Der Kundler Ofen zum Schmelzen von Erzen im 15. bis 18. Jahrhundert (Tirol)


Von Fanny Reinisch, Kundl.
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Beim Lesen dieser Worte fällt einem unwillkürlich der weitum bekannte Spottvers ein:

Z'Kundl beim Ofen
tuan's Lappen bach'n,
schiabn's eini, schiabn's außa,
wolln's gscheita mach'n.

Aber nicht das Lappenbachen brachte den Ofen von Kundl zur großen Berühmheit. In den Glanztagen des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts wußte man landauf landab, wo man hinging, wenn man zum Ofen wollte; das Dorf Kundl besaß in diesen Tagen den einzigen Freiofen der Gerichtsbezirke Rattenberg, Kufstein und Kitzbühel. Der erste Ofen stand in der Nähe des heutigen Bruggenschmiedes an der Bundesstraße, die Stunzische Hütte, in dessen Umkreis heute noch Häuser stehen, deren Hausname auf den Bestand des Ofens hinweisen, wie Salittererhaus Nr. 11, Küblerhaus Nr. 10 und Ringelmacherhaus Nr. 16, weiters beim Arzen, Bruggenschmied, Kupferschmied, Nagelschmied, Hammerschmied, Knappenhäusl.

Der spätere Ofen, der um 1530 gebaut wurde, stand auf dem großen Felde unter der Bahn in der heutigen Kohlstatt; dort steht heute noch ein Haus mit mächtigen Mauern (außen Unterinntaler Stil) mit Namen Hütthaus.

Der größeren Bequemlichkeit halber wurde der Ofen in die Nähe des Flusses gebaut, weil die Innschiffahrt damals die einzige Beförderungsmöglichkeit war, um Holz und Erz aus weiter Ferne zum Ofen zu bringen. Im Laufe der Jahre hat der große Bergsegen nachgelassen, aber in der besten Zeit, im Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts, wurde in Kundl und dessen Nähe sowie in der erzreichen Wildschönau Silber, Kupfer, Kobalt, wohl auch Gold, das nicht aus dem Erz der Berge, sondern aus dem Sand des Stromes gewonnen wurde — die Goldwasch zu Kundl wird 1528 bis 1602 erwähnt (Innsbruck, Statthaltereiarchiv, Regestweise) —; die übrigen Metalle wurden gemeinsam und gemischt im Bergbau gewonnen, besonders reich war die Ausbeute an Kupfer. Im Jahre 1567 werden unter den Einnahmen der fürstlichen Kammer 8343 Gulden als Erträgnis des Kundler Kupferbaues aufgeführt.

Ein ergiebiger Bruch war in Liesfeld und Schiferthal, außerhalb Kundls. Unter dem Berg steht heute noch eine Kapelle Schiferol, die ein einstiges Knappenkirchlein gewesen sein soll. Ein heute besonders wegen des guten Skigebietes weitum bekannter Berg, der Schatzberg in der Wildschönau, soll viel Erz geliefert haben.

Eine Folge des Bergbaues war, daß der Zuzug von Leuten größer wurde und mehrere Häuser und Häuschen zur Aufnahme von Knappen gebaut werden mußten. Mehrere derselben stehen heute noch im Oberdorf; sie sind von außen an der Bauweise erkennbar, sind meist gemauert und haben den Eingang an der Traufenseite, zum Unterschied der hier gebräuchlichen Unterinntaler Häuser, die den Eingang an der Giebelseite haben.

Durch die Hütte und das Bergwerk kam Kundl, das seit Jahrhunderten schon in Ansehen war, erst zu Glanz, das Holz konnte gut verwertet werden. In damaliger Zeit wurde der Ofen nur mit „Kohl“ (Holzkohle) geheizt, große Flächen wurden zum Aufstellen der Kohlenmeiler verwendet. Kohlenasche wird heute noch in vielen Feldern vorgefunden. Sie wird von der Bevölkerung zu Allerheiligen als Schmuck auf die Gräber gegeben.

Im siebzehnten Jahrhundert nahm die Ausbeute der Berge und des Erzes gewaltig ab, die „Kohl“- und Holzlieferung machte große Schwierigkeiten und die Wirren des Dreißigjährigen Krieges machten dem Ofen, dessen Verkehr von Sterzing bis Nassereith gereicht hatte, ein jähes Ende.

Wenn also damals einer mit „Kohl“ oder Erz auf dem Wege war oder mit einer gefüllten Geldkatze zurückkehrte und man fragte ihn woher? wohin?, dann gab er ohne Scherz und Spott zur Antwort: „Ich gehe nach Kundl zum Ofen,“ oder: „Zu Kundl beim Ofen bin ich gewesen.“ — In diesen Tagen soll es gewesen sein, daß einmal ein Lapp (Kretin) zum Ofen kam und nach langem Hin- und Herfragen in den Ofen schloff; wie er heraus kam, weiß man nicht; böse Zungen machten dann das jetzt noch bekannte Spottgedicht vom Ofen.

Nach Aufhebung der Schmelzhütte wurde an derselben Stelle eine Salitterbrennerei errichtet. Zum Brennen von Salitter (Salpeter) wurden Sporierknechte verwendet, das waren Leute, die mit einer häßlichen und ansteckenden Krankheit behaftet waren. Diese durften der Ansteckung wegen nicht zum Gottesdienst in die Pfarrkirche gehen; es wurde ihnen in der Kohlstatt im Jahre 1715 eine Kapelle erbaut, welche mit Meßlizenz versehen war. Am 20. Jänner 1715 hat ein Augustinerpater das erstemal dort Messe gelesen.

Im achtzehnten Jahrhundert ließ man die Hüttwerke ganz auf und die Gründe wurden 1742 an die Gemeinde Kundl verteilt.

Heute steht in der Kohlstatt auf dem ehemaligen Hüttgrund eine Eisengießerei, welche nach dem Kriege erbaut wurde, und der witzige Volksmund weiß ein neues Gedicht:

Z'Kundl beim Ofen
tuan's Eisengießen und die Lappen, die kemmen,
wern weiter müassen. ‑ ‑

Anmerkung: Näheres und Genaues über den Ofen von Kundl ist im Buche Juffinger „Kundl“ nachzulesen.

Quelle: Fanny Reinisch, Der Kundler Ofen, in: Tiroler Heimatblätter, Monatshefte für Geschichte, Natur- und Volkskunde, 9. Jahrgang, Heft 7 / 8, Juli / August 1931, S. 236 -237.
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