Der Silber- und Kupferbergbau Röhrerbühel bei Kitzbühel in Tirol
9. Der Betrieb von 1630 bis zur Einstellung 1774.
Es wurde dem Salzfluss bei dem Geist am Röhrerbühel eine weit größere Bedeutung zugeschrieben als ihm tatsächlich zukam, so dass sich der Erzherzog auf Anraten der Bergoffiziere, nach deren Ansicht noch viele edle Erzklüfte vorhanden waren, entschloss, den Röhrerbühel in ärarischen Betrieb zu nehmen.
Außerdem wurde der Erzherzog gebeten, neues Seilwerk zu kaufen und da man einen Verlag von mindestens 2000 fl brauche, vom Pfandinhaber der Herrschaft Kitzbühel Freiherrn von Wolkenstein ein Anlehen in besagter Höhe zu verlangen.
Der erzherzogliche Kammerrat Philipp Rudolf Graf von Lichtenstein und dessen Schwager Kaspar Freiherr von Wolkenstein baten den Erzherzog mit 6 Neunteln am Röhrerbühel mitbauen zu dürfen, was ihnen auch am 25.2.1631 bewilligt wurde.
Den Gewerken wurde für das überlassene Eisenzeug die verlangte Kaufsumme von 1261 Gulden bewilligt und am schuldigen Kupferzoll abgezogen.
Die Kessentaler Gesellschaft trug sich 1632 an, wie bisher die Röhrerbüheler Erze gegen Bezahlung von 36 Kr., für das Lot Silber im Erz und 9 Kr. für jedes Pfund Kupfer zu kaufen und in ihrem Hüttenwerk Kössen zu verschmelzen. Da der Fuggerische Faktor den gleichen Preis zusagte, wurde ihm das Erz ab der nächsten vierten Raitung überlassen.
Was die Verproviantierung des Röhrerbüheler Berg- und Salzwerkes betraf, so trug sich der Bürger und Gastgeber von Kitzbühel, Leonhard Seereiter an, den Röhrerbühel mit Proviant zu versehen und zwar 1 Star Weizen zu 6 Pf. Berner = 72 Kr. einen 2 1/2 Pfund schweren Brotlaib um 4 Kr. das Pf. gesottenen Schmalz um 9 Kr. 1 Pf. "weissen Zeug" (Zieger) um 2 Kr. Da die Preise hoch angesetzt waren und leicht billiger werden konnten, so fand der Kammerkonzipist Michael Hofer es am 31.1.1631 bedenklich, für ein ganzes Jahr mit ihm zu akkordieren.
Die Geldklemme hielt an, die seinerzeit an das Salzwerk geknüpften Erwartungen erfüllten sich nicht, weil das erzeugte Sudsalz giftige Eigenschaften gehabt hatte, wahrscheinlich Verunreinigungen durch Kupfer. Infolgedessen wurden die Salzpfannen aufgelassen, die Kosten von 2215 fl auf die Neuntel aufgeteilt, womit auch die schon früher erwähnten Kavaliere ausschieden. Jedenfalls hat das Auftreten der Salzsohle den Bergbau vor dem sicheren Untergang gerettet, der sonst durch die religiösen Schikanen geradezu erzwungen worden wäre.
Am 24.7.1631 berichtet der fuggerische Faktor in Schwaz, Ulrich Truefer, nach Augsburg über das Hüttenwerk Lützelfelden, der Betrieb sei seit Auflassung des Röhrerbühel durch die Gewerken ziemlich klein. Am 3o.1.1634 schickt er dann einen Bericht nach Augsburg mit einem Vorschlag unter welchen Voraussetzungen der Propriohandel der Fugger bereit sei, sich mit 2 Neuntel am Röhrerbühel wieder zu beteiligen. Nach dem Gutachten Truefers sei es wohl richtig, dass die Erzgewinnung an diesem Berg voraussichtlich noch lange nicht versiegen werde, allein dafür seien die Unkosten angesichts der ungeheuren Tiefe der Gruben, wie sie wohl in Europa sonst nirgends zu finden sei, allzu groß.
Einigermaßen hoffnungsvoller sehe sich die Sache an, seit vor wenigen Jahren nach dem Abzug der Gewerken am Geisterschacht dortselbst eine Salzsohle entdeckt wurde. Das Erträgnis aus Erz und Salz (11.180 fl) überschreite 1633 die Unkosten noch um 618 fl. Dabei sei aber die Dienerbesoldung für Kassierer, Buchhalter und Verweser noch nicht mit inbegriffen, sodass sich Ausgaben und Einnahmen so ziemlich die Waage halten dürften. Auf Grund dieser Unterlagen wurde am 3.3.1634 folgender Vertrag mit den Vormündern der Erben des Erzherzogs Leopold unterzeichnet:
I. Die Fugger bauen 2 Neuntel der Salz- und Silberbergwerke am Röhrerbühel, die der landesfürstlichen Herrschaft gehören, auf 1 Jahr mit auf Gewinn und Verlust, müssen aber, wenn sie wieder davon zurücktreten wollen, 1/2 Jahr zuvor kündigen.
II. Die landesfürstliche Herrschaft überlässt den Fuggern die gesamte Erzeugung ihrer 7 Neuntel zu einem bestimmten Preis.
III. Den Fuggern wird für diese gesamte Erzeugung, Fron, Kupferzoll und Silberwechsel auf 25 Jahre erlassen, falls sie solange bei dem Vertrag ausharren.
Die unmittelbare Folge davon war nach einem Bericht Ulrich Truefers vom 6.10.1634 ein Wiederaufblühen des Lützelfelder Hüttenbetriebes, der zuvor arg darnieder gelegen war. Im folgenden Jahr nun entschloss sich der österreichische Handel, seine 7/9 wegen der allzu hohen Kosten aufzulassen. Truefer hielt dementgegen ein weiteres Bauen unter gewissen Bedingungen nicht für aussichtslos und stellte dafür auf Grund persönlichen Augenscheins am 18.6.1635 einen eingehenden Plan auf. Zwei Tage später kam dann auch der Vertrag zustande, demzufolge die Fugger auch diese 7/3 in eigenen Betrieb übernahmen, also allein Gewerken am Röhrerbühel wurden.
Der Betrieb war ein schwacher mit 33 Personen am Anfang, der sich dann in fuggerischen Händen belebte und Ende 1637 wieder 134 Mann beschäftigte. Ein anschauliches Bild der schlimmen Lage, in der sich der Röhrerbühel befand, gibt ein Kammergutachten vom 6.4.1637. Es geht wohl kaum fehl, wenn es den Hauptgrund für die Übernahme dieses aussichtslosen Betriebes durch die Fugger in deren Bestreben erblickt, ihrem Lützelfelder Hüttwerk, das mit Holz, Kohle und Frischwerk hinlänglich versehen war, wenigstens Beschäftigung zu sichern. Nachdem aber auch seitdem dort nur Verbauen festzustellen sei und die schweren Zeiten sich in keiner Weise geändert hätten, würden wohl auch Fugger nicht mit Überschuss bauen und einer Hilfe von Seiten des Staates bedürfen. Schon 1636 hatte deshalb Friedrich Fugger um Erlassung früherer Schulden aus Kupferzöllen und Wechselgefällen nachgesucht.
Um dieselbe Zeit beschloss Truefer am Geisterschacht, dem wichtigsten Teil dieses Betriebes, die kostspielige Wasserhebung ganz einzustellen und den Bergbau nur noch soweit fortzuführen, als es das nachdringende Wasser gestattete. Vielleicht ist auch darauf zurückzuführen, dass Truefer in der 5. Raitung 1637 einen Überschuss am Röhrerbüheler Bergwerkskonto einschließlich Pochwerk von 152 fl. errechnen konnte. Allein auf die Dauer konnte sich auch der Röhrerbühel dem allgemeinen Verfall nicht entziehen. 1653 mussten ihn die Fugger ganz aufgeben, er gelangte wieder in ärarischen Besitz. Neben dem Röhrerbühel haben auch die übrigen Zweige des Kitzbüheler Bergbaues kaum eine Bedeutung.
Der gewesene fuggerische Verweser der Lützelfelder Hütte, Georg Köchl, wurde zum Betriebsleiter des Röhrerbüheler Bergbaues ernannt und brachte ihn durch kluge Maßregeln wieder in einen ganz leidlichen Stand. Der tote Punkt war wieder einmal überwunden, der Bergbau konnte noch bis 1774 weiter betrieben werden und schöne Metallmengen erzeugt werden.
Aus dem Zeitraum der Weiterführung des Baues durch das Ärar liegt nur ein Auszug von 17o1 - 1768 vor, daraus ergibt sich, dass bis zu 1713 im ganzen die Gewinnhöhe bloß 4.746 fl, die Verlustjahre hingegen 23.036 fl ergeben hatten. Von 1714 - 1740 die Gewinnjahre zusammen 151.822 fl, die Verlustjahre bloß 7.195 fl, während von dieser Zeit an fast nur Verlustjähre ausgewiesen erscheinen, die zuletzt bedingt durch die Verminderung der Mannschaft, wobei nur die leistungsunfähigen zum Schluss verblieben, ziemliche Höhen erreichten.
Im Jahre 1765 waren nur mehr 3 Hauptschächte, nämlich der Danielschacht bis auf den 10., der Geisterschacht bis auf den 12. und der Gsöllenbau bis auf den 8. Füllort offen. Der Fundschacht ging 1764 ein, die übrigen Schächte wurden schon viel früher dem Verfall preisgegeben. Endlich wurde der Bau nach einem Bericht vom 28.12.1769 des Hofkommissars Bartlmä Hechengarten der seine Laufbahn als Säuberjunge am Röhrerbühel begonnen hatte, aufzulassen beschlossen. Nachstehend ein gekürzter Auszug seines Berichtes.
Beim Bergwerk am Röhrerbühel befinden sich noch 3 offene Schächte mit Göplwerk, jeder ca. 300 Klafter noch offen, der Daniel-, Geist- und Gsöllenbauschacht, in denen sich noch einige Arbeiter befinden. Diese Schächte bauen auf 2 hintereinander liegenden sehr edlen Silber—Kupfererzgängen, welche von den Alten auf 5oo Klafter in die Tiefe verfolgt wurden. Der jetzige Betrieb erfordert jährlich bei 12.000 fl. Zubuße. Nachdem im ganzen Feld zwischen Gsöllenbau und Daniel seit 1 1/2 Jahrhunderten alles ziemlich durchsucht wurde, ist wenig Hoffnung, noch unverritzte reiche Erzmittel zu finden. Bei 2 Querschlägen vom Daniel ins Hangende besteht die Möglichkeit auf tieferen Horizonten abgebaute reiche Erzgänge anzutreffen, die auf den höheren Horizonten nicht bekannt sind.
Dass bei dem 120 Jahre dauernden Betrieb in den höheren Horizonten oberhalb 500 m Teufe trotz des in den letzten Jahren starken Verlustes noch 57.458 fl Gewinn erzielt wurden ist darauf zurückzuführen, dass die Alten ziemlich viel und gutes Erz zurückgelassen haben. Auch sollte der Edertalstollen, der gute Hoffnung auf einen ergiebigen Erzabbau bietet, ganz gewältigt und betrieben werden.
An Personal waren 2 Gruben-, 6 Göppelhutleute und 129 Arbeiter vorhanden, beim Pochwerk 1 Hutmann, 2 Sumpfknechte.
Die Grubenzubuße der 3 letzten Jahre war 35.616 fl, der Überschuss beim Pochwerk 6.571 fl.
Die Auflassung erfolgte, weil der Betrieb mit Verlust arbeitete. Es ist leicht begreiflich, dass dem Röhrerbüheler Bergbaubetrieb bei der enormen Tiefe der Gruben, die Förderung und Wasserhaltung große Kosten verursachte und mit vielen Hindernissen zu kämpfen hatte. Beinahe der ganze weitverzweigte Grubenbau stand in gedrängter Zimmerung. Schlechte Wetter machten die Arbeiten beschwerlich und gefährlich. Zudem zeugen die vielen gleichzeitig durch die ganze Tiefe gelassenen Strecken und Stollen von keinem wirtschaftlichen Betrieb. Die Arbeitszeit war kürzer, wie bei allen anderen Tiroler Bergbauen, die Leistung schlecht, daher auch das Ende des Bergbaues stammend. Es wurde nur den besten Erzen nachgejagt, ärmere Erze, in der Grube belassen oder auf die Halde geworfen.
Die Auflassung des Röhrerbüheler Bergbaues dürfte nicht wegen Erschöpfung der Erzmittel, sondern wegen vieler Gebrechen und dem Fehlen einer ordentlichen Aufbereitung erfolgt sein, übrigens ist es zu bewundern, dass die Tiroler Bergleute schon zu einer Zeit, wo Bergmaschinenkunde noch in der Kindheit lag, in solch erstaunlichen Tiefen, einzudringen und die vielen und großen Hindernisse lange Zeit zu bekämpfen vermochten.Quelle: Albert Nöh, Der Silber- und Kupferbergbau Röhrerbühel bei Kitzbühel in Tirol, Schwaz 1949.
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