Haselburg oder Schloß Kühbach am Eisak [Eisack].
Auf den Bozener Porphyrbergen gegen Osten hat sich Föhrenwald angesiedelt. Auf diesem Waldboden sind die Burgen viel weniger als drüben, gegen Norden, Westen und Süden, wo überall verfallene Gemäuer über die Weingelände ragen. Darum ist der Ostabhang, weil von ihm, dem einsamen, aus all' diese Pracht überschaut werden kann, des Besuches schier würdiger, als die jenseitigen Talgehänge.
Unweit der Stelle, an welcher das Wasser des Ostens sich, mit dem des Westens, der mit Rienz vereinigte Eisak sich mit der Etsch vermengt, ragen die Trümmer der alten Haselburg über dem reichen Bozen.
Haselburg (Kühbach) bei Bozen
Das Gemäuer, so wundersam es den Föhrenstand unterbricht und so anmutig von ihm aus der Blick auf das üppigste Gelände von Tirol ist, erscheint nicht im Lichte bedeutender Ereignisse, von welchen Geschichtsbücher viel erzählen. Seine Schicksale sind friedlich, wie die Waldwinkel, von denen es umgrünt wird.
Im dreizehnten Jahrhundert - es war um die Zeit, als Ezzelin's Horden zeitweilig das Etschland verwüsteten - erscheinen die edlen Haslach von Haselburg. Sie waren Vögte der Kirche zu Bozen und veräußerten dieses Recht an den zweiten Mainhard, Grafen zu Tirol und Görz, welcher kurz vorher aus der Gefangenschaft des Erzbischof von Salzburg entlassen worden war und sich mit der Schwester des bayerischen Herzogs vermählt hatte. Sechzig Jahre später, 1350, mußten die Reifensteiner, welche sich in den Besitz der Burg gesetzt hatten, aus Furcht vor Ludwig dem Brandenburger dieselbe verlassen und auf sieben Jahre in Armut und Verbannung wandern.
Die späteren Geschichten bewegen sich um Besitzwechsel, in denen die Ritter von Greifenstein, Herren der drüben hoch über Siebenreich ragenden Veste, und die von Katzenstein am Meraner Freiberge am häufigsten genannt werden.
Es ist unnötig, alle die Pfand- und Lehenangelegenheiten zu erwähnen. Verweht und verschollen sind diese Denkwürdigkeiten des einst so stolzen Ritterbaues - ja dessen Name, sogar ist im Volksmund verschollen, denn man nennt insgeheim die Trümmer im Föhrenwalde nur mehr nach dem Edelsitze Kühbach, der sich in geringer Entfernung davon befindet.
Jetzt wird die Schaustätte so vielen adeligen Glanzes nur mehr von Spaziergängern, besucht welche die Aussicht über das Etschland aufsuchen oder den schwülen Lüften des Bozener Bodens durch einen Gang nach dem hochgelegenen Dörflein Seit oder dem noch höher auf dem Berge versteckten Kollern, wo die klaren, kalten Brunnen fließen, entrinnen wollen.
Quelle: Heinrich Noe, B. Johannes, Die Burgen von Tirol in Bild und Wort, Partenkirchen ca. 1890, Nr. 19.
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