bergregals (1189) fällt auch ein selbständiges Übereinkommen des Bischofs mit den Gewerken seines Bereiches im Jahr 1185, das als erster Versuch einer Bergordnung anzusehen ist.
Der rege Trienter Bergbaubetrieb in historischer Zeit geht jedoch vor allem auf den Bischof Friedrich von Wanga, zurück, der die Schuldenlast seines Vorgängers durch intensive Ausnützung des Bergsegens mit Erfolg zu tilgen versuchte. Von ihm stammt auch die am sogenannten Wangaturm in Trient stehende Aufschrift: „Montes argentum mihi dant nomenque Tridentum". Er erließ 1208 für seine Betriebe eine Bergordnung, die älteste im Kaiserreiche. Sie setzte die Pflichten und Rechte des Bischofs, der Gewerken und Knappen in jedem Belange fest und gestattet auch Einblick in die Technik des damaligen Bergbaues. In dieser Beziehung ist ersichtlich, dass zu Beginn des 13. Jahrhunderts die Arbeit größtenteils mit Schlegel und Eisen erfolgte. Die Pochwerke wurden durch ein Räderwerk betrieben, die Aufbereitung des Silbererzes geschah mit Hilfe zugeleiteten Wassers, die Schmelzöfen waren mit Blasbälgen versehen — lauter Anzeichen eines bereits auch technisch verhältnismäßig entwickelten Betriebes. Die Gewerken und Knappen waren, nach ihrem Namen zu schließen, fast durchwegs Deutsche, wie denn auch die in den Lateinisch geschriebenen Urkunden vorkommenden Bergmannsausdrücke alle auf deutsche Worte zurückgehen, so z. B. baraitare = berechnen, dorslagum = Durchschlag, smeltzer = Schmelzer, werchus = Gewerke, xaffar = Schaffer, xurfus = Schurf usw. Übertretungen der Bergordnung wurden mit Geld- oder Leibesstrafen belegt. So trieb man den Schuldigen unter Hieben durch die Stadt, bei schweren Verbrechen wurde ihm sogar die Hand abgehauen.
Bereits im Jahre 1330 verlieh Herzog Heinrich von Tirol und Kärnten einigen Gewerken aus Kuttenberg in Böhmen das Recht auf Silberbergbau in dem Gericht Berzinnen (Persen), in Vilrag (Viarago), Heilice (?), Valizen (Falisen, Falesina), Gereute (Frassilongo), Walrisitira (?) und in Monte vaccarium (M. vaccino). 1339 wurde ein Fronbote in Levico eingesetzt, gewiss ein Anzeichen ertragreichen Bergbaues.
Nach dem erwähnten Vertrag mit dem Kaiser hatten die Bischöfe von Trient für Eisen das unumschränkte Verfügungs- und Belehnungsrecht, für die anderen Bergbaue hingegen durften sie nur gemeinschaftlich mit dem Kaiser als oberstem Bergherrn vorgehen, aber nicht selbständig belehnen. Schon 1398 erfolgte in diesem Sinne durch den Bischof eine Belehnung auf Eisenerz im Sulztal (Val di Sole). Der Umfang des Berggerichtes Persen erstreckte sich bis 1489 auch auf die Gebiete der späteren Berggerichte Klausen und Nals, da damals dort ein noch zu geringer Bergbau umging, eigene Bergrichter daher nicht angestellt wurden. Auch Aldein, der Nons- und Sulzberg gehörten zu diesem vorerst einzigen Berggericht des Bistums. In Deutschnofen bestand 1483 noch kein eigenes Berggericht. Es wurde erst mit Zunahme des dortigen Betriebes aufgestellt, bald aber wieder aufgelöst; denn seit 1521 belehnte dort der Bergrichter von Klausen. Die Grenze verlief dann über die Wasserscheide zum Avisio.
In Persen, dem Mittelpunkt des Trienter Bergbaues, war schon 1504 eine Schmelzhütte in Betrieb. Kaiser Max verlieh dem Orte in Ansehung seiner Bedeutung 1505 auch einen Wochenmarkt. Die Silbererzeugung scheint hier kurz vor 1510 begonnen zu haben. Damals waren die Persener Silbererze noch reich, denn eine Tonne Erz (Bleiglanz) enthielt 157 Gramm Silber. Die Regierung Maximilians suchte daher den Bergbau durch Zuwendung namhafter Unterstützungen zu heben.
Von den umliegenden Gruben waren die von Vilrag (Viarago), Paley (Palù) und in der Valsugana am „Lefiger Berg" (Levico) am bedeutendsten. Ihre rechtlichen Verhältnisse regelte die Bergordnung vom Jahre 1524. In Vilrag hatte sowohl ein deutscher wie ein welscher Gewerke Schmelzhütten, in Veldzürch (Valzurg), das höher lag, aber silberreichere Bleierze hatte als Vilrag, besaß ein deutscher Gewerke drei Gruben und eine Schmelzhütte mit vier Öfen. Da in Fersen keine Fronhütte zur Ansammlung des Fronerzes bestand und der Transport nach Rattenberg zu teuer gekommen wäre, durften die Gewerken, unter denen sich auch der Bischof von Trient befand, ihr Fronerz wieder zurückkaufen; doch waren sie verpflichtet, ihr daraus gewonnenes Blei vor allen anderen dem Kaiser zum Kauf anzubieten.
Das Abkommen zwischen dem Kaiser und dem Bischof von Trient erfuhr 1531 insofern eine wichtige Änderung, als Ferdinand I. sich bereit erklärte, von dem gesamten Ertrage und Gefalle sowohl der bestehenden als auch der künftig zu bauenden Bergwerke in der Herrschaft Persen dem Bischof die Hälfte zu überlassen.
Aber bereits wenige Jahre später gerieten die Bergbaue von Persen in Verfall, selbst die altberühmten Silbergruben am Calis(Küh-)berg und bei Vayd (Faida). Die Ursache lag vor allem in dem Mangel an kapitalskräftigen Gewerken. Auch Erzdiebstähle und betrügerische Machenschaften der welschen Einwanderer, „Visenteiner" (Vicentiner, Venezianer), die vorgaben, das Silber mit Scheidewasser aus den Erzen gewinnen zu können, verschlechterten die Lage der auf kostspielige Versuche nicht eingestellten kleinen Gewerken und selbst reicherer Bozener Bürger.
So wandte sich die Erwartung dem schon 1528 neu entdeckten Vorkommen silberhaltigen Bleiglanzes von Breguzzo in den Judikarien zu. Doch die Grafen Lodron bauten dort mit nur wenig geschulten welschen Knappen, legten nie Rechnung und verschmolzen eigenmächtig ihre Erze in einer notdürftig wieder aufgebauten alten Schmelzhütte, ohne jedoch ordnungsgemäß mit einem Schurfrechte belehnt worden zu sein; sie erbaten und erhielten die Genehmigung erst 1569. Der Deutsche Ritterorden betrieb dort gleichfalls Bergbau und durfte die Erze wegen seiner bescheidenen Vermögensverhältnisse nach Agordo verkaufen, wodurch er höheren Gewinn als im Inland erzielte. Die Baue bei Breguzzo erwiesen sich zwar als ergiebig, die Grafen Lodron wachten jedoch eifersüchtig darüber, alle ertragreichen Gebiete des Breguzzotales in ihre eigene Hand zu bekommen, was ihnen aber anscheinend doch nicht vollständig gelang.
In „Profais" (Proveis, Nonsberg) wurde Mitte des 16. Jahrhunderts die alte Schmelzhütte wieder aufgebaut und ein bescheidener Betrieb aufgenommen.
Obgleich die Silbererze von Viarago sehr gut waren — man hatte auf eine Mark Silber nur 18 Star (zu 1 Zentner) Erz nötig, — betrugen die Erhaltungskosten auf l Mark erzeugtes Silber doch vier Gulden. Da die Gewerken unter diesen Verhältnissen den Betrieb nicht weiter führen wollten, kam er 1552 fast zum Erliegen, ja 1599 versuchte der Alleinbesitzer sogar die Hütten abzubrechen und die Eisenbestandteile wegzuführen. Die während des Dreißigjährigen Krieges angebahnte Wiedergewältigung verschlang große Summen, ohne sich zu lohnen. Etwas besser erging es mit dem Bergbau Palù.
Die Vitriolwerke von Caldonazzo-Levico bildeten lange Zeit ein Kampfobjekt verschiedener welscher Gewerken untereinander sowie zwischen der Regierung von Tirol und dem Stift Trient, waren aber erträgnisreich.
Kleinere Bergbaue bestanden um die Mitte des 17. Jahrhunderts noch im Fleimstal, Zinntal genannt, auf Blei, in der Valsugana auf Kupfererze und bei Brentonico auf Grünerde. Aber auch im Bereich des Bistums Trient war damals die Blütezeit des Bergbaues längst vorüber.
Bergrevier Pergine (West)
Bergbau von Persen im „Artzenbach" schon 1166 erwähnt. 1267 Silbergruben nachweisbar, 1330 genannt, 1400 — 1635 in Blüte. Landreim (1558): „Magnet zu Persen". Noch 1817 bei Fierozzo eine Kupferstufe von 40 Wiener Pfund gefunden. 1524 drei Gruben und Schmelzhütte in Valzurg (Veldzürch). Im 16. Jahrhundert Vitriolbergbau in Levico.
In Trient Münzstätte 1185 — 1539.
1 Rigol: Fahlerz mit Kupfer- und Schwefelkies, Bleiglanz und Blende im Tonglimmerschiefer. 1350 — 1622. Bischof von Trient und Graf von Castelbarco, später letzterer allein. Verhüttung Livignago bei Pergine. Blüte 1420 — 1500, 60 Gruben, 1000 Knappen. Anfang 16. Jahrhundert Rückgang, 1622 erschöpft. Später erfolglos. — Canezza: Kupferbergbau 1546, heimgesagt 1596, Wiedergewältigung 1893 auf Blei, Kupfer und Silber. Drahtseilbahn.
2 Monte Brada: Fahlerz mit Bleiglanz und Baryt im Tonglimmerschiefer und Porphyr. 1280 — 1618. Große Ausdehnung. Besitz wie 1. In Blütezeit (15. und 16. Jahrhundert) als „Vilrag" hochberühmt. Alte Eisenhütte. 1618 Vitriolgruben.
3 Gronleit: Wie 2. 1290 deutsche Gewerkschaft. 30 Gruben. Verhüttung Fierozzo bis Ende 14. Jahrhundert, dann venetianische Wiedergewältigung bis 1877 ohne wesentlichen Erfolg. Ausgedehnte Halden und Ruinen.
4 Val di Valena: Wie 3. 1350 - 1626. Deutsche Gewerkschaft, ausgedehnte Halden. Wiedergewältigung 1835 —1845.
5 Val Vignola: Kupfer- und Schwefelkies im Tonglimmerschiefer. Ende 16. Jahrhundert bis 1622 (Holzmangel, Erschöpfung). Verhüttung Pergine. Wiedergewältigung erfolglos.
6 Calisberg: Fahlerz mit Bleiglanz und Baryt in Werf. Schichten und Porphyr. Ausgedehnte Gruben hohen Alters, urkundlich schon im 10. Jahrhundert von den Bischöfen von Trient betrieben. Berühmter Silberreichtum (Stadtsiegel Trient). Reste alter Duckelbaue, wahrscheinlich römischen Ursprungs. Große Tiefe. Ende des 14. Jahrhunderts unlöhnig. 19. Jahrhundert Baryt. Eisenbergwerk und Hütte Fornace (Fornas) schon 845 erwähnt, hier Verhüttung der umliegenden Bergbauprodukte.
7 Pra longo: Wie 6. Auch sonst wie dort.
8 Monte Gallina: Wie 6 und 7. Großartige Bergbaureste.
9 Monte San Colomba: Wie die vorigen; Reste alter Duckelbaue.
10 Val calda: Wie die vorigen; Reste alter Duckelbaue. — Roncogno: Alte Gruben auf Kupfer und Blei, Fahlerz und Baryt.
11 Pajerla: Wie die vorigen, aber weniger ergiebig. — Lavis: Galmai
12 Monte Corona: Wie die vorigen, unbedeutender noch bei Meano und am Sattel Doss delle Greve zwischen Lavis und Civezzano. Alter Bergbau bei Favèr verlassen.
13 Bedole: Braun- und Roteisenerz mit Schwefelkies und Bleiglanz im Jurakalk. Mitte 19. Jahrhundert durch einige Jahre (1868 — 1870), wenig Erfolg, hohe Lage.
14 San Antonio: Eozäne Braunkohle. 1837 — 1870. Sehr ergiebig.
15 Tolghe Pianetti: Bleiglanz mit Blende und Schwefelkies im Jurakalk. Seit 1860 durch einige Jahre, unlöhniger Betrieb.
16 Miniere delle terre verdi, Grünerde oder „Veroneser Grün", schon den Römern bekannt. Abbau seit dem 17. Jahrh.
17 Mori und San Giovanni: Abbau von Braunkohle, — Tierno-Besagno: Kohle (1852) und Eisen (1856).
18 Alte Bergbauspuren bei Horst westlich Chiesa.
19 Eisenbergbau 1282 auf dem Melignon, Transport nach Vicenza.
Bergrevier Nonsberg-Sulzberg
1 Campo di Tassullo: Goldführender Kupfer-, Eisen- und Schwefelkies mit Quarz und Kalk. Goldbergwerk der Bischöfe von Trient seit Anfang 12. Jahrhundert bis Ende des 12. Jahrhunderts.
2 Lanergraben (Monte Dian): Kupferkies mit Bleiglanz und goldhaltigem Schwefelkies im Porphyr. Seit 13. Jahrhundert lebhafter Betrieb der Bischöfe von Trient bis 1280 (Murbruch). Verhüttung nächst Laurein (Weiler Schmieden). Spuren zerstört. — Revò: Versuche auf Kupfererze.
3 Lavacéalpe: Kupfer- und Schwefelkies auf Quarzgängen im Tonglimmerschiefer. Betrieb und Besitz wie 2 bis Mitte 14. Jahrhundert. Hütte bei Lanza (Schlackenhügel).
4 San Antonio: Silberhaltiger Bleiglanz am Kontakt von Werfener Schichten und Porphyr. Kleiner Bergbau kurzen Bestandes im 16. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert Wiedergewältigung.
5 Scalettalpe: Kupfer- und Schwefelkies im Tonglimmerschiefer. Ende 14. Jahrhundert bis 1430.
6 Drignano (Celedizzo-Cogolo): Magneteisenerz mit Granat und Hornblende im Glimmerschiefer. Erzgruben auf Pyrit, Magnetit und Ankerit. 1750 — 1860. Verhüttung Ossana. Hier auch alte Eisengruben südlich des Ortes, vielleicht aus der Römerzeit.
7 Campanei: Wie 6. Drei alte Gruben auf dem Monte Macaoni, angebl. 1560 eröffnet; 1858 letzter Brand in den drei noch gut erhaltenen Schmelzöfen bei Comasine. Hier alte Gruben auf Pyrit, Magnetit und Ankerit.
8 Polinar: Ausbeute wie 6, bereits 1850 aufgelassen.
9 Cespede: Wie 6, 1845 einige Jahre hindurch (6 — 9 Graf Ferrari).
10 Porcelli: Bituminöse Asphaltschiefer an Grenze von Nummuliten- und Jurakalk. Sechzigerjahre 19. Jahrhundert bis 1875 (1880).
Bergrevier Judikarien
11 San Pietro di Val Breguzzo: Bleierz mit Flußspat und Blende im Triaskalk und Granit. 15. bis Ende 16. Jahrhundert. Wiedergewältigung Ende des 18. Jahrhunderts. Baue in 2100 m ü. d. M. Verhüttung bis 1790 Breguzzo, seither wegen Holzarmut Ausfuhr.
12 Giuggia: Kupfer- und Schwefelkies mit Bleiglanz im Tonglimmerschiefer. 1811 bis einige Jahre später. — Breguzzo: Auf silberhaltig. Bleierze 1528 — 1665 im „Wundertal“. 1861 Wiedergewältigung auf Blei und goldhaltigen Magnetkies mit Erfolg.
13 Bisina: Spat- und Magneteisenerz mit Kalk im Tonglimmerschiefer. Anfang 18. Jahrhundert bis 1760; dann 1825 einige Jahre Bau auf Zinnobererze. Verhüttung Bagolino (weiter Transport).
14 Gello: Wie 13. Anfang 18. Jahrhundert bis 1770/1780. Verhüttung Bagolino.
15 Tosstonda: Rot- und Brauneisenerz in unt. Triaskalk. 1716 — 1736.
16 Nardis: Kupfer- und Schwefelkies mit Quarz und Hornblendeschiefer im Granit. Nach kurzem Bestande 1745 aufgelassen. — Bedole: Alte Gruben auf Braun- und Roteisenstein.
17 Ravizola: Bleiglanz mit Flußspat und Quarz im dolomit. Kalk. Anfang 18. Jahrhundert nicht unbedeutende Bleierzgrube mit Schmelz-Werk (heute Glasfabrik) bis 1780.
18 Laone: Braun- und Roteisenerz im Jurakalk. Nach 1837 durch einige Jahre.
Quelle: Robert R. v. Srbik, Überblick des Bergbaues von Tirol und Vorarlberg in Vergangenheit und Gegenwart, Innsbruck 1929, (Sonderabdruck aus den Berichten des Naturwissenschaftlich-medizinischen Vereines Innsbruck), S. 243 - 252.
Digitalisierung der Karten: Wolfgang Morscher
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