Kohlenmeiler im Hausruckgebiet


Josef Andessner
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Dem Besitzer des Sterrergutes in Walding, Gemeinde Ottnang am Hausruck 1), einem rüstigen Achtziger, verdankt der Berichterstatter die aufschlußreichen Mitteilungen über die Anlage der einst von den Bauern betriebenen Kohlenmeiler im Hausruckgebiet Ist diese Tätigkeit auch seit Jahrzehnten erloschen, so war sie doch durch Jahrhunderte hindurch auch von wirtschaftlicher Bedeutung, wie bereits Benedikt Pillwein in seiner Geschichte, Geographie und Statistik des Erzherzogtums Oesterreich ob der Enns 2), um 1830 vermerkt: „Die Waldungen geben vielen Familien Arbeit und Verdienst. An weichen Holzgattungen zum Brennen, zu Schindeln und Ladenwerk ist Überfluß vorhanden, Mangel an harten."

Gewerbsmäßiges Kohlenbrennen spielte freilich keine große Rolle. Der alte Sterrer kannte nur einen einzigen Berufsköhler namens Reindl aus Geboltskirchen, Es wurde nebenberuflich von Bauern oder Pensionisten betrieben. Man verwendete zum Brennen Wurzelstöcke von Fichten, Tannen und Obstbäumen, aber auch Holzscheiter. Das Aufbauen des großen Kohlenmeilers (Kegelstumpfform, 2,5 bis 3 Meter hoch, unterer Durchmesser 6 bis 7 m, oberer Durchmesser etwa 2 m; 50 Festmeter Holz und auch noch mehr) setzte viel Geschick voraus. Nach dem Setzen der Orientierungsstange (im Mittelpunkt) mußte der Unterbau mit Holzprügeln (ungefähr 60 bis 70 cm lang) belegt werden. Alte Bretter und „Ausschnitte" (Abfälle) wurden „gespreißelt" und die Spreißel (= größere Späne) quer über die Prügel gelegt, so daß eine rostähnliche „Kreuzbank" entstand. Darauf schlichtete man nun an zwei oder drei Tagen möglichst eng aneinander die Holzstücke; einige Pfähle, in der Mitte des Meilers („'s G'wandel") eingeschlagen, markierten die Aussparung für den Luftschacht (rund oder viereckig) Durchmesser 40 bis 50 cm). Mantelförmig bedeckte zunächst Reisig (am besten Tannenreisig) den Holzkörper. Es sollte das Hineinfallen von Kohllösch (oder Erde, wenn noch keine „Kohllösch" = Kohlenklein vorhanden war) verhindern. Darüber hüllte sich der Kohllöschmantel. Auch der untere Rand des Kohlenmeilers war noch durch Kohllöschwälle abgesichert. In den Luftschacht warf man einige „Burd" (Bündel) „Wied" (Reisig) und setzte sie mit Holzglut in Brand. An ihm entzündeten sich die kurzen Scheiter (etwa 25 cm lang), die in das G'wandel nachgeworfen wurden, dieses nach und nach auffüllend. Eine feste Blechplatte verschloß den Luftschacht von oben. Auch sie wurde mit Kohllösch oder Erde (Rasenstücke) abgedichtet. Innerhalb von zehn bis zwölf Stunden brannte das Holz im G'wandel zusammen. Nun mußte der Meiler „gefüttert" werden. Das „Füttern" (Nachfüllen von Hölzscheitern in den Schacht) wiederholte sich in den ersten zwei bis drei Tagen dreimal täglich, in den folgenden vier bis sechs Tagen je zweimal, bis schließlich die notwendige Vorwärmung des Meilers erreicht war. Dabei füllte sich auch der Schacht mit den Verbrennungsrückständen; das „Füttern" konnte dann eingestellt werden.

Der alte Sterrer erinnerte sich noch an einen Kohlenbrenner, der es verstand, den Haufen von oben in Brand zu setzen. Wenn der Meiler brannte, gab es für den Köhler Tag und Nacht kein richtiges Ruhen. In den ersten Tagen war seine Arbeit nicht ungefährlich. So hörte der Altbauer von einem Kohlenbrenner einmal, daß einer beim „Füttern" auf Nimmerwiedersehen im Schacht verschwunden ist. Wehe, wenn die Glut aus dem Inneren hervorbrach, wenn die ungeheure Holzmenge in Flammen aufging! Der schon erwähnte Kohlenbrenner Reindl war besonders stolz darauf, daß ihm während seiner ganzen beruflichen Tätigkeit nie ein Haufen „ausgebrannt" war. Immer wieder mußte der Köhler auf den verdeckten Feuerberg hinaufsteigen, mußte mit der „Lainxen" (einem spatenähnlichen Werkzeug) die Kohllösch festschlagen, mit dem ungefähr 2 m langen Schürhaken im Luftschacht werken oder mit einem ungefähr 1,5 m langen Stahlspieß Löcher, je nach dem Luftbedarf, den er der Rauchfarbe ablas, in den Haufen stechen. Die Verbrennung war so zu leiten, daß bei sorgsam geregeltem, sparsamem Luftzutritt nicht mehr Holz verbrannte, als zur Erreichung der Verkohlungstemperatur im ganzen Holzhaufen unbedingt nötig war. Im wesentlichen sollten nur die aus dem erhitzten Holz sich entwickelnden Gase oder Dämpfe verbrennen.

Nach der Einstellung der „Fütterung", dem Vorwärmen des Meilers, begann der eigentliche Verkohlungsvorgang, Die Verkohlungsdauer hing von der Größe des Meilers, von der Holzart, von der Witterung und der Geschicklichkeit des Köhlers ab. War nach acht bis zehn Tagen die Verkohlung beendet, was man aus der Farbe des entweichenden Rauches erkannte, wurde der Meiler mit der „Lainxen" gut verschlagen. Es mußten auch alle im Inneren des Meilers entstandenen Hohlräume - das Holz verlor ja bei der Verkohlung an Umfang - beseitigt, also zusammengeschlagen werden. Dabei verlor der Kohlenhaufen seine ursprüngliche Form. Einen Tag nach dem „Verschlagen" begann das Löschen. Während der Kohlenbrenner mit der „Lainxen" die Kohllösch wegräumte und mit dem Spieß Löcher bohrte, mußten seine Gehilfen Wasser herbeischaffen und in die Löcher schütten. Der nächste Tag sah das „Köhlanausziagn" (Kohlenausziehen), bei dem im Gegensatz zum „Köhlanhaufenrichtn" (Aufrichten des Meilers) auch „Weiberleut" beschäftigt waren, während der Köhler sich meist schon der verdienten Ruhe hingeben konnte. Die großen Kohlenstücke wurden in Körbe geklaubt, dann in Reihen schön übersichtlich aufgeschüttet. Sie waren noch „gefährlich". Bis Mitternacht mußten sie noch immer bewacht werden, damit in ihnen nicht von neuem ein Brand aufloderte. Die anderen Kohlen wurden mit Hilfe der „Kohlenreitern", einem Sieb mit einem Durchmesser von etwa 70 cm, gesiebt. Die durchfallenden Bestandteile waren die „Kohllösch", die beim nächsten Brennen wieder gebraucht wurde. Beim Kohlenausziehen trugen die Leute begreiflicherweise ihre schlechteste Kleidung, so daß die Arbeitsszene oft einer Maskerade glich. Es war auch üblich, Vorüberkommenden das Gesicht zu schwärzen. Wie denn auch sonst mancher Spaß getrieben wurde. So wurden die Vorübergehenden, die sich dem Kohlenhaufen näherten, mit folgendem Spruch „verschlossen":

„Es wird den Herrn (die Frau) nicht verdrießen,
wenn ma'n (ma's) tuat verschließen.
Ich verschließe Fürsten, Grafen und Edelleut',
das ist dem Kohlenbrenner sein’ Gerechtigkeit.
Wer dem Kohlenbrenner sein Handwerk will betrachten,
der darf ein bißl Trinkgeld nicht achten.
An Liter Bier oder ein Glas Wein,
da wird Kohlenbrenner zufrieden sein 3)."

Als Kohlenmaß diente ursprünglich der Metzen (Holzgefäß mit zwei Eisenreifen, Innenmaße: Höhe 35 cm, unterer Durchmesser 44 cm, oberer Durchmesser 50 cm), um die Jahrhundertwende kostete ein Metzen Holzkohle je nach Qualität (Holzart, Brüchigkeit, Größe der Kohlenstücke, Schwärzungsgrad u.a.) 80 Kreuzer bis 1 Gulden. In der ersten Republik Österreich wurde die Holzkohle schon nach dem Gewicht verkauft Der Kilopreis - ins Haus geliefert - betrug 12 bis 13 Groschen. Mit dem „Schanzwagen" belieferte der Sterrer die Schmiede in Schwanenstadt, Aistersheim, Grieskirchen, Ampflwang, Gaspoltshofen, Hofkirchen und andernorts. Der letzte Meiler qualmte in Walding im Jahre 1941.

Der Kohlenbrenner verließ während des Brennens kaum einmal seine Arbeitsstätte. Die Mahlzeiten wurden ihm von den Bauersleuten, für die er gerade die Kohlen brannte, zugetragen. Seine Unterkunft war die Köhlerhütte. Reindl, ein überaus drolliger Kerl, erhielt häufig Besuch von jung und alt. Bei diesem „Hoangarten" wurden „Gstanzl" und andere Lieder gesungen, oft erzählte der Köhler seine „Raubersgschichten", die manchen Zuhörerinnen das Gruseln beibrachten.

Der letzte Kohlenbrenner war Matthias Zöbl, ein pensionierter Bergmann und Besitzer des „Zimmermannshäusels" in Kröpfling, Gemeinde Ottnang.

Während des zweiten Weltkrieges mußte im Rahmen der Bewirtschaftung viel Holz geliefert werden, es blieb keines mehr übrig zum Kohlenbrennen. Außerdem fehlte es an Arbeitskräften. Nach dem Kriege wurde das Kohlenbrennen im Hausruckwald nicht mehr aufgenommen.

1) Karl Hirsch gen., Altbauer am Sterrergut in Walding, Gemeinde Ottnang am Hausruck.
2) B. Pillwein, Geschichte, Geographie und Statistik des Erzherzogthums Oesterreich ob der Enns und des Herzogthums Salzburg. 3. Teil, 1. Abt.: Der Hausruckkreis, Linz 1830, 95.
3) Heimatgaue, 1932. 1. H. 67.

Quelle: Josef Andessner, Kohlenmeiler im Hausruckgebiet, in: Oberösterreichische Heimatblätter, 24. Jahrgang, Heft 3/4, Juli - Dezember 1970, S. 55 - 57.
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