Alte Sudhäuser im Salzkammergut


Von Hofrat Ing. Karl Schraml

Unter den Neuerwerbungen des oberösterreichischen Landesmuseums verdienen zwei Holzmodelle von Sudhüttenanlagen aus dem Salzkammergut besondere Beachtung, nicht nur wegen der Sauberkeit und Sorgfalt ihrer Ausführung, sondern auch wegen der übersichtlichen Art, in der sie die Vorgänge bei der Salzerzeugung allgemein verständlich machen. Das eine Modell stellt eine Rundpfanne dar, wie sie in den alpenländischen Salinen vom 14. bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts zur Salzerzeugung diente, während das zweite Modell einer Salzsiedeanlage von Tirolerbauart nachgebildet ist, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Hall in Tirol zur ersten Einführung gelangte und bald darauf die Rundpfannen auch auf den anderen alpenländischen Salinen verdrängt hatte.

Die alten österreichischen Salzpfannen (Modellgröße 1:65, Fig. 1 — 2) waren gedrückt kreisförmig mit einer geradlinigen Begrenzung an der Auszugseite. Die ältesten Sudpfannen dieser Art waren klein, zur Zeit der Königin Elisabeth 1311 soll die Hallstätter Pfanne bloß 3 Klafter im Durchmesser gemessen haben, mit der zunehmenden Salzerzeugung wurden sie aber immer größer gebaut. Das Modell zeigt eine Sudpfanne in Ebensee, die noch im Jahre 1807 in Betrieb stand und bei 18.75 Meter Länge und 17.25 Meter Breite eine Bodenfläche von etwa 255 Quadratmeter besaß. Die 12 Meter lange, geradlinige Pfannenseite heißt die Pehrstatt, weil hier das durch die Verdunstung der Sole ausfallende Salz mit eisernen Krücken über den schräg gestellten Pfannenbord ausgezogen (ausgepehrt) wird. Zur Linken der Pehrstatt liegt die Ofenseite und ihr gegenüber die Umstreichseite, der dem Ofen entgegengesetzte Pfannenteil heißt das Urend. Die Sudpfanne bestand aus 25 „Stuck", deren jedes aus 220 bis 390 kleinen, schmiedeisernen Pfannenblechen zusammengesetzt war, die sich überlappten und vernietet wurden. Die Pfanne ruhte auf einer Umfassungsmauer und war im Innern durch 370 aus Steinen oder Ziegeln gemauerten Säulen, Pfannsteher, unterstützt. Nur oberhalb der Feuerung, wo wegen der großen Ofenhitze keine Mauerträger gesetzt werden konnten, war die Pfanne mit eisernen Stangen am Dachgebälk aufgehängt. Der Ofen war für die Verbrennung von klafterlangem Scheitholz gebaut, der Rost fiel nach rückwärts schräg ab und bestand vorne aus starken Eisenstäben, an die sich am hinteren, heißesten Ofenteil 3 bis 5 Ziegelgewölbsgurten anschlossen. Die Verbrennungsgase durchströmten den gegen den Pfannenrand ansteigenden Raum zwischen den Pfannstehern, dessen Boden, der Pfannherd, mit feuerfesten Ziegeln gepflastert war, und zogen teils durch vier seitlich offen gelassene Kanäle ins Freie ab — Dunstkamine und Rauchschlote gab es anfangs noch nicht — teils wurden sie vorher noch entweder unter eine kleine Vorwärmpfanne, das Urendpfandl, oder zu mehreren, parallel gelagerten, kupfernen Soleleitungsröhren geführt. Nach Beendigung der Sudwoche musste die in der Pfanne zurückgebliebene Mutterlauge abgelassen werden, um den Pfannenboden von der anhaftenden gipshältigen Salzkruste, dem Pfannkern, zu befreien. Die Sole floss in einen seitwärts und tiefer gelegenen großen Trog, die Labstube, aus dem sie zu Beginn der nächsten Siede mittelst eines durch ein oberschlächtiges Wasserrad betriebenen Schöpfrades wieder gehoben und in die Pfanne rückgeleitet wurde. Zwei im Sudraum befindliche, mit Süßwasser gespeiste Brunnentröge dienten zum Reinigen der Salzkrücken und Kufen wie zu Trinkzwecken. Bemerkenswert ist der Dachstuhl mit einer Spannweite von 31 Meter und einer Länge von 35 Meter. Er ruhte auf vier Steinpfeiler (Ofensäulen), über welche zwei starke Tragbalken, die Ofenbäume, gelagert waren, die das ganze Gewicht des Daches aufnahmen. Bloß das eine freie Gesperre über den Pehrstatt war durch zwei mit Auslegern bewehrte Holzsäulen unterfangen.

Tiroler Pfanne, Modell

Alte Sudhäuser, Abbildung 1: Tiroler Pfanne, Modell

Tiroler Pfanne

Alte Sudhäuser, Abbildung 2: Tiroler Pfanne, Modell

S Sudpfanne L Absturzlutten auf die Plandörren
P Pehrstatt D Dunst-Kamin
V Vorwärmpfannen E Essen
A Abtraufbühnen  

 

Das abgebildete Pfannhaus nach Tirolerbauart (Modellgröße 1:46, Figur 3, 4), weicht von der ursprünglichen Haller Form etwas ab und wurde vom Salzoberamtmann Lenoble in den Jahren 1796 bis 1798 in Ebensee erbaut. Das Sudhaus war ein stockhohes, weiträumiges Gebäude von 40 Meter Länge und 19 Meter Tiefe. Die im ersten Stock gelegene Sudpfanne war rechteckig, 15.6 Meter lang und 7.8 Meter breit, sie bestand aus 544 ganzen und 68 halben Pfannblechen, deren Ränder nach abwärts umgebörtelt und verschraubt waren, so dass sie nach oben zu eine glatte Gesamtoberfläche boten. Zu beiden Seiten der Sudpfanne und etwas höher lagen kleinere Vorwärmpfannen zur Aufnahme der vom Salzberg kommenden Sole. Der an den schräg ansteigenden Pfannenrand, die Auspehrseite stoßende Bohlenbelag war wasserdicht abgebühnt und gegen die Pfanne etwas geneigt, um das Zurückfließen der mit dem Salz mitgerissenen Mutterlauge zu erleichtern. Der Pehrstatt gegenüber lagen der breite Dunstfang, durch welchen die der Pfanne entströmenden Salzdämpfe abgezogen und ins Freie geführt werden, und seitlich angebaut, zwei mit den Gaskanälen verbundene Rauchschlote. Sud- und Dachraum waren durch eine Bretterverkleidung getrennt. Der Pfannenrand ruhte auch hier wieder auf luftdicht abgeschlossenen Umfassungsmauern, während der Pfannenboden von zahlreichen Pfannstehern getragen wurde. Zwei im Erdgeschoß unter der Pfannenmitte symmetrisch angeordnete Ofen für Holzfeuerung mit starken Rosten und Aschenkanälen gaben die Verbrennungswärme unmittelbar an den Pfannenboden ab, die Gase zogen sodann durch Seitenkanäle unter die Vorwärmpfannen, stürzten hierauf in das Erdgeschoß ab und gelangten unter die dort eingebauten Plandörren, die sie in mehreren Windungen durchstrichen, um endlich zu den Essen geführt und ins Freie ausgeleitet zu werden.

Rundpfanne, Grundriss bei abgehobener Pfanne

Alte Sudhäuser, Abbildung 3: Rundpfanne
Grundriss bei abgehobener Pfanne

1:300 Bezeichnungen  
P Sudpfanne U Urendpfandl
p Pehrstatt s Ofensäulen
F Feuerung O Ofenbaum

Rundpfanne, Grundriss bei abgehobener Pfanne, Querschnitt

Alte Sudhäuser, Abbildung 4: Querschnitt dazu

Das ausgezogene nasse Salz blieb eine Stunde auf der Pehrstatt liegen, wurde dann in die nahe gelegenen Ablaufkammern oder Abtraufbühnen übertragen und verlor hier noch den größeren Rest der ihm anhaftenden Mutterlauge, die in Rinnen gesammelt und in die Labstube geleitet wurde. Eine in diese eingesetzte Pumpe hob die Sole wieder in die Pfanne. Jede Abtraufbühne besaß im Boden eine Holzlutte, durch welche das lufttrockene Salz auf die im Erdgeschoß darunter gelegenen Plandörren abgestürzt und in dünnen Lagen ausgebreitet wurde. Die unter dem Blechbelag dieser Darren hinstreichenden Abgase der Sudpfanne waren immer noch warm genug, um das Salz gar zu trocknen. Nach dreistündiger Dörrung konnte es abgeschaufelt, in die Kühlmagazine gebracht und als verschleißfähige Ware in Fässer verpackt werden.

Die Tirolerpfanne war eine Schöpfung des Gubernialrates und Salinendirektors von Hall, Josef v. Menz, aus dem Jahre 1760. Ihre Einführung stieß jedoch auf den schärfsten Widerstand der Haller Salzarbeiter, die in ihr — mit Unrecht — eine Schmälerung ihrer Arbeitsgelegenheit erblickten. Der Kampf um das neue Salzerzeugungsverfahren währte fast 20 Jahre, die technischen und wirtschaftlichen Vorzüge derselben waren aber inzwischen so augenfällig geworden, dass die Gegner verstummten. Im Jahre 1778 wurden auch die zwei in Hall noch bestandenen alten großen Pfannen nach österreichischem Muster abgetragen und nur mehr auf Tiroler Pfannen versotten. 1796 fanden diese auch im Salzkammergut Eingang. Der Hauptvorteil der Menzschen Salzpfannen lag in der vollkommenen Ausnützung der Verbrennungswärme für die Salzerzeugung, die Solevorwärmung und die Abdörrung des Salzes. Die kostspielige Herstellung der Fuder, ihre Trocknung in den Pfieseln und das darauffolgende Zerschlagen der rauchgeschwärzten Salzstöcke war überflüssig geworden, durch die Führung der mit Flugasche und Kohlenstaub verunreinigten Heizgase vom Pfannenherd weg in geschlossenen Kanälen bis zur Esse blieb jede Verunreinigung des Salzes vermieden und war die Möglichkeit geboten, auch mineralischen Brennstoff zu verfeuern, ein Umstand, der damals, besonders für Hall große Wichtigkeit besaß. Der Einbau eines Dunstfanges erleichterte das Arbeiten in dem früher dampfgeschwängerten, heißen Sudraum und durch die vertikale Gliederung des Arbeitsvorganges wurde viel an Zeit und Menschenkraft erspart.

Die erste Verbesserung an der Tiroler Pfanne hatte schon Lenoble am Modell-Sudhause in Ebensee vorgenommen, indem er die Pfannenfläche durch Aneinanderreihen zweier Pfannen verdoppelte. Die Siedeanlagen haben seither, wie es der Fortschritt der Technik bedingte, vielfache Änderungen erfahren und sind immer leistungsfähiger geworden, der Menzsche Grundgedanke ist aber darin auch heute noch erhalten geblieben.

Quelle: Karl Schraml, Alte Sudhäuser im Salzkammergut, in: Heimatgaue, Zeitschrift für oberösterreichische Geschichte, Landes- und Volkskunde, 9. Jahrgang 1928, S. 79 - 84.
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