Der Fuggersche Bergwerkshandel in Südtirol anno 1656
Von Georg Mutschlechner
1558 hatte der Tiroler Landesfürst Kaiser Ferdinand I. aus dem Besitz des Gewerken Paul Herwart Bergwerksanteile in Schwaz und im Berggericht Gossensaß-Sterzing, vor allem am Schneeberg im hintersten Passeier, erworben. Fast gleichzeitig boten ihm Anton Haug und Ulrich Link ihre Bergwerksanteile bei Gossensaß und am Schneeberg an. Von hier kam das zum Ausbringen des begehrten Silbers aus den Schwazer Fahlerzen unentbehrliche Frischwerk, das Bleierz bzw. das daraus gewonnene Blei. Deshalb fühlten sich die mächtigen Gewerken, in erster Linie die Fugger aus Augsburg, beunruhigt und veranlasst, ein Gegengewicht in Form einer Vereinigung ihrer bisher getrennt arbeitenden Gesellschaften zu bilden.
So kam es am 3. März 1565 zur Errichtung eines Gesellschaftsvertrages zwischen Anton Fugger und Bruders Söhnen Georg und Marx Fugger mit David Haug, Hanns Lang(en)auer, den Brüdern Michael und Abraham Katzpeck und Mathes Mannlich. Diese alle waren Schmelzer und Gewerken in Schwaz, Rettenberg, Imst, Sterzing, Klausen und Terlan. Die neue Vereinigung nannte sich nach dem bekannten, erst kürzlich (Juni 1982) zum Markt erhobenen Unterinntaler Ort, wo sich bereits Schmelzhütten befanden, „Jenbacher Gesellschaft“. Im Laufe der Jahre traten einzelne Teilhaber wieder aus, so dass dieses große Unternehmen schließlich alleiniges Eigentum der Fugger wurde. Diese waren aber längst nicht mehr so geldkräftig wie früher und gingen nach Jahrzehnten in Konkurs 1).
1) Ludwig Scheuermann: Die Fugger als Montanindustrielle in Tirol und Kärnten. München und Leipzig 1929.
Die Beschreibung und Verteilung des Gräflich Fuggerischen Bergwerkhandels bzw. des Jenbacher Vermögens aus dem Jahre 1656 2) zwischen den Erben nach Marx und Christoph Fugger und den übrigen beim Jenbacher Handel interessierten Fuggern bietet einen Einblick in den weitgestreuten Besitz dieser mächtigsten Gewerken in der Geschichte des Bergbaues in Tirol kurz vor ihrem unrühmlichen Abgang.
2) Tiroler Landesarchiv, Pestarchiv-Akten XIV/737.
Neben den Besitzungen in Schwaz, Jenbach, Rattenberg und Imst hatten sie auch am Bergbau in Südtirol maßgeblichen Anteil, wie an Hand obiger Aufstellung gezeigt werden kann. Es ging damals um die Verteilung der liegenden Güter, wie der Schmelzwerke, Häuser, Getreide- und Erzkästen, Grund und Boden, auch Bergwerksanteile und Hüttenzeug sowie allerlei Fahrnis beim Berg- und Schmelzwerkshandel in Schwaz samt dem Jenbacher Handel. Einzelne Posten wurden vom Verfasser erläutert.
Liegenschaften:
In Sterzing, veranschlagt auf 1896 Gulden 40 Kreuzer. Hier befand sich das Handelshaus. Die Gebäude mit den Nummern 168, 169 und 170 an der Westseite der Straße in die Neustadt werden noch immer „Fuggerhäuser“ genannt.
In der oberen Stadt, beim Strein-Turm, stand ein Erzkasten.
Im Ridnauntal: Zwei Erzkästen für das Schneeberger Erz, 200 Gulden.
Am Schneeberg: 62 Gulden 30 Kreuzer.
In Gossensaß: Zwei Erzkästen „in der Hell“, 129 Gulden 12 Kreuzer.
Im Pflerschtal: Ein Erzstadel, mit 6 Gulden bewertet.
In Graßstein (zwischen Sterzing und Franzensfeste): Ein Schmelzwerk, 450 Gulden.
An der Frag außerhalb Klausen: Ein 1627 gegen 54 Kreuzer Gilt (Grundzins) verkaufter, hölzerner Erzkasten wurde mit 18 Gulden veranschlagt. „Die Losung gegen Nachlassung der Gilt ist rescribirt.“ Der andere Erzkasten ist auch verkauft. Der Pfunderer Bergbau im Thinnebachtal nordwestlich von Klausen wurde bereits 1614 aufgegeben.
Fahrende Habe:
Beim Handelshaus in Sterzing, 182 Gulden 30 Kreuzer.
Bei allen Gruben am Schneeberg, 344 Gulden 36 Kreuzer.
Aus 400 Gulden Fürlehen (Darlehen), die bei den Erzsamern in Passeier unverzinst liegen, 200 Gulden. Die Erze wurden vom hochgelegenen Bergbau am Schneeberg von Männern aus Passeier über die Schneebergscharte (2690 Meter) nach Ridnaun, Sterzing und zeitweise über den Brenner nach Hall an den schiffbaren Inn und sogar bis zu den Schmelzwerken im Unterinntal mit Tragtieren gesäumt.
Fahrnis bei den Erzpochern am Schneeberg, 246 Gulden 51 Kreuzer.
Schmiedzeug am Schneeberg, 29 Gulden 24 Kreuzer.
Fahrnis im Ridnauntal, 7 Gulden 48 Kreuzer.
Fahrnis auf gemeine Unkosten oder Auffahren zum täglichen Gebrauch, 2 Gulden 55 Kreuzer.
Fahrnis beim Erbstollen St. Leopold am Gossensasser Berg, 51 Gulden 12 Kreuzer.
Darlehen von 50 Gulden, die dem Gallholtzer wegen des in seinem Feld erhaltenden Stollens St. Leopold Cleophas beschehen, des Fuggerischen Handels Gebühr, 33 Gulden 20 Kreuzer.
Fahrnis im Villanderer Berg, 33 Gulden 10 Kreuzer.
In Kieserengern (Außerpflersch), 13 Gulden 35 Kreuzer.
Anschlag des Erbstollen-Pochers wie auch des Pochers beim „Glück auf“ der unteren Zeche am Schneeberg, 600 Gulden.
Vorräte in den Berg-, Schmelz- und Pfennwert-Händeln beim Jenbacher Handel mit Ende der 3. Raitung (Abrechnung) 1656:
Beim Sterzinger Getreidehandel an Getreide, 1151 Gulden 17 Kreuzer.
Beim Sterzinger Schmalzhandel an Schmalz, 264 Gulden 30 Kreuzer.
Schneeberger und Gossensaßer Erz, beiläufig um 7456 Gulden.
Schneeberger und Gossensaßer Erz in den Erzkästen zu Hall, 2088 Gulden.
Beim Schmelzhüttenwerk zu Graßstein, geschmolzenes Zeug und anderes, 738 Gulden 54 Kreuzer.
Bergwerksanteile, wie sie 1645 laut Inventar veranschlagt wurden:
Im Berggericht Sterzing:
Am Schneeberg, außer den schon genannten Pochern, 11.111 Gulden 20 Kreuzer.
Am Gossensaßer Berg, 60 Gulden.
Schulden beim Sterzinger Handel:
Ausgesetzte (als nicht einbringlich abgeschriebene Schulden) 1760 Gulden 20 Kreuzer.
Für gut gesetzte (einbringliche) Schulden 1975 Gulden.
Anfang März 1657 kündete Graf Leopold Fugger in einem Schreiben an Erzherzog Ferdinand Karl ohne Wissen der Handelsleitung und der anderen Teilhaber alle Bergwerksanteile, ausgenommen jener am Schneeberg, die noch aktiv waren. Am 29. März dieses Jahres wurde in einem Vergleich mit einer Gruppe der Gläubiger bestimmt, dass möglichst viel zu Geld gemacht und vom Gesamterlös das Bergwerk am Schneeberg zum Nutzen beider Parteien weiter geführt werden sollte. Dass der Bergbau hier immer noch eine lohnende Ausbeute lieferte, geht aus einem 1663 zwischen dem österreichischen Handel und den Fuggern, die noch zehn Viertel-Anteil 3) am Schneeberg hatten, bestätigten Vertrag hervor. Dabei ging es um den Ankauf der Fuggerischen Erze aus den Gruben am Schneeberg und in Ridnaun. Es handelte sich um 1612 ½ Kübelfüllungen zu je 135 Wiener Pfund.
3) Jedes Bergwerk bestand aus neun Neuntel-Anteilen. Jedes Neuntel war in vier Viertel gegliedert. Da durch war auch das Risiko für den einzelnen Gewerken gering, allerdings auch der Gewinn.
Bis um das Jahr 1760 war hier der Bergbau noch lohnend. Dann ging es jedoch rasch bergab. Eine Grube nach der anderen wurde aufgelassen. 1769 gehörten sieben Neuntel-Anteile dem Landesherrn und zwei Neuntel den Gewerken des Jenbacher Berg- und Schmelzwerkes. 1772 gaben die Jenbacher Gewerken den Bergbau am Schneeberg auf.
Quelle: Georg Mutschlechner, Der Fuggersche Bergwerkshandel in Südtirol anno 1656, in: Der Schlern, Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde, 56. Jahrgang, Heft 12, Dezember 1982, S. 638 - 639.
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