Das Gewerkendorf Mühlbach
Diese nahe an der Fahrstrasse nach Bramberg befindliche Ortschaft ist der Sitz eines k.,k. Berg- und Hüttenamtes mit einem Schmelzwerk und Roste.
Sie hat ihren Namen von dem vorbeyfließenden Mühlbache, der ein reißendes Wildwasser ist, und von Nordwest herab aus einer fünf Stunden langen mit den gähesten Felswänden umgebenen wilden Thalschlucht hervorkommt.
Die zum Mühlbacherwerke gehörigen Bergbaue sind der am Brennthale und im Untersulzbachthale; sie liefern Schwefelkiese und Kupfererze.
Der vom Amte Mühlbach zunächst gelegene Bergbau ist die Sigmundsgrube (Stollen) am Brennthal, im Süden des Hauptthales, jenseits der Salzache, und nur eine Viertelstunde entfernt.
In dieser Grube, welche mit den höher liegenden Stollen der Maria Opferungs-, St. Johanns-, Martin-, und Ruperti- Gruben durchschlägig ist, sind 18 Bergarbeiter in Verwendung. Diese Grube ist bequem befahrbar, und hinsichtlich ihrer Erzlagerstätte, die oft sehr große Mächtigkeit annimmt, und bedeutende Erzmengen liefert, selbst für Nichtbergmänner besuchenswerth.
Jener befindet sich im Süden von Neukirchen im untern Sulzauthale, anderthalb Stunden entfernt.
Durch die Güte des gegenwärtigen k. k. Herrn Verwalters Franz Kaltner, eines recht gefälligen Mannes, und tüchtigen Geognosten wurde mir die Manipulation obiger Bergprodukte von dem Stollen bis zum Handelsgebrauche mitgetheilt, die ich nachfolgend mittheile.
So wie ich schon oben sagte, liefern die Mühlbacherwerke Schwefelkiese und Kupfererze. Die Schwefelkiese werden in den von Mühlbach 1/8 Stunde südlich entfernten Schwefelöfen der Abschwefelung so unterzogen, daß ein Schwefelofen mit 3 — 4000 Zentnern dieser Kiese gefüllt, auf die Art wie ein Kohlenmeiler, aber zwischen Mauern eingeschlossen, und in Brand gesetzt wird.
Die dadurch flüchtig gewordenen Schwefeltheile sondern sich aus dem Ofen durch angebrachte Ventille der Mauer in die Schwefelkammern oder Luftgräben und setzen sich dort als Staub oder Stockschwefel ab.
Aus einem Ofen, der mit 4000 Zt. Kiesen gefüllt ist, fallen 120 — 140 Zt. Stockschwefel ab; welcher in eisernen Pfannen flüßig gemacht, von seinen anklebenden Unreinigkeiten als Lehm und Sand, die er aus den Kammern, Ventillen und Mauern aufnimmt, befreyt, und geläutert, in Stangen gegossen, als Kaufmannsgut in Kisten zu 225 Pf. verpackt, und in Loco Mühlbach an Kauffreunde um 7 fl. 3o kr. C. Mz. pro Cento verkauft wird.
Aus den abgeschwefelten 4000 Zt. Kiesen wird durch ihre Auslaugung und Versiedung der Lauge, der sogenannte, in den früheren Zeiten sehr gesuchte, zu feinen Schwarz - Färbereyen anwendbare Brennthaler Vitriol erzeugt. Das jährliche Ausbringen solchen Vitriols kann auf 3 — 500 Zt. gesteigert werden.
Die großen Fabriken in Frankfurt, Leipzig, Basel beziehen noch gegenwärtig solchen Vitriol mit sehr bedeutenden Kosten um den Preis von 9 fl. 24 kr. C. Mz. Loco Mühlbach als ausgezeichnete Waare.
Der ausgelaugte Kies wird endlich mit den Kupfererzen des Brennthaler- und Untersulzbacher - Bergbaues in der Kupferschmelzhütte verschmolzen, und daraus durch die Roh- Lech-Kupferstein, und Rosetir- Arbeit, Kupfer (reines Feinkupfer) dargestellt.
Die jährliche Erzeugung fiel gegenwärtig vom früheren Ausbringen pr. 4 — 500 Zt. auf 200 Zt. herab.
Dieses Produkt wird in einem Preise von 50 fl. C. Mz. pr. Cent, in Loco Mühlbach an die k. k. Messinghütte Ebenau bey Salzburg, und Achenrain und Brixlegg in Tyrol, verkauft, wo es zu Messingfabrikaten, Kupferschaalen und Blechwaaren verwendet wird.
Zur Zeit des Röstens ist die Luft um Mühlbach durch die Arsenik- und Schwefeldünste lästig, und zeigt ihren! schädlichen Einfluß auch auf den näher liegenden Gründen.
Diese schädlichen Dünste mögen einst die alten Geschlechter abgehalten haben, sich in dieser, für Burgen und Schlößer so einladenden Gegend anzusiedeln, da doch der übrige Bezirk, selbst in minder geeigneten Lagen eine Menge solcher Ueberbleibsel darbiethet.
Bezüglich des Mühlbachthales muß ich noch erinnern, daß sich in einer drey Stunden weiten Entfernung, von Mühlbach eine dem Werke angehörige Trift - Klause befindet, womit für den Mühlbacher Werksbetrieb jährlich aus den dort liegenden bedeutenden früheren Salinenwäldern 4 —600 Klaftern Holz gebracht werden. Jm Hintergrunde ziehet das Auge ein mächtiger Felsenstock, der sogenannte Rettelstein (7473 W. F.) an; er befindet sich an der Gränze von Brixenthal, und beherrschet majestätisch die sich ihm anschließenden niedrigen Bergbrüder.
Durch dieses Thal führt auch ein ziemlich gut erhaltener Geh- und Sammweg über die Stange nach Brixenthal, wodurch den Reisenden von Mühlbach aus, drey Stunden, Weges erspart werden.
Nach Relsigl (S. 67.) bestand früher (um 1785) ein Fahrweg über die Stange.
Quelle: Ignaz von Kürsinger, Ober-Pinzgau, oder: Der Bezirk Mittersill. Eine geschichtlich, topgraphisch, statistisch, naturhistorische Skizze. Salzburg 1841. S. 80 - 82.
Textbearbeitung: Leni Wallner, November 2009.