Der Silber- und Kupferbergbau Röhrerbühel bei Kitzbühel in Tirol

12. Schlussfolgerungen und Zukunftspläne.

Über die wahrscheinlichen Erzvorräte des Röhrerbühel liegen aus neuerer Zeit eine Anzahl Schätzungen vor, die eine sehr gute Übereinstimmung ergeben, wenn man die verschiedenen Tiefen berücksichtigt. Einheitlich auf 900m Tiefe ergeben sich keine großen Differenzen.

Diese Berichte und Arbeiten über den Röhrerbühel sind von:

1. Beh. aut. Bergingenieur Marschik, Innsbruck 1929.
2. Geh. Bergrat Dr. Weithofer. Generaldirektor der oberbayr. Kohlen A.G., 1924.
3. Ministerialrat Dr. Ing. Santo-Passo, Hall in Tirol 1930.
4. Dr. Wiebols, Reichsamt für Bodenforschung, Wien 1943.
5. Bergingenieur Rupprecht, Imst 1946.

 

Marschik

Weithofer

Santo-Passo

Wiebols

Rupprecht

Streichende Länge

2000

2000

2000

2000

2000

Teufe

600

900

600

900

900

Anzahl der Gänge

3

Zus. 1

3

Zus. 1

3

Abgebaut

360000

360000

360000

400000

600000

Ab Vertaubungen

25%

-

30%

-

25%

Gangmächtigkeit

0,5m

1,0m

0,5m

0,5m

1,0m

Spez. Gewicht

2,0

3,0

3-3,5

3,5

3,0

Erzvermögen

2.430.000

-

2.640.000

4.900.000

3.600.000

% Cu im Hauwerk

2,5%

3%

3%

2%

3%

Metallgehalt Cu t

60750

-

75000

98000

108000

auf 900m Tiefe

91000

126000

112500

98000

108000

Bergingenieur Häusing rechnet für 100 m Abbauhöhe zwischen 62 und 166 m im Förderschacht für den ganzen Röhrerbühel nur bei altem Versatz mit 1,3% Cu - Ausbringen 9750 t, auf 900 m Tiefe gerechnet 80.900 t und bei 2,6%. Cu im Hauwerk gäbe dies 161.800 t plus 5 kg Ag auf 1 t Cu.

Ziemlich gut übereinstimmend liegt der Durchschnitt aller Berechnungen bei und über 100.000 t Kupfer und dementsprechend ca. 500.000 kg Silber.

Die Häusing‘schen Zahlen beruhen auf seiner genauen Kenntnis und dem Augenschein, da er durch 8 Jahre diese Arbeiten gleitet hat und mir persönlich als ein sehr zuverlässiger erfahrener Bergmann gut bekannt war. Alle anderen Schätzungen beruhen nicht auf Augenschein, sondern auf gewissen bekannten Zahlen und sind durchwegs mit großer Vorsicht und Gewissenhaftigkeit abgegeben.

Dr. Wiebols hat auch das Wasser im Schurfschacht untersucht, das bis zu 118m Tiefe im Schacht 0,02 mgr Cu im Liter gelöst enthielt. Tiefer konnte er nicht, da er auf ein Hindernis stieß, das Wasser hatte starken Schwefelwasserstoffgeruch.

Für eine Wiederaufnahme des Röhrerbüheler Bergbaues sind die Aussichten nicht schlecht, das bei jedem Bergbau vorhandene finanzielle Risiko ist nicht so groß hier, wenn vorsichtig und sparsam gearbeitet wird.

Zunächst Wiederinstandsetzung des Schurfschachtes mit moderner maschineller Einrichtung und einer Aufbereitungsanlage für 6 - 8 t Stundenleistung. Diese Kosten sind nicht so übermäßig hoch und  der Betrieb hat gleich Einnahmen, wenn die Erzförderung und Aufbereitung läuft. Mit den dabei erzielten Überschüssen lässt sich im Hangenden ein für große Teufen berechneter Schacht abteufen, dabei aber Maß halten mit der Fördermenge. Eine Anlage für 100 t Hauwerk tägliche Fördermenge ist genug.

Diese Schachtanlage benötigt für 1 t Hauwerk 1 Mann, Grubenbelegschaft = 100 Mann, dazu ober tags mit Werkstätte und Aufbereitung 30 Mann, das ist eine Betriebsgröße, die keine so hohen Investitionen erfordert und doch ganz schöne Erzmengen und Erträge liefert. In dieser Größe kann der Bergbau 1 Jahrhundert Bestand haben, auch die Arbeiter finden in der Umgebung Unterkunft, sodass man größere Aufwendungen für Arbeiterkolonien erspart. Die Metallerzeugung würde bei dieser Größe der Anlage nach Häusing bei Versatz mit 1,3% ausbring barem Cu ca. 400 t Kupfer im Jahr und 2 t Silber betragen, nehme ich die höheren Gehalte die viel wahrscheinlicher sind, so ergibt die Metallausbeute bis zu 800 t Cu und 4 t Ag im Jahr.

Bei dieser Betriebsgröße bleibt der Verwaltungsapparat sehr bescheiden, 1 Betriebsleiter, 2 Grubenbeamte, einer für Aufbereitung und einer für Maschinenerhaltung, dazu einige Schreibkräfte.

Größere Betriebe brauchen wesentlich höhere Investitionen, große Arbeitermengen brauchen Unterkunft, nach 20 — 30 Jahren ist die Grube erschöpft, die Arbeiter verschwinden und der Jammer und das Elend ist da, ohne dass volkswirtschaftlich auch nur der geringste Vorteil erzielt worden wäre. Auch die Aufsuchung der durch Klüfte in Höhe des Rosenbergschachtes abgeschnittenen Erzgänge und ihre östliche Fortsetzung gegen die Kitzbüheler Ache hin wäre empfehlenswert.

Sehr deutlich geht aus den Berichten von A.R. Schmidt, Posepny und vor allem Häusing hervor, dass die Grubenbauten guten Ausbaus bedürfen, viel Holz brauchen, be. Häusing weist darauf hin, dass möglichst wenige Baue gleichzeitig offen erhalten werden sollen, um Ausbaukosten einzusparen. Dies lässt sich heute bei einem modernen Grubenbetrieb leicht durchführen.

Ursache der früheren Einstellung waren die früher eingehend geschilderten betriebstechnischen Schwierigkeiten. Posepny schreibt hierüber: "So viel scheint mir aber gewiss zu sein, dass für einen so hastig betriebenen Tiefbau - Posepny meint damit das gleichzeitig auf 7 Hauptschächten erreichte Abteufen und Abbauen bis zu 900 m Tiefe innerhalb etwa 50 Jahren - die damalige Entwicklungsstufe der Technik in keinem Verhältnis stand", Weiter über das Anhalten der Erze in der Tiefe: "Auf keinen Fall darf man zugeben, dass es die Armut der Lagerstätte war, welche die Auflassung des Baues zur Folge hatte. Von einer allgemeinen Verarmung der Erzmittel ist in den alten Berichten nirgends die Rede, daraus folgt sogar das Gegenteil, dass die Erzmittel vom Röhrerbühel ungewöhnlich gleichmäßig sein mussten. Das einzig richtige Motiv der Auflassung war lediglich, dass sie ein so bedeutender Tiefbau mit seinen technisch primitiven Einrichtungen ohne große Investitionen nicht mit Vorteil weiter betreiben ließ."

Senger schreibt z.B. dass Seilbrüche an der Tagesordnung waren. Die Ein- und Ausfahrt muss nahezu eine Stunde gedauert haben, es konnten daher, wenn 2 Mann in der Tonne standen, bei 900 m Tiefe in 3 Stunden, nur 800 Mann eingetrieben werden. Die Hauwerkförderung gestattete höchstens 3 Aufzüge in der Stunde, dabei musste auch das Wasser und taubes Gestein zu Tage gehoben werden. Wie Förderung und Wasserhaltung lag auch die Wetterführung sehr im Argen, zumal ausschließlich Schachtbau ohne Höhenunterschied der Tagkränze vorhanden waren, dazu die kleinen Streckenquerschnitte mit dem vielen faulenden Holzausbau und den schlechten Wettern, die durch die entwickelnden Zersetzungsgase von Holz sogar brennbar sein könnten.

Daraus ist zu entnehmen, dass die damaligen Einrichtungen eben genügten sich gerade nur bis zu jenen Tiefen mit einem aufs äußerst angestrengten und immer kümmerlicher werdenden Bergbaubetrieb vorzutasten. An einen vollwertigen Bergbaubetrieb war nicht zu denken und nur die allerreichsten Erzmittel konnten herein gewonnen werden. So wurden die tiefsten Horizonte bald verlassen, der Abbau beschränkte sich auf die höheren Sohlen und wenn selbst in der geringen Tiefe von 30-162m noch in unmittelbarer Nähe der Schächte reiche Gangstücke aufgefunden wurden, so lässt dies darauf schließen, dass die Alten auch in der letzten Betriebszeit keinen Erzmangel hatten.

Aus der gesamten Darstellung drängt sich notwendigerweise die Erkenntnis, auf, dass von einem Erliegen des Bergbaues, veranlasst durch Auslassen der Erze nach Güte oder Menge nicht die Rede sein kann. Ob mit der Tiefe der Silbergehalt geringer wurde, steht keinesfalls fest und ist nach allen bekannten Angaben unwahrscheinlich. Es sind in allererster Linie die technischen Schwierigkeiten, welche die ungeheure Tiefe bot, daneben schlechte Bezahlung für Silber und Kupfer durch die vom Landesfürsten Ferdinand II. im Jahre 1576 angeordnete Verringerung des Edelmetallgehaltes in der Haller Münze, auf gut deutsch, Falschmünzerei, die sich Ende des 16. Jahrhunderte und während des 30-jährigen Krieges durch große Teuerung bei stets gleichen Metallpreisen sehr übel bemerkbar machte und nicht wenig zum Verlassen des Berges durch die Gewerken beitrug. So stieg 1621 der Talerkurs von 1 1/2 auf 9 Gulden. Dabei war damals der gleiche Schwindel wie auch heute Krone = Krone und Reichsmark = Schilling, nur dass damals der Landesfürst alleiniger Nutznießer war, während es heute die Spekulanten, Schieber und Banken sind.

„Dieweil nit jedermanns ding ist, perkhwerch zu pawen und offenbar des allmal mer als 100 dem perg und glückh das irig vertrauen, wagen und verbauen, ee einer darunter sich bereichet.“
Supplikation der Tiroler Gewerke aus dem Jahre 1552.

Quelle: Albert Nöh, Der Silber- und Kupferbergbau Röhrerbühel bei Kitzbühel in Tirol, Schwaz 1949.
© Digitale Version Dez. 2009 Ing. Gerd Kohler / Oberndorf in Tirol