Von den Goldsuchern im Ötztal


Von Georg Mutschlechner
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Wie in mehreren Tiroler Tälern südlich des Inns (Weertal, Wattental, Silltal) hat man schon vor Jahrhunderten auch im Ötztal nach Gold gesucht.

Das edle Metall tritt ganz allgemein an seinem Entstehungsort teils als „Berggold", das heißt in winzigen Kriställchen, Schüppchen und in moosartig oder blechförmig verzerrten Gebilden im Gestein auf, teils kommt es in fester Lösung unsichtbar in bestimmten Erzen vor. Aber auch nicht göldische Lagerstätten (beispielsweise Eisenspatvorkommen) können Gold führen. Manche sulfidischen Erze, Verbindungen der Metalle mit Schwefel, so Pyrit (Schwefelkies, Eisenkies), Arsenkies und Bleiglanz, enthalten, wie man schon lange weiß, geringe Mengen bis Spuren von Gold. Diese Sulfide sind spröde und werden deshalb mechanisch leichter zerstört als viele andere Erze. Auch bei der Zersetzung dieser Schwefelverbindungen wird das darin fein verteilte Gold frei.

Allmählich gelangt das an sich weiche Gold (Härtegrad 2,5) von seinen ursprünglichen Lagerstätten im Gebirge mit dem Verwitterungsschutt durch das fließende Wasser in die Täler. Hier kann es unter günstigen Bedingungen auf Flachstrecken und besonders dort, wo die Wasserläufe in großen Krümmungen dahin fließen, mit anderen Schwermineralen zu den sogenannten „Seifen" abgesetzt und angereichert werden. Das begehrte Metall liegt nun nach vielfacher Umlagerung in minimalen Mengen auf sekundärer Lagerstätte. Der Vorgang der Anreicherung ist noch wenig erforscht. Vermutlich kommt es an den praktisch unlöslichen und nur durch Scheidewasser und Cyankalium angreifbaren Goldflitterchen im Lauf der Jahrtausende zu Umsetzungen, Bindungen und zur Entstehung etwas größerer rundlicher Gebilde. Dieses „Seifengeold" kann mit Hilfe einer flachen Schüssel unter Schwenken und Drehen im fließenden Wasser vom umgebenden Sand und Schlamm getrennt werden. Man spricht von „Waschgold". Manche Goldsucher verwendeten auch die Saxe, eine aus Holz verfertigte, leicht gebogene Rinne. In eigenen Waschanlagen gebraucht man mit verschiedenen Hindernissen ausgestattete Gerinne, die das Gold zurückhalten sollen. Wie im Bachbett sinkt bei diesem Gewinnungsverfahren das schwere Gold zu Boden und bleibt liegen. Hingegen werden die leichteren Bestandteile vom Wasser weggespült.

Über Goldgewinnung im Ötztal ist nur sehr wenig bekannt geworden. Die Tatsache, dass hier Gold gesucht und gewaschen wurde, rechtfertigt eine kurze Darstellung des Überlieferten, zumal einige interessante Belege über diese Tätigkeit noch nicht veröffentlicht sind.

Das Tiroler Landesarchiv in Innsbruck verwahrt Gesuche und Berichte über das Goldwaschen im Ötztal aus den Jahren 1523 und 1524 1). Daraus ist folgender Sachverhalt ersichtlich:

Im Jahre 1523 schrieben Hanns Porst und Christan Per auch namens ihrer Mitverwandten (Mitbeteiligten) an den Landesfürsten, dass sie vor einiger Zeit „ainen pach, so etwas Gold im Fluß tragen sol", angezeigt, das heißt gemeldet hätten, ohne den Namen des Baches zu wissen, woraus zu schließen ist, dass die beiden keine gebürtigen Ötztaler waren. Auch hätten sie als erste Finder um Freyung (Freiung) 2) gebeten, die ihnen bis Martini des folgenden Jahres bewilligt wurde. Inzwischen hätten sie sich bemüht, den Ursprung des goldführenden Wassers ausfindig zu machen und den Bach fünf Meilen 3) weit verfolgt, aber den Ursprung wegen Unwetter und Schneefall nicht erreichen können. In der Freiung war bestimmt worden, dass sie mit Ablauf der Frist wieder erscheinen und Lage und Namen des Baches angeben sollten. Dann würde auch ihnen künftig Freiung zu teil werden. Nun melden sie, dass der Bach „die Ach" genannt wird, dass er im Ötztal entspringt, aus diesem Tal fließt und nahe oberhalb Magerbach 4) in den Inn mündet. Sie bitten nun, ihnen als ersten Begehrern den Bach vom Ursprung mit den Zuflüssen samt dem Gebirge auf Grund des ersten Ansuchens ungefähr bis auf den nächsten Jakobitag (25. Juli) zu freien. Bis dahin hätten sie gute Hoffnung, den Ursprung zu erreichen. Sie hätten dieses Begehren auch dem Bergschmied zu Mieming, Oswald Schmältzl, schriftlich angezeigt. Das war nämlich der Anwalt, der bevollmächtigte Vertreter für den Bergbau in diesem Gebiet.

Das Schreiben der beiden Bewerber ging von der landesfürstlichen Kammer in Innsbruck an den Bergrichter Martin Phannholzer nach Schwaz zur Stellungnahme samt Anfrage, wie es dort mit den Fuegern 5) und anderen Gewerken gehalten, wie viel von diesen an Fron und Wexl 6) gegeben worden sei.

Der Schwazer Bergbeamte berichtete am 26. Oktober 1523 ausführlich an die Tirolische Kammer, dass dem Bergmeister, den Geschworenen und anderen Amtleuten der Befehl zu Nachforschungen mitgeteilt wurde. Aus den Berggerichtsbüchern habe sich ergeben, dass man im Gericht Freundsberg den Weerbach in mehrere Lehen 7) unterteilt und weder seitliche Zuflüsse noch das Gebirge dazu verliehen habe. Ein solches Verleihungsgebiet messe entlang des Baches in der Länge 50 Lehen und seitlich des Baches 2 Lehen. Der Bewerber durfte sich aber die ihm geeignet erscheinende Strecke des Baches selbst auswählen. Der Bergrichter schildert, wie das am Weerbach gehandhabt wurde, und schlägt vor, auch die Ötztaler Ache zwecks Goldgewinnung zu verleihen, aber auch nur in einzelnen Teilstrecken. Nur das, was über die Verleihung von Seitenbächen zu gelten habe, oder wenn etwa der„Abbruch" (das Anstehende) des Goldes am Gebirge gefunden würde, sollte neuerlich beraten werden. Man möge die gewünschten Lehen bis auf den Jakobstag freien und dem ersten Begehrenden die Platzwahl lassen. Doch sollten zuvor dem Bergrichter und den Amtleuten, die solche Bäche in ihrem Verwaltungsgebiet haben, die Bäche gemeldet und Gutachten eingeholt werden. Dann könnte man gründlicher verhandeln, was die Sache erleiden und ertragen möchte.

Der genannte Osswald Smelzl 8), Verwalter des Bergrichteramtes in Mieming, erhielt daraufhin am 6. November 1523 von der Kammer den Befehl, sich in der Angelegenheit des Waschwerks an der Ötztaler Ache fleißig zu erkundigen und darüber zu berichten.

Am 25. Januar 1524 meldeten Lienhart Seidl zu Hall und obiger Oswald Schmältzl von Mieming, beide in ihrer Eigenschaft als Berggerichts-Verwalter, sie hätten erfragt, dass der Bach, der „etwas viel Gold" mitträgt, durch das ganze Gebirge und durch einen Schneeferner (Gletscher) fließt und der Sand im ganzen Tal ungefähr fünf Meilen lang „auf dem Bach" (im damals noch unregulierten Bachbett) sich zeigte 9). Zu vielen Zeiten und besonders im Sommer werde man fündig, auch schwemme das Wasser den Sand neben und im Bach hinweg. Man habe beim Waschen auch schöne „Goldprosen" (Goldkörnchen, Goldflitter) gesehen, die sich als „guet Gold" erwiesen haben. Weil der Bach an einem Ferner und schneeigen Berg entspringt und auch durch ein winterliches Tal fließt, schlagen sie vor, bis zum nächsten St. Jakobstag zu warten, weil man vorher wegen Schnee und Eis nicht arbeiten kann. Bis dahin soll aber auch niemand auf dem Bach waschen. Dann möge aber durch Sachverständige eine Besichtigung vorgenommen und beratschlagt werden.

In einem undatierten Schreiben erinnert Hanns Porst, dass er um Freiung und Belehnung der Ötztaler Ache von der Einmündung in den Inn bis zum Ursprung samt allen seitlichen Zuflüssen angesucht, sie aber noch nicht bekommen habe, weil zuerst der Berggerichtsverweser Oswal Schmelzl sich informieren musste. Über den Ausgang dieser Erkundigung wisse er nichts. Vor etlichen Tagen habe er Georg Griespeck und Butschn 10) um Bescheid ersucht, aber nichts erfahren. Sie (die Gewerken) seien überein gekommen, den Ursprung des Baches zu suchen, was aber wegen Eis und Schnee nicht möglich war. Weil es aber ohnehin vor dem St. Veits- oder dem St. Johannestag (15. und 24. Juni) nicht möglich sein werde, bitte er, einen verständigen und geschickten Mann mitzugeben, um den Ursprung des Goldes zu suchen. Er bitte, ihm den Bach vom Ursprung an (somit die ganze Ötztaler Ache samt den Quellbächen) so lange zu freien, bis dieser erreicht sei. Sie, die Gewerken, würden alles Gesehene bzw. Gefundene getreulich berichten, auch wenn ihnen niemand beigegeben werde. Wenn die Ache an mehr als einem Ort ohne den erhofften Ertrag bleibe und es gegen den Ursprung nicht besser werde, dann würde mit dem Waschwerk keiner auf vier oder fünf Pfund 11) in der Woche kommen. Als Beweis war dem Schreiben „ein claine spur" (eine kleine Probe) des Goldsandes beigegeben, die an mehreren Stellen gesammelt worden war.

Bald darauf muss die Verleihung erfolgt sein. In einem weiteren undatierten Schreiben bittet nämlich der hartnäckige Hanns Porst unter Berufung darauf, dass er die Ache zu Lehen empfangen und bis zum Martini-Tag gefreit erhalten habe, um Befreiung von Fron und Wechsl 12) auf einige Jahre und um Freiung seiner Goldwäscherei bis auf den St. Jörgen-Tag. Weil er wegen der schlechten Witterung den Ursprung des Goldes noch nicht habe finden können, bittet er gleichzeitig, ihm den Ursprung des Baches bis Jakobi zu freien, bis er ihn besichtigt habe.

Damit schließt die Reihe der wenigen Aktenstücke. Merkwürdigerweise war in den verschiedenen Kopialbüchern (Kanzleibüchern) des folgenden Jahres, 1525, in dieser Angelegenheit nichts mehr zu finden. Wohl aber scheint Hans Porst mehrmals einen Wildfrevel begangen zu haben. Mit Datum vom 16. September 1524 schrieb nämlich die Regierung an den Landesfürsten Erzherzog Ferdinand, sie hätte schon vor einiger Zeit wegen Hans Porst, der das Wildbret geschossen habe und deshalb in Innsbruck gefangen gehalten werde, geschrieben und untertänig um Mitteilung gebeten, wie sie sich weiter gegen Porst verhalten soll. Bisher sei aber kein Bescheid gekommen. Die Regierung werde immer wieder von seinem Vater und einer ehrsamen Freundschaft ersucht, ihm an Stelle der Fürstlichen Durchlaucht Gnade zu erweisen. Weil die Übertretung durch das unbefugte Schießen zum Teil vor dem Landtag der Grafschaft Tirol, teils nach diesem erfolgt sei, werde er zur Strafe im Gefängnis gehalten. Die Regierung bitte nochmals, seinethalben zu entschließen 13).

Nach dem Tode Kaiser Maximilians, der bekanntlich das Wild übermäßig gehegt hatte, griffen die durch den hohen Wildbestand geschädigten Bauern zur Selbsthilfe und dezimierten das Wild. Auf dem Landtag des Jahres 1523 forderten sie das Recht zum Erlegen des Wildes. Der Zeitpunkt der Übertretung, nämlich noch vor der Abhaltung dieses Landtages, war für die Verhängung der Gefängnisstrafe maßgebend. Bis dahin wurde das unbefugte Abschießen streng bestraft.

Erzherzog Ferdinand antwortete am 26. September 1524 aus Wien seinem Statthalter in Tirol, Rudolf Graf zu Sulz, dass ihm wegen Hans Porst gar nichts bekannt geworden sei. Er stelle dem Statthalter die Freilassung oder die Verlängerung des Gefängnisaufenthaltes anheim 14).

Das ist wohl der Grund, weshalb es um Hans Porst und auch um die Goldgewinnung im Ötztal so still geworden ist.

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M. R. v. Wolfskron berichtet, dass man „am Übergange vom Ötztal ins Passeier Waschgold gefunden haben will" 15). Das müsste in der Gegend des Timmelsjoches gewesen sein. Rein lagemäßig kann es sich kaum um eine Goldseife gehandelt haben, eher um göldische Kiese. Die Goldsucher verfolgten die Erz- und Metallspuren der Bachsande bergwärts und gelangten auf diese mühsame, aber zielführende Weise schließlich zu der primären Lagerstätte des Erzes im gewachsenen Fels. Tatsächlich sind für dieses Gebiet Bergbauverleihungen vom Beginn des 16. Jahrhunderts überliefert. Die diesbezüglichen Eintragungen im Verleihungsbuch 16) lauten:

„In Thumbls: S. Georg. Jörg Planer. Hat emphangen einer Gruebengerechtigkhait in Thunmbls in ain freyes Veld, ist im verliehen wie Perkhwerchsrecht ist, genant zu Sandt Jörgen, Actum Montag nach Letare im 1502 Jar."

„S. Augustin. Augustin Mesner. Hat auch daselbs emphangen einer Gruebengerechtigkhait. Die negsten Recht vndten an Sandt Jörgen, ist ime verliehen wie Perkhwerchsrecht ist, genant S. Augustin. Actum eodem die."

Anmerkungen:

1) „Bergämtliche Berichte über die Goldwaschanlage im Ach-Bache im Etzthale samt kaiserlichen Mandat d. d. Innsbruck am 6. November 1523." Tiroler Landesarchiv, Pestarchiv, Faszikel XIV, Nr. 128
2) Freiung = Bergamtliche Genehmigung einer Frist, Fristerstreckung, in diesem Fall für die Inbetriebnahme der Gewinnung.
3) 1 Meile = 7,5 Kilometer, 5 Meilen = 37,5 km. Das entspricht der Strecke von der Mündung der Ötztaler Ache in den Inn bis Sölden. Nun waren aber wohl die Wegmeilen gemeint. Längs des damaligen Talweges dürfte die Strecke bis Zwieselstein gereicht haben.
4) Magerbach heißt der kleine Weiler an der alten Landstraße am linken Ufer des Inn gegenüber von Haiming.
5) Nicht verwechseln mit Fugger. Die Fueger (Fieger) waren vermögende Gewerken, die schon im Jahre 1518 am Weerbach Waschgold suchen ließen.
6) Fron und Wexl (Wechsel): Beide waren Abgaben. Die Fron betrug meistens ein Zehntel des geförderten Erzes. Der Wechsel war in geschmolzenem Metall oder in Geld zu entrichten.
7) Lehen nannte man ein verliehenes Grubenfeld von 7 Bergklafter (= 13,16 Meter) Länge und Breite. Die 50 Lehen aneinander gereiht, ergaben demnach einen Streifen von 658 Meter Länge.
8) Die Schreibweise der Namen wechselte damals.
9) Die fünf Meilen entsprechen ungefähr den für die Anschwemmungen und Ablagerungen des Goldes in Betracht kommenden Flachstrecken des Ötztales.
10) Georg Griespeck, gestorben 1525, und Wilhelm Butsch (Botsch) waren Sekretäre der Fürstlichen Durchlaucht.
11) Das tatsächliche Gewicht eines Pfundes war örtlich verschieden, meist 0,56 kg. Obige Mengenangabe kann sich selbstverständlich nicht auf reines Gold, sondern nur auf den Rückstand beim Waschen, hauptsächlich goldhaltiges Erz (beispielsweise göldische Kiese) beziehen.
12) Erläutert in Anmerkung 6.
13) Tiroler Landesarchiv, An die Fürstlich Durchlaucht, Liber 1. fol.272'.
14) Tiroler Landesarchiv, Von der Königlichen Majestät, Liber 1, 1523-1526, fol. 168'.
15) Max R. von Wolfskron: Beitrag zur Geschichte der Baue des Berggerichtes an der Etsch (1472 - 1659). Österreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 49. Jahrgang, Seite 92. Wien 1901.
16) Tiroler Landesarchiv, Codex 3241 (früher Codex 60 des Haller Salinenarchivs), fol. 295 und 296'.

Quelle: Georg Mutschlechner, Von den Goldsuchern im Ötztal, in: Tiroler Heimatblätter, 53. Jahrgang, 2. Heft, 1978, S. 60 - 63.
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