Der Schwazer Bergreim.
Von Dr. Karl Schadelbauer.
© digitale Version: www.SAGEN.at
Etwa zur selben Zeit oder wenig später, als der „Tiroler Landreim“ 1) verfaßt und das sogenannte Ettenhardtsche Bergbuch 2) herausgegeben wurde, mag ein Schwazer Bergwerksfaktor 3) die Dichterleier ergriffen haben, um die Aufgaben und Pflichten, Mühen und Sorgen seines Amtes der Mit- und Nachwelt in Versen zu verkünden. Dieses Gedicht, betitelt „Das Factoren-Amt und (dessen) Befehle reimweife", welches ich kurz den „Schwazer Bergreim“ nennen möchte, sei nun im folgenden, da es bisher noch unbekannt geblieben zu sein scheint, als bescheidener Beitrag zur Geschichte des Schwazer Bergbaues in dieser Festschrift veröffentlicht. Ich beschränke mich nach kurzen Vorbemerkungen auf die Textedition, um alle weiteren Untersuchungen den berufenen Germanisten und Literarhistorikern zu überlassen.
Der „Schwazer Bergreim“ ist eingetragen auf Blatt 401 bis 404 im Kodex Nr. 14 des Innsbrucker Landesregierungsarchivs. Dieser Kodex enthält hauptsächlich Eintragungen des 16. Jahrhunderts, die sich auf die Schwazer Bergwerke beziehen (Ordnungen, Erfindungen, Verträge usw.). Von Blatt 399 bis Blatt 404 ist alles einheitlich von einer Hand geschrieben, die ihrem Charakter nach den ersten Dezennien des 17. Jahrhunderts angehört 4); vor dem Bergreim (Folio 399 bis 400) ist die Geschichte des Erbstollens am Falkenstein, wie sie sich auch im Ettenhardtschen Bergbuch (Folio 153 bis 155) findet, eingetragen. Die vorliegende Form des Bergreimes scheint eine schlechte Abschrift darzustellen und läßt keinen Schluß auf die Person des Verfassers zu.
Bei der Wiedergabe des Textes habe ich Doppelkonsonanten (nn, ll, ff usw.) vereinfacht und statt der unregelmäßigen, großen Anfangsbuchstaben durchwegs kleine angenommen.
Das Foctorn Ambt und Bevelkh reimweis.
1) Ich ain Factor iber disen handl
Meinen herrn das ir verricht mit gueten wandl
Die sezen mir glauben und verdrauen
Auf meinen bericht thuenen sye pauen
5) Iber ir guet geben sye mier gewolt
Sech ich nur darauf, das ich erholt
Es lauft on ain große summen,
Die sonst nit leicht ist zu bekhomen,
Daß ich mueß hondlen und kaufen ein,
10) Damit die perckhwerkh versechen sein
Mit trait, schmalz und andren dingen,
Die mueß ich zu den Perckhwerckh pringen,
Damit die arbaiter hoben zu essen,
Der armen solt ich nit vergessen,
15) Tag und nacht disen nach sinen,
Damit ich provandt zu landt thue bringen,
Daneben innfleth, eisen und ehl,
Holzgsteng und laden ain grose anzol,
Zum kunstwerckh schechten und fteppl,
20) Dazue gehert ein große gestreppl
Mit failen, ketner und leter seckhen,
Das mainichen gewerckhen nichts erschreckhen,
Wagen und scheiben groß und clain,
Die mießen eisrn und glogtspeisten sein.
25) So get vil auf in solchen fohl
Und sein die perckhwerkh iezt vost schmol
Und reuere (!) Zeit daneben,
Damit thuet das sich, das verpauen anheben,
Ein jeder will zu esen hoben, es geht wie es well
30) Und daneben ein klaines arzt gesell
Es geht vast vil große sambcosten auf
Die hern geber bleiben imer besolt und prauchen
Der kon man nit wol entperen
Will vil lestlichen doraus weren
35) So ist das perckhwesen nit allain
Sonder ander gelegter groß und clain
Als walt, holz, kolwerckh und schmelz hitner
Mit zue fieren auf wögner und auf schlitner
Auf fleß, scheffer frue und spoth
40) Das bringt mier warlich wenig ruer
Vil sorg und miehe khombt mier stets fir
Tog und nocht hob ich das wol spir
Viel geferigheit auf waser und landt
Auf ollen gelegern khombt mier zu handt
45) Mit kupfer handlen weit und breit,
Ain jeder will von mier haben beschaidt,
Ich mueß umb alles antwort geben,
Die herrn schreiben mier darneben,
Wie ich solte guete hausholtung haben,
50) Ir gelt nit beslich hinauswagen.
Damit es nit verschwent werdt
Zu dem gueten regement gehert
Mit gueten gehilfen zu mal
So die perckhwerckh, schuechen zu perg und thal
55) Verstendig einforer und perckhlaith
Die in gepirg brauchen fleiß
Mit fahren ghin und geben ausleggen
Und wol bedachtlichen mit hilfen geben
Mit arbeiten machen brauchen fleiß
60) Mit den verdinger der velterer zu gleichen
Wie die arzt prechen oder zu hauen sein,
Der genug verändung woll beschauen,
Wie die clift oder geng durch streichen,
Des pirg abthailung dergleichen,
65) Dariber allen bericht nemen ein
Und wo im dem die ander arbeiter sein,
Als zimerleith, thruchen-laufer und seiberpueben
Und wo die arbereiten in der grueben,
Den alten zechen fleißig noch fohren
70) Da man viel ärzt hat gebaut vor jahren,
Damit die wider geseibert werden
Zu nuz und wolfarth den gesellen und herrn
Versechen die stellen wexl ferth und häspl
Mit zimern gstengen und mit lestan
75) Wie die steng beschlagen sein mit reibaisen
Und sich befleisen in allen dingen
Zu bedrachtn den gemainen nuzen
Die pesen strosen und dem fromen halten schuz
An tog umb alle notdurft sechen umb
80) Wie man handlet mit pleichtung
In eisen und andern dingen mit holz,
Laden und mit gestengen
Die schaider, stubner fleißig fiserdieren.
Wie die ärzt geschaiden und gearbeit weren
85) In sumu allenthalben umbsechen
Den huetleiten und arbaiter ernstlichen zuesprechen
Damit man macht die rechte schicht
Wie das die erfindung bringt mit sich,
Die schmiten besuechen und haben acht,
90) Was jeder schmit vier arbait macht,
Auf die erder sondlichen achtung geben
Das die arbeiter damit besten megen
Und ein jeder verrichten, was er wolt oder solt
Wan es recht zue gieng ich geren wolt
95) Bey den pucher stollen und halden
Wellet wol aufsöchen in allen,
Damit werd, recht gehalten haus
Und nit verschwend werd noch b(r)aus,
Auch alle zeit nach voroth drachten,
100) Was man bedarf in ollen sochen
Als wellperne sensteckh und anwellen
Mit eisenschießer schaffen und pfallen
Große creizepfen in den wellpemer,
Geschlosne und andere große eisen ring
105) Mit seitenplechern und schaboten
Auch schießer ring und doppl laden
Auch redl poren und speneisen,
Eisene schaufl und ander dergleichen
Schmer zum schmiben trög und krazen
110) Vil eisen schin auf der Beene (?) dagten
Zum waschen gehert des zeigs gar vil
Ain große suma plochen zwilch,
Hilzne und eisene Kisten nit wenig
Schlamb kibl ein große menig
115) Lerches und veichtnes holz ain voroth
Laden und gsteng wiert prauchen frue und spot,
In voroth holten vil eisen zeugs,
Gerechte meserey desen und rolldruchner,
Das die pucher bricht recht werden gemacht,
120) Dessen ain vorroth zum pucher wird gepracht.
Man khann es gleich nit alles erzelen
Was zu solichen werch thuet gefelen.
So fieirth in allen ain guethen aufrechten wandl
Meith auch die wierthsheiser und brandtwein handl;
125) Auch spilen und andere pese dingen darneben
Thuet den leiden guete exempl geben
Mit allen aufrechten christlichen wandl,
So wierth mit eich versechen der handl
Er holdet euern Herrn repetadion,
180) So bricht man, das ist ain fromer man;
Desgleichen ir arztkhaufer alle zugleich
Ir seith verpunden in disem fohl
Solt eich verholten redlich iberall auch
Und man ier geht zu dem ärzt khauf
135) Seith slcihig mit dem broben nemer
Die ärzt zu mischen thiet eich nit saumen
Besicht ier die ärzt mit ganzen fleis
Wie die clain besten ain abzug zugleich
Wie stuef und theren gemacht ist darneben
140) Darnach diet ainen tax darumben geben
Zalt nach der pruch treilich und recht,
Ist es aber so notig und gemecht und schlecht
So last es bleiben und iber machten recht,
Damit man forth kombt in der sachen,
145) Secht fleißig auf die meesserey,
Habt guet acht, seit stet dabey,
Damit den herrn werd gestirzt ir gebir,
Darnach sperth fleißig, die ärztkhöften dir;
In allen dingen halt guet acht
150) Und kainen argen handl anfacht,
Damit ier mier kein unlust thiet aufladen
Und den Herrn dardurch nit khomen zu schaden.
Alle schreiber und diener in gemein,
Die auf der herrn schreib stuben sein,
155) Desgleichen die puechhalter alle
Sie schreiben auszig oder zermall(e),
Haubtbiccher umb silber oder gelt,
Die sach, das es sey wol geselt oder gestelt.
In khupferkhaufen oder schmelz handl
160) Fierth alein ain retlichen wandl,
Mit einnemen und ausgeben,
Damit die raitung besten gar eben
Und alles fleißig zusamen gehe,
Damit man gegen dem herrn bestehe,
165) Die cassier hoch und nider sein
Wier sein an ainen leib alle gliter
Schulten und ausstandt machen es soll
und mueß sich in allen dingen firsechen,
damit er die ausstendt und schulten in
seinen auszigen und jahr beschließen
richtig und gueth machten darum seyt
im sein her so wol auch factor glauben
und vertrauen, das es guet acht und
aussechen haben soll auf seines herrn
gueter und er soll in allen seines herrn
gunst und willen erhalten, soll ich auch
nit bewegen lassen weder wie mit geben
freundtschaft oder feindtschaft sonder
ainen handlen als den anderen wie
ainen erlichen factor verwisen er zu
halten gebirth, das ers mit gueten gewissen
gegen gott und seinen herrn
verantworden will und mueß.
1) Der „Tiroler Landreim“ des Georg Rasch von Geroldshausen vom Jahre 1558 wurde herausgegeben von M. v. Isser und moderner von C. Fischnaler.
2) Das „Ettenhardtsche Bergbuch“ vom Jahre 1556 in zwei Exemplaren im Museum Ferdinandeum.
3) Nach Isser, „Schwazer Bergwerksgeschichte“, p. 17. Anm, 24: „Dem Bergwerksfaktor als obersten Beamten waren mehrere Bergmeister, Schiner (Markscheider) und Gadner (Probierer) zugeteilt, Dem Faktor lag auch die Bestellung der Berglichter und Fröner ob.“ p. 51 werben Schwager Bergbeamte der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts aufgezählt.
4) Für diese Bestimmung des Schriftcharakters bin ich Herrn Staatsarchivdirektor Dr. K. Möser sowie Herrn Staatsarchivar Dr. K. Döner, der mir auch bei der Überprüfung der Lesung seine Hilfe lieh, sehr zu Dank verpflichtet.
Quelle: Dr. Karl Schadelbauer, Der Schwazer Bergreim, in: Tiroler Heimatblätter, 7. Jahrgang, Heft 7/8, Juli/August 1929, S. 216 - 220.
© digitale Version: www.SAGEN.at